Die erste Frage an Aaiún Nin ist eigentlich eine Verlegenheitsfrage. Eine, die man einer Person in einer fremden Stadt fast automatisch stellt: ob sie sich in Bern schon ein wenig zu Hause fühle.
Später im Gespräch, als es um prägende Erinnerungen aus ihrer Kindheit geht, wird sie sagen: «In meinem Haus gab es eine Menge Waffen.» Warum genau? Um sich zu wehren? Ein Lächeln, ein Schulterzucken. «Das war einfach normal. Waffen waren ein Teil des Lebens.» Wie es auch normal war, auf dem Schulweg in Angola bestimmte Quartiere zu umgehen, weil dort Konflikte wüteten.
Verfolgt wird Aaiún Nin wegen ihrer Arbeit – würde die queere Künstlerin nach Angola zurückkehren, sagt sie, drohe ihr Gewalt durch ihre Familie und die Gesellschaft. Homosexualität war bis 2019 in Angola strafbar, danach hat die Regierung gleichgeschlechtliche Beziehungen entkriminalisiert. Ihre Erfahrungen schildert sie dabei so unerschütterlich direkt, dass die menschliche Verletzlichkeit schmerzhaft offenbart wird: «Mädchen in sittsamer Kleidung / auf dem Weg zur Schule / auf dem Weg zur Kirche / auf dem Weg zum Friedhof / versteinerte Augen / fehlende Zähne / blauschwarze Haut / aneinandergedrängt / in Missbrauch gebadet.»
Mit der Zeit teilte sie ihre Gedichte mit einer Gruppe von Schriftstellerinnen und Schriftstellern, trat später an Festivals in Dänemark auf, fand Erfolg. Der Übergang zum Schreiben sei aber nicht natürlich gewesen, sagt sie. «Schmerzhafte Dinge in Worte zu fassen, für die es eigentlich keine Sprache gibt – das ist alles andere als einfach.
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