Comics: Die Trümmer der sowjetischen Völkerpyramide

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Geschichte einer rasanten Entfremdung: Zwei renommierte Comic-Künstlerinnen arbeiteten früher eng zusammen, heute decken sie sich mit Vorwürfen ein. Die eine ist regimekritische Russin, die andere Ukrainerin aus dem Donbas. Von MarinaKlimchuk

Im einstigen Lustschloss des Schwabenherzogs Karl Eugen, in der Akademie Solitude in Stuttgart, sitzt Victoria Lomasko in ihrem frisch bezogenen Zimmer und weint. Unmerklich erst, dann immer stärker.

2013 lud die Kuratorin Lomasko Alevtina Kakhidze ein, an einem Seitenprojekt der Moskauer Biennale, «Feminist Pencil – 2», teilzunehmen – dem ersten grossen feministischen Künstlerinnenprojekt in Russland. Sie bekamen damals viel Gegenwind, auch von Intellektuellen aus linken Reihen. Zwei Tage nach der Eröffnung wurde die Ausstellungsfläche über Nacht mit grünen Filzstiftpenissen verschmiert.

Der Text in den Sprechblasen des Comics stammt von Lomasko selbst, die Zeichnungen sind vom berühmten amerikanischen Comicreporter Joe Sacco, der als ihr «Stift» fungierte: Lomasko sei überstürzt geflüchtet und habe ihre Arbeitsutensilien zurücklassen müssen, habe also nicht selbst zeichnen können. Wäre jetzt Frieden, würde sie gerade regenerierte Pflanzenarten bei Tschernobyl erforschen. Eigentlich ist Kakhidze Konzeptkünstlerin. Seit Kriegsbeginn veröffentlicht sie fast täglich politisch kommentierte Zeichnungen im Comicstil. An Flucht dachte sie nie, selbst nicht, als sie sich vierzig Tage lang vor der Wucht der Explosionen im Keller verkriechen musste.

Kakhidzes Comic zeichnet einen Gegenentwurf zu jedem einzelnen von Lomaskos Bildern: Auf die Aussage «Einst fühlte ich mich wie eine Künstlerin von Welt, jetzt bin ich eine Geflüchtete mit nur einem Koffer und meiner Katze» lässt sie ironisch ihren Hund sprechen: «Einst war ich ein glücklicher Hund. Aber seit dem 24. Februar führt mich niemand mehr spazieren.

Für Lomasko klingen diese Beschuldigungen wie purer Hohn. Ja, die Russ:innen in der Sowjetunion wurden mit einer Wahrnehmung erzogen, dass sie an der Spitze der «Vielvölkerhierarchie» stünden. Aber seit Jahren kämpft sie dagegen an; ihr nächstes Buch, das in Kürze auf Englisch erscheinen wird, hat sie genau zu diesem Thema verfasst.

 

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