Eine neue Studie erforscht die Lebenswelt der Heerscharen von jungen Frauen, die Anfang des 20. Jahrhunderts die Haushalte des wohlhabenden Bürgertums schupftenEine von vielen: Dienstmädchen wie Franziska K. wurden selten fotografiert. Eine rare Atelierfotografie zeigt die Dresdner Dienstbotin Martha Teichmann, ca. 1909
Ein „Küss die Hand“ kommt Franziska K. nicht über die Lippen. Die 18-Jährige hat einen einleuchtenden Grund, warum sie die untertänige Grußformel nicht verwenden will: „Ich küsse niemandem die Hand, und was ich nicht tu’, sag ich auch nicht.“ Franziska K. ist nicht einfach nur ein rebellischer Teenager. Ihr Widerspruch ist ein Abstecken von Grenzen – und zugleich brandgefährlich. Denn die Kärntnerin arbeitet im Haushalt einer wohlhabenden, älteren Wiener Dame als Dienstmädchen. Und diese Frau, eine Fotografin, will ihr Manieren beibringen, das weniger ehrerbietige „Guten Tag“ oder „Grüß Gott“ soll sich die Kärntnerin abgewöhnen.
Es ist das Jahr 1929, und Franziska K. ist eine von rund 133.000 Frauen in Österreich, die „in den Dienst gehen“, also in fremden Haushalten leben und arbeiten. „Die Frauen lebten sehr prekär“, sagt Jessica Richter. „Wer den Dienst verließ, war obdachlos.“
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