Michael Ortner Redakteur Auf der Terrasse der Kienböcks sieht man die Autobahn nicht. Aber man hört sie deutlich. Ihr Rauschen legt sich wie ein Schleier über alles. Sie ist allgegenwärtig. Die Autobahn ist nur 30 Meter entfernt. Für Walter und Sonja Kienböck ist sie wie eine lästige Mitbewohnerin. Sie ist ständig zu Hause. Sie raubt ihnen den Schlaf. Sie stört ihre Kaffeepause auf der Terrasse. Sie strapaziert ihre Nerven.
Das Ehepaar wohnt am Tulpenweg in Stockerau. Es ist ein frühlingshafter Tag Ende März. Sonja Kienböck schenkt Kaffee ein, sie stellt Kekse auf den Tisch. Von ihrer Terrasse schaut man auf einen gepflegten Garten mit Pool, Steingrill und Trampolin. Man blickt aber auch auf einen bewachsenen Hügel, der sich acht Meter hoch vor ihrem Haus auftürmt. Er wurde 1998 entlang der Autobahn aufgeschüttet. Er ist 20 Meter breit.
Im Sommer bleiben die Liegestühle auf der Terrasse oft leer."Wenn wir draußen sitzen, müssen wir schreien", sagt Sonja Kienböck. Ihre Fenster sind dreifach verglast. Nur so dringt der Schall nicht ins Haus."Wenn die Fenster gekippt sind, glaubst du, die Autos fahren dir über den Kopf drüber." Die Kienböcks stammen aus Stockerau. Sie sind hier aufgewachsen und zur Schule gegangen. Wegziehen kam für sie nicht in Frage. Ende der 1970er-Jahre entstand ein neues Siedlungsgebiet im Süden der Stadt. Rundherum war alles grün. Den Straßen gab man blumige Namen: Tulpenweg, Rosenweg und Lilienweg. Der Grund war billig. Also bauten sie ein Haus. 1980 sind sie eingezogen. Damals fuhren rund 10.000 Autos am Tag. Sie haben die Autobahn kaum wahrgenommen.
OrtnerMichael Ich bin ja sehr für einen Ausbau der Öffentlichen und kann ja mit den Anrainern mitfühlen. Aber wie kommen die zur Arbeit und zum Einkaufen? Auf den meisten der Grundstücke ist halt auch eine Garage. Sind die bereit auf das Auto zu verzichten, damit kein Ausbau notwendig ist?
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