«Wir sind hier, wir leben noch! Lebt ihr noch?», ruft einer von der Bühne. Die Menge in dem stickigen Kellerlokal grölt. Es riecht nach Schweiss und Alkohol. Auf der Bühne steht Serhij Zhadan, das enfant terrible der ukrainischen Kulturszene: international gefeierter Schriftsteller, Poet, Punk-Musiker.
Doch der Krieg hat Charkiw fest im Griff. Die russischen Truppen stehen bloss 15 Kilometer vom Stadtrand entfernt. Jeden Tag schiessen sie Raketen auf Charkiw ab. «Die Logik der russischen Attacken zu verstehen, ist schwierig», sagt Ivanna Skyba. Sie, die vor dem Krieg eine kleine PR-Firma hatte, bleibt trotz allem in der Stadt. Viele Charkiwer haben nicht so viel Mut. Mehr als die Hälfte der Einwohnerinnen und Einwohner ist geflohen – und noch nicht zurückgekehrt. Entsprechend leer wirkt die Stadt. Die meisten Geschäfte sind geschlossen, die Schaufenster mit Brettern verbarrikadiert.
Unterwegs machen die beiden Halt an einer Strasse am äussersten Rand der Stadt. Hier habe es heftige Kämpfe gegeben, sagt Pavel. Es ist ein apokalyptisches Bild: ausgebrannte Wohnblocks, die Fenster nur noch schwarze Löcher; bei einem Haus ist die Fassade eingestürzt. Ein ganzes Viertel hat die russische Armee in Schutt und Asche gelegt.
Freiwillige helfen den ÄrmstenSie muss ihren Pass zeigen. Sorgfältig notiert Pavel die Daten, sogar ein Foto mit Valentina und der Lebensmittelkiste wird gemacht. Als Beweis, dass die Ware nicht irgendwo unterschlagen wurde. «Viele Nachbarn sind noch nicht zurückgekehrt, weil fast nichts funktioniert: Die Geschäfte sind geschlossen, es gibt keinen öffentlichen Verkehr und auch keine Arbeit. Ich lebe von meiner Rente, 3000 Hrivna.
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