Mit wunden Knien kommt das Wiener Mäuschen tiefnachts doch noch unter dem geisterhaften Torbogen des „Monte Verità“ an, dem, huhu, historischen Walhalla deutscher Lebensreformer nahe Ascona. Keuchend folgt Frau Leitner dem Ruf der dort lockenden Freiheit, die der sittsamen Asthmatikerin wer sonst als der ihr äußerst gewogene Psychoanalytiker in die wunschlose Ehehölle geraunt hat.
Im Film „Monte Verità“ kommt alles, wie es kommen muss. Genau so. Nichts wird in Schwebe gehalten, nichts spürbar, alles nur sichtbar gemacht. Reine Vorhersehbarkeit, wie öde. Eines der großen historischen Gesellschaftsexperimente wurde vom Schweizer Regisseur Stefan Jäger einer läppischen fiktiven Selbstermächtigungsgeschichte geopfert: kapitalistische Vereinnahmung anarchistischer Revoluzzergesten in glänzend erprobter Häme.
Auch die Besetzung kommt über Holzschnitthaftes nicht hinaus. Burgschauspielerin Maresi Rieger spielt die die Zwänge fliehende Gattin mit ganz viel Seele, ihre Erweckung findet in ein paar kurzen Minuten psychoanalytischen Beischlafs statt, der sie innert Sekunden auch noch zum jauchzenden Höhepunkt führt. Der Fall folgt auf den Fuß. Am Ende verlässt Frau Leitner Kommune, Gemahl und Töchter und findet ihr Glück allein, so wird angedeutet.
Doch am Ende bleibt sie auch nur die ätherische Irre, die Frau Leitner einen flüchtigen Geschmack auf lesbisches Begehren geben muss. Womit auch das noch in Weichzeichnermanier untergebracht wäre. Diese Freiheit kann man sich getrost schenken.Jeden Tag. Überall.
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