Alle gegen Erdoğan: Nach den Erdbeben wirkt der ewige Präsident geschwächt, die Opposition gibt sich für die Wahlen am 15. Mai siegessicher. Was noch fehlt: ein Gegenkandidat, auf den sich das Bündnis einigen kann.
regiert, war die Opposition so siegessicher. Und gleichzeitig merkt man ihr die Nervosität an: Erdoğan, der ewige Präsident, der alte Taktiker, könnte es doch noch drehen. Könnte das Land überraschen, wie er es oft getan hat.
Diesmal sollte Erdoğan zu schlagen sein. Eigentlich. Alles deutet darauf hin. Die Hyperinflation, das schlechte Krisenmanagement nach den Erdbeben. Die Korruption hinter den Baugenehmigungen, die jeder sehen kann, wer sie sehen will. Der Präsident wirkt geschwächt, politisch wie persönlich. Man sieht es ihm bei Auftritten an: Das ist nicht mehr der Masseneinpeitscher, der er vor wenigen Jahren noch war. Seine beste Zeit liegt hinter ihm, er sollte zu besiegen sein.
Am Donnerstag hat sich in Ankara das Oppositionsbündnis getroffen, um nach Monaten der Ungewissheit einen Namen zu nennen - zumindest war das der Plan. Später hieß es, man bestimme heute den Namen, verrate ihn aber erst, wenn der Wahltermin offiziell bestätigt ist. Das muss die Wahlkommission bis zum 10. März tun. Eine Formalie, nachdem Erdoğan den Termin festgelegt hat.Das Bündnis besteht aus sechs Parteien unter Führung der säkularen CHP.
Bleibt die Frage, wer gegen den Präsidenten antreten soll. CHP-Chef Kemal Kilicdaroğlu ist noch immer der wahrscheinlichste Kandidat. Nach den Erdbeben hat er eine starke Figur abgegeben, hat Erdoğan massiv kritisiert. Allerdings hat Kilicdaroğlu ein paar Schwächen, er ist 74 Jahre alt und hat in seinen 13 Jahren als Oppositionsführer keine einzige Wahl gewonnen. Er ist keiner, der die Massen mobilisiert.
Meral Akşener, Chefin der IYI-Partei, hegt eine Antipathie gegen Kilicdaroğlu. Er ist der rechten Basis ihrer IYI-Partei zu links. Außerdem glaubt Akşener, dass andere Kandidaten bessere Chancen hätten: Mansur Yavaş etwa, der Oberbürgermeister von Ankara, oder sein Istanbuler Amtskollege Ekrem Imamoğlu. Beide sind CHP-Männer wie Kilicdaroğlu, beide beliebter als der Parteichef. Imamoğlu, zu Politikverbot verurteilt, unterliegt dem Risiko, gar nicht antreten zu dürfen.
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