Freitag, 30. September 2022
Ueli Maurer hat noch Lust. Einfach auf den Bundesrat nicht mehr so fest.
«Ich habe Lust auf etwas Neues»: So begründete Ueli Maurer heute Mittag seinen Rücktritt aus dem Bundesrat. Welche Aufgaben ihn reizen, wollte der 71 Jahre alte Finanzminister, der wieder der «normale Ueli» sein will, vor den Medien leider nicht verraten. (Langlauf? Tanzen? Tolstoi-Lektüre?)
Was in Bundesbern ohne den SVP-Magistraten fehlen wird, ist hingegen kein Geheimnis:
Bodenständigkeit: Kein anderer Bundesrat gab sich ähnlich hemdsärmlig.
Knausrigkeit: Niemand trat so sehr auf die Ausgabenbremse.
Auftragsarbeiter: Niemand sonst sah sich so sehr als verlängerten Arm seiner Partei.
Provokation: Kein anderer Bundesrat posierte im Shirt der «Freiheitstrychler».
Nach den gefühlten wie tatsächlichen bald 14 Jahren mit Ueli Maurer als Bundesrat fragen Sie sich jetzt wahrscheinlich:
Nun dreht sich das Kandidatenkarussell, bis einem schwindelig wird. Respektive bis zur Wahl am 7. Dezember. Die aussichtsreichsten Namen: Albert Rösti und Natalie Rickli. Berner Nationalrat und früherer Parteichef der eine, ehemalige Nationalrätin und heutige Zürcher Regierungsrätin die andere.
Und dann? Nach der Wahl könnte es zur Ämterrochade kommen. Gut möglich, dass sich Alain Berset und Karin Keller-Sutter absprechen: Er erhielte Maurers Finanzdepartement, sie Bersets Innendepartement. Für das neue Bundesratsmitglied bliebe das Justizdepartement – oder das Verteidigungsdepartement, sollte Viola Amherd Justizthemen vorziehen.
Falls Sie sich heute eher mit Putins Annexion von vier besetzten ukrainischen Gebieten befassten und dabei fassungslos wurden, hilft Ihnen vielleicht etwas Philosophie.
«Nichts kann Autorität über die Gerechtigkeit beanspruchen», schreibt der Philosoph Omri Boehm in seinem neuen Buch «Radikaler Universalismus». Weil es für Menschen eine moralische Pflicht gebe, der Gerechtigkeit zu folgen, hätten sie bei menschenfeindlichen Befehlen «kein Recht, zu gehorchen».
Was für ein Satz. Man würde ihn Putins Neurekrutierten und den Schergen des Mullah-Regimes an die Spinde heften wollen: «Ihr habt kein Recht, zu gehorchen!»
Zu Boehms Buch wäre unendlich viel zu sagen. In radikaler Kürze: Dringlichere, klarere, intellektuell anregendere 170 Seiten Philosophie werden Sie fürs nächste Regenwochenende schwerlich finden.
Kommen wir zu was ganz anderem: Heute dreht die epochal teure «Herr der Ringe»-Serie «Die Ringe der Macht» die sechste Runde. Es soll wild zu- und hergehen, haben wir uns sagen lassen. Und das zur Abwechslung mal auf dem Bildschirm.
Wer sich die «Herr der Ringe»-Trilogie von Peter Jackson reinzieht, dem wird auffallen: Diversität hat beim Casting offensichtlich keine Rolle gespielt. Ganz anders ist das bei «Die Ringe der Macht»: Hier werden Elben, Zwerginnen und Hobbits auch von schwarzen Schauspielerinnen verkörpert.
Im Netz sorgte der diverse Cast für gewaltige Empörung: Nicht mal in Fantasiewelten bleiben wir von der «Wokeness» verschont! In der «New York Times» erläutert TV-Kritiker James Poniewozik, warum wir auf solche Stimmen nicht hereinfallen sollten. Denn:
Am Ende ist Fantasy dazu da, unsere Welt grösser zu machen und nicht kleiner.
Zwischendurch was zum Schmunzeln.
Der Illustrator Max Kersting bringt Bilder und Gedanken zusammen. Ab sofort immer freitags hier im Journal.
Die demokratischen Kräfte in Europa sind bestürzt über die Wahlergebnisse in Italien. Enttäuschte Wählerinnen wandten sich nach rechts, die Postfaschistin Giorgia Meloni wird wohl neue Regierungschefin. Für Populismusforscher Gregor Fitzi ist Meloni aus ganz unterschiedlichen Gründen bemerkenswert.
Es sollte zu denken geben, dass die postfaschistische Partei die einzige Partei in Italien ist, die eine Vorsitzende hat.Wie der Faschismus in Italien wieder so stark werden konnte und warum der neuen Regierung grosse Konflikte bevorstehen, lesen Sie im Republik-Interview.
Übrigens, schauen Sie mal: Die Republik hatte einen Event im Schwimmbad. Und niemand wurde ins Wasser geschubst.
Ihre Crew der Republik
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