Die Karriere von Heinz Gindullis, den die meisten Cookie nennen, begann in einem Berliner Keller. An einem Dienstag vor ziemlich genau 25 Jahren machte er dort eine illegale Bar auf. Später feierten im Cookies Stars aus der Film- und Modewelt, der Modefotograf Mario Testino richtete dort seinen 50. Geburtstag aus. Der Club zog mehrmals um und schloss 2014. Heute betreibt Gindullis, 45, drei Restaurants und eine Eventfirma. Er erzählt, warum die Menschen heute effizienter ausgehen als früher – und zu welchem Getränk er greift, um am nächsten Morgen trotzdem fit zu sein.  

ZEIT ONLINE: Sie arbeiten seit 25 Jahren konsequent dort, wo andere feiern. Machen Sie eigentlich immer noch die Nächte durch?

Heinz Gindullis: Inzwischen habe ich eher einen day job. Aber es kommt auf den Tag an.

ZEIT ONLINE: Okay, Montag.

Gindullis: Montag und Donnerstag arbeite ich meistens von 9 bis 16 Uhr. An anderen Werktagen fange ich vormittags an und bleibe oft bis 23 Uhr oder Mitternacht. Samstags arbeite ich von 18 bis 23 Uhr. Dazu kommen noch viele Veranstaltungen. Pro Woche komme ich mal auf 40, mal auf 80 Stunden. Aber so genau rechne ich das nie nach. Ist es Arbeit, wenn ich in meinem Restaurant mit Freunden am Tisch sitze? Nicht wirklich. Aber wenn ich da bin, gucke ich natürlich gleichzeitig, ob alles läuft.

Heinz Gindullis wurde in London geboren, als eines von fünf Kindern. Mit 17, das war 1992, zog er nach Berlin, zwei Jahre später eröffnete er seine erste Bar. Heute betreibt Gindullis eine Eventfirma, sowie die Restaurants Cookies Cream, Crackers und Datakitchen. © René Riis

ZEIT ONLINE: Kennen Sie den Begriff Work-Life-Blending?

Gindullis: Work-Life-Balance habe ich zwar gehört. Da verstehe ich immer nicht, was das sein soll. Wenn du deine Arbeit nicht liebst, dann hilft auch keine Balance.

ZEIT ONLINE: Blending meint mehr das geräuschlose Verschmelzen von Berufs- und Arbeitswelt, ohne feste Grenzen.

Gindullis: Das bin ich, auf jeden Fall.

ZEIT ONLINE: Haben Sie immer Lust, zu arbeiten?

Gindullis: Ne, manchmal will ich auch gar nichts tun, Netflix gucken, zu Hause bleiben.

ZEIT ONLINE: Was haben Sie vom Nachtleben über das Arbeiten gelernt?

Gindullis: Nachts musst du sofort liefern. Am Tag fällt nicht so schnell auf, wenn du nicht organisiert bist. Aber nachts, wenn der Laden brennt, funktioniert nichts ohne eine gute Vorbereitung. Wenn der Kühlschrank nicht aufgefüllt und die Bar nicht sortiert ist, fehlen kostbare Sekunden. Man ist echt auf Zack. Die Mentalität, Sachen schnell zu erledigen, habe ich beibehalten.

ZEIT ONLINE: Das Cookies hat 1994 als eine Bar begonnen, die nur dienstags geöffnet hatte. Nicht gerade ein Abend, von dem man viel Umsatz erwartet.

Gindullis: Ich habe dreimal die Woche woanders als Barkeeper gearbeitet und am Wochenende bin ich selbst ausgegangen. Die Bar war ein Spaßprojekt, das mich nicht einmal Ladenmiete gekostet hat. Ich habe den Keller in dem Haus, in dem ich zur Miete wohnte, ausgebaut und den Nachbarn Bescheid gegeben. Damals wurde jeden Abend gefeiert, als ob es der letzte wäre, immer mit dem Gefühl, morgen könnte alles vorbei sein.

ZEIT ONLINE: Man drückte irgendwo eine Türklinke runter und war plötzlich in einem Club.

Gindullis: Nach dem Fall der Mauer war unklar, wem die meisten Häuser gehörten. Es war einfach, eine Location zu finden, aber der Vermieter konnte einen auch jederzeit rauskicken. Die meisten Altbauten hatten keine eigene Toilette und nur Kohleöfen. Die Leute haben weniger Zeit in ihren Wohnungen verbracht, waren lieber unterwegs. Wenn eine kleine Galerie oder ein Club aufmachte, haben sie sich spontan darauf eingelassen ohne große Ansprüche.

ZEIT ONLINE: Wer kam zu Ihnen zum Feiern?

Gindullis: Die ganzen Clubbetreiber, DJs, Barkeeper, die ganze kreative Crowd, die selbst am Wochenende arbeiten mussten.

ZEIT ONLINE: Feiern die Leute härter, wenn sie viel arbeiten?

Gindullis: Als ich anfing, kannte ich viele Leute in Berlin, die lange studiert haben, locker bis sie 35 Jahre alt waren. Die Stadt war voll mit Kreativen, die nur ein-, zweimal die Woche gearbeitet haben. Alle hatten wenig Geld zum Ausgeben, aber man brauchte auch nicht viel für die Miete. Meine Wohnung hat 125 Deutsche Mark gekostet, also 65 Euro. Heute haben viele schon mit 25 Jahren fertig studiert und gehen arbeiten. Sie feiern effizienter, planen das Ausgehen und sind dann 24 Stunden lang unterwegs.