Bitterer Kampf um die Fang-Quote: Angelkutter vor dem Aus?

Bald vorbei? Angelkutter starten von Heiligenhafen aus zum Törn

Bald vorbei? Angelkutter starten von Heiligenhafen aus zum Törn

Foto: Fabian Matzerath
Von: Stefan Netzebandt

Diesmal geht es um alles für die Angelkutter an der deutschen Ostsee. „Eine Fangbegrenzung von zwei Dorschen am Tag ist unser Ende“, sagt Kapitän Thomas Deutsch bei einem Krisengipfel in Oldenburg/Holstein. Noch handelt es sich bei der Quote nur um eine Empfehlung für das kommende Jahr. Mitte Oktober entscheiden die EU-Fischereiminister über die Schicksalsfrage.

Der Dorsch hat ein Problem - aber was hilft?

Darum geht‘s: Der Dorsch, wichtigster Speisefisch der deutschen Ostsee, kämpft seit Jahren mit einem schrumpfenden Bestand. Deshalb gibt es nicht nur Fangquoten für die kommerzielle Fischerei - sondern auch für die Angler. Im Osten (u.a. Polen, Schweden) gibt es eine eigenständige Population, die in diesem Jahr kollabiert ist. Der westliche Dorsch (Deutschland, Dänemark) hat sich zuletzt erholt. Deshalb wurde die Begrenzung („Bag Limit“) für 2019 von fünf auf sieben Fische pro Tag und Freizeitfischer erhöht. Jetzt aber droht massiver Ärger.

Ostseefischerei in der westlichen Ostsee - infografik

Der Internationale Seerat ICES hat für 2020 strenge Fangverbote im Osten empfohlen. Für Angler im Westen gab es keine konkrete Zahl. Die EU-Kommission empfahl darauf den zuständigen Ministern eine radikale Kürzung auf zwei Dorsche.

„Dafür fährt niemand mehr an die Ostsee, um eine Fahrt auf einem Angelkutter zu bezahlen“, befürchtet Aktivist Lars Wernicke von der Initiative „Anglerdemo“. Wegen der Beschränkungen der letzten Jahre haben bereits viele Kutter an den Küsten Schleswig-Holsteins und Mecklenburg-Vorpommerns aufgegeben. Allein in Ostholstein schrumpfte die Flotte von 40 auf 14 Schiffe. „Die Sieben muss stehen!" ist deshalb die Parole der Angler - unterstützt u.a vom Verband Wassertourismus in Schleswig-Holstein (WiSH) und einzelnen Politikern. Aber was sagt die Forschung?

„Die Quote bedeutet Kahlschlag - es gibt Alternativen“, sagt die Wissenschaft

Über den Bestand wachen Dr. Harry Strehlow und seine Kollegen am Thünen Institut für Ostseefischerei. Er sieht Licht und Schatten: „Derzeit gibt es in der westlichen Ostsee einen Bestand erwachsener Dorsche von etwa 21 300 Tonnen. Das ist nur knapp unter der biologisch nötigen Untergrenze - und viel besser als in Krisenjahren wie 2017“, stellt er fest. Die Daten erhält das Institut durch eigene Forschungsfahrten, Stichproben und den Zahlen der kommerziellen Fischerei. Positiv sei der Trend trotzdem nicht: „2016 war ein starkes Dorschjahr, seitdem geht es mit dem Nachwuchs bergab“, so Strehlow.

Deshalb sieht der Biologe durchaus Gründe für Fangbeschränkungen, auch bei Freizeitanglern. „Die vorgeschlagenen zwei Fische kämen jedoch nahezu einer Schliessung der Fischerei gleich, da 65% der deutschen Angler Touristen aus den küstenfernen Bundesländern sind. Auf sie hätte diese Regelung eine abschreckenden Wirkung“. Denkbar wäre laut Strehlow deshalb auch, die Fangmengen weniger drastisch zu kürzen und dafür Schonzeiten vorzuschreiben. Auch könne das Mindestmaß der Fische erhöht werden.

Über das Fanglimit entscheiden die EU-Fischereiminister am 14. und 15. Oktober. Der CDU-Europaabgeordnete Niclas Herbst will bis dahin gegen die Verschärfung kämpfen. „Wir müssen über Berlin nach Brüssel, um zu retten, was noch zu retten ist. Ich mache mich für ein Limit von sieben Fischen stark“, sagte Herbst beim Krisengipfel in Oldenburg.

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