Blick ins Jahr 2039: Mehr als jeder fünfte Rentner von Armut bedroht

Altersarmut bei Rentern könnte bis 2039 auf 21,6 Prozent wachsen, so eine neue Studie

Altersarmut bei Rentern könnte bis 2039 auf 21,6 Prozent wachsen, so eine neue Studie

Foto: picture alliance / imageBROKER

Deutschland gehört zu den reichsten Ländern der Erde, dennoch wächst die Zahl der armen Rentner!

Eine neue Studie offenbart jetzt: Mehr als jeder fünfte Rentner in Deutschland könnte in 20 Jahren von Altersarmut bedroht sein. Von den Plänen in der Koalition dagegen zeigen sich die Forscher wenig begeistert. Selbst bei weiter positiver Konjunktur könnte das Armutsrisiko im Alter in den kommenden Jahren spürbar steigen. Der Anteil der von Armut bedrohten Rentner könnte bis 2039 von 16,8 auf 21,6 Prozent wachsen. Das geht aus den heute veröffentlichten Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) im Auftrag der Bertelsmann Stiftung hervor.

Besonders betroffen sind demnach Geringqualifizierte, Alleinstehende sowie Menschen mit längerer Arbeitslosigkeit. Bei ihrer Berechnung gehen die Forscher unter anderem davon aus, dass sich der Arbeitsmarkt weiter positiv entwickelt. Als von Armut bedroht gelten Menschen mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens. Laut der Studie sind das Personen, deren monatliches Nettoeinkommen unter 905 Euro liegt.

Studienleiter Christof Schiller: „Selbst bei einer positiven Arbeitsmarktentwicklung müssen wir mit einem deutlichen Anstieg der Altersarmut in den kommenden zwanzig Jahren rechnen.“ Besonders Betroffene müssten noch besser in Arbeit gebracht werden, zudem seien Rentenreformen nötig.

Ostdeutsche Rentner besonders arm dran

Prognostiziert wurde auch der Anteil von Beziehern von Grundsicherung. Die Autoren der Studie gehen dabei davon aus, dass alle die Leistung in Anspruch nehmen, die dazu berechtigt sind – auch wenn laut Schätzungen rund zwei Drittel der Berechtigten ihren Anspruch nicht wahrnähmen.

Laut der Erhebung könnte der Anteil der Rentner, die zusätzlich auf staatliche Hilfe zur Existenzsicherung angewiesen sind, bis 2039 von 9 Prozent auf knapp 12 Prozent steigen. Einen besonders starken Anstieg müssen laut DIW ostdeutsche Rentner verkraften. Liegt die Grundsicherungsquote hier derzeit noch bei 6,5 Prozent, könnte sie sich bis 2039 auf knapp 12 Prozent fast verdoppeln.

Bevölkerungsentwicklung in Deutschland – Infografik

Auch frühere Studien hatten einen Anstieg der drohenden Altersarmut vorhergesagt. Als Gründe wurden unter anderem prekäre Beschäftigung, verbreitete Teilzeitarbeit, befristete Verträge und Unterbrechungen des Berufslebens etwa bei Müttern ausgemacht. Auch die Rente ist unter Druck.

Die aktuelle Erhebung zitiert Angaben, nach denen 2018 auf 100 Personen im Erwerbsalter 31 Menschen ab 67 Jahre kamen – und dies nach dem Übertritt der Babyboomer in die Rente 2038 bereits 47 sein könnten.

Geplante Grundrente unwirksam

Die geplante Grundrente – auch nach dem Konzept von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ohne eine Prüfung der Bedürftigkeit – wäre laut den Studienautoren „nicht hinreichend zielgenau“. Damit ließe sich die Armutsrisikoquote bis 2039 auf 18,4 Prozent begrenzen. Doch viele Bezieher des Rentenaufschlags lebten in Haushalten mit Einkünften oberhalb des Existenzminimums.

85 Prozent der zunächst 3,1 Millionen Personen, die Grundrente beziehen würden, hätten laut der Studie keinen Anspruch auf Grundsicherung im Alter. Das mittlere Nettoeinkommen der Begünstigten läge sogar doppelt so hoch wie die Bedürftigkeitsschwelle, so die Studienautoren. Die Union lehnt die Grundrente wie von Heil vorgeschlagen ab, weil sie auf die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Bedürftigkeitsprüfung besteht. Doch dann profitieren laut Studie auch deutlich weniger Menschen - der Anteil derer, die von Altersarmut bedroht sind, würde demnach nur um 0,7 Prozentpunkte sinken. Studienleiter Schiller schlug vor, das Heil-Konzept um eine Einkommensprüfung zu ergänzen. Außerdem sollten auch mehr Menschen von der Grundrente profitieren können, die längere Zeiten ohne Rentenversicherung aufweisen als derzeit geplant. Die Koalition will, dass man 35 Versicherungsjahre aufweisen muss. Die Forscher sehen aber auch in einer anderen möglichen Reform Vorteile. Würde die Grundsicherung deutlich ausgeweitet und könnten Bezieher einen Teil ihrer gesetzlichen Rente anrechnungsfrei behalten, könnte das Armutsrisiko nach ihren Berechnungen deutlich begrenzt werden.

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