So ein perfekt gebratenes Rindersteak schmeckt toll. Schön gebräunt, innen saftig, salzig auf der Zunge. Ein Genuss, der teurer werden würde, sollte eine Steuer auf Fleisch eingeführt werden. Hühnerschenkel, Koteletts oder Hack, auf alles würden 19 Prozent Mehrwertsteuer anfallen statt wie bisher sieben. Was aber, wenn wir draufschlagen würden, was uns ein Lebensmittel in der Produktion tatsächlich kostet – inklusive der Schäden, die für die Umwelt entstehen? Und zwar nicht nur für Fleisch, sondern auch für Gemüse? Der Wirtschaftswissenschaftler Tobias Gaugler hat das berechnet. Ein Gespräch über den wahren Preis von Lebensmitteln.

ZEITmagazin ONLINE: Herr Gaugler, was halten Sie von einer Fleischsteuer, wie sie aktuell diskutiert wird?

Tobias Gaugler: Die aktuelle Diskussion geht in die richtige Richtung, ist aber bei Weitem nicht ausreichend. Wenn man die Umweltkosten berücksichtigen möchte, die bei der Produktion entstehen, müssten die Preise viel stärker steigen. Und man müsste verschiedene Lebensmittel differenziert betrachten, um die Lebensmittel, die den geringsten Schaden verursachen, am geringsten zu besteuern, und die Lebensmittel, die am schädlichsten sind, am höchsten.

Tobias Gaugler ist Wirtschaftswissenschaftler am Institut für Materials Resource Management der Universität Augsburg und forscht zum Thema nachhaltiges Ressourcenmanagement von Agrarrohstoffen. © photoresque GmbH, Augsburg

ZEITmagazin ONLINE: Welche Lebensmittel sind besonders schädlich für unsere Umwelt, welche am wenigsten schädlich?

Gaugler: Vergleicht man tierische Lebensmittel, pflanzliche Lebensmittel und Milchprodukte, dann schneiden tierische Produkte eindeutig am schlechtesten ab. In unserer Studie vom September 2018 haben wir uns die Kosten angesehen, die durch drei maßgebliche Umweltbelastungen in der Lebensmittelproduktion in Deutschland entstehen: den Stickstoffeinsatz in der Düngung, die Treibhausgasemissionen und den Energieverbrauch. Würde man diese Schäden für die Umwelt auf den Erzeugerpreis umlegen, dann müssten tierische Produkte dreimal so teuer sein, wie sie aktuell sind, nämlich 196 Prozent teurer. Der Milchpreis müsste verdoppelt werden. Und selbst pflanzliche Produkte müssten schon beim Erzeuger 28 Prozent teurer sein.

Fleisch ist deshalb viel teurer als pflanzliche Lebensmittel, weil viel mehr Ressourcen für die Herstellung verwendet werden müssen: Futtermittel, die angebaut werden müssen, und Flächen, die dafür gebraucht werden. Das, was wir hinein investieren, übersteigt also das, was herauskommt, bei Weitem. Als unsere Studie entstand, setzte das Umweltbundesamt noch 86 Euro pro Tonne Kohlendioxid an, heute geht es von 180 Euro aus, die pro Tonne Kohlendioxid als Klimakosten entstehen. Die Zahlen müssen also noch mal nach oben korrigiert werden.

ZEITmagazin ONLINE: Wie ist das bei Bioprodukten und Biofleisch, die ja bereits teurer verkauft werden?

Gaugler: Auch hier ist der Erzeugerpreis zu niedrig. Da aber die Produktion weniger auf Kosten der Umwelt geht, wären in allen drei Kategorien geringere Aufschläge nötig. Während tierische Produkte, die konventionell produziert werden, pro Kilo mehr als 3,50 Euro teurer werden müssten, sind es bei Biofleisch nur 2,83 Euro. Bei Milch sind es pro Liter konventionell produzierter Milch 25 Cent, bei Biomilch 17 Cent. Gemüse würde pro Kilo vier Cent in der konventionellen Herstellung teurer, drei Cent im Bioanbau. Die Preise von konventionell produzierten Produkten und Bioprodukten würden sich damit annähern. Im direkten Vergleich würden Bioprodukte damit preislich attraktiver werden.

ZEITmagazin ONLINE: Und wie würde sich das auf den Preis im Laden auswirken – wie viel teurer wäre denn der Liter Milch im Supermarktregal?

Gaugler: Für den Kunden würde das bedeuten, dass herkömmlich produzierte Milch in etwa 30 Prozent teurer würde, Biomilch circa zehn Prozent. Eigentlich sind also alle unsere Lebensmittel zu billig. Bislang haben wir uns das im Durchschnitt angeschaut, eigentlich müsste man diese Lebensmittelkategorien noch weiter untergliedern. Das berechnen wir gerade.