Der Bitcoin wurde von den schwachen Aktienmärkten nach unten getrieben. Doch es gibt auch systemische Probleme, die wieder verstärkt diskutiert werden. Von Gerd Weger 

Der kräftige Turnaround der Vorwoche wurde durch den Kurseinbruch vergangene Woche mehr als egalisiert. Vor zwei Wochen haben wir darauf hingewiesen, dass die Phase niedriger Volatilität bei gleichzeitig geringem Umsatzvolumen auf einen bevorstehenden Ausbruch hindeutet, wobei dessen Richtung unklar ist. Dieser ist nun erfolgt, leider nach unten.

Ein wesentlicher Grund für den Einbruch war zuvorderst die wieder zunehmende Verunsicherung an den traditionellen Finanzmärkten. Auslöser waren die erneut aufgeflammten Sorgen um die stark steigende Inflation und deren Auswirkungen auf die Zinsentwicklung. Nach Veröffentlichung der Zahlen zu dem über die bisherigen Erwartungen gestiegenen Verbraucherpreisindex wurde für die nächste Fed-Sitzung am Mittwoch in dieser Woche eine stärkere Leitzinsanhebung erwartet. Der folgende Einbruch an den Aktienmärkten erwischte dann auch den Bitcoin. Die führende Kryptowährung kann sich weiter bei akuten Turbulenzen an den Aktienmärkten nicht von ihrer Korrelation zu den Aktien lösen. Allerdings hat sich gezeigt, dass diese kurzfristigen Auswirkungen bei langfristigen Betrachtungen verschwinden und der Bitcoin kaum oder nur eine sehr geringe Korrelation zu den Aktien zeigt.

Beim großen Event, dem Merge bei Ethereum, gab es technisch keine Probleme. Der Kurs ging trotzdem in die Knie. Denn prompt wurde die positive Stimmung diesbezüglich getrübt durch SEC-Chef Gary Gensler, nach dessen Aussagen nun die Einstufung von Ethereum als Wertpapier drohen könnte. Auch in Bezug auf die starke Zentralisierung von Ethereum nach der Umstellung kommt Kritik auf. 64 Prozent aller gestakten Ether werden von fünf Entitäten kontrolliert. Von diesen sind mit den Kryptobörsen Coinbase, Binance und Kraken drei zentralisierte Anbieter. Dies widerspricht dem Credo der Kryptowelt, der Dezentralisierung. Der Bitcoin wird dagegen wieder verstärkt wegen seines enormen Energieverbrauchs kritisiert. So hat Greenpeace USA unter dem Motto „Change the Code, not the Climate“ den Wechsel des Konsensmechanismus auf Proof of Stake vorgeschlagen, wie dies gerade bei Ethereum erfolgt ist. Vor einigen Monaten war dies bereits bei den Diskussionen im EU-Parlament im Rahmen des MiCA-Verfahrens ein Thema. Unabhängig von der Machbarkeit und der für einen solchen Wechsel notwendigen Konsensbildung käme dann allerdings wieder die SEC um die Ecke mit der Drohung der Einstufung von Bitcoin als Wertpapier, wie gerade bei Ethereum gesehen.


Altcoins relativ stark

Die meisten Altcoins zeigten im Wochenvergleich eine positive Performance gegenüber dem Bitcoin mit Wertzuwächsen von häufig zehn bis 20 Prozent. Wegen der großen Kursverluste von Bitcoin ergeben sich aber trotzdem Kursverluste in Dollar und Euro gerechnet. Immerhin ist diese vergleichsweise Stabilität der Altcoins ein positives Zeichen. Sie zeigt auch, warum gerade der Bitcoin besonders mit den Aktien korreliert. Denn aufgrund seiner großen Liquidität wird er bei akuten Belastungen an den Finanzmärkten als Erster verkauft.

Dieser Artikel erschien zuerst in der BÖRSE ONLINE 38/2022. Werfen Sie hier einen Blick ins Heft.

Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Bitcoin, Ethereum