Weißwurstprüfung:"Einen Bauch muss sie haben"

Lesezeit: 3 min

Christian Schottenhamel (von links), Andreas Gaßner, Werner Braun und Josef Peters testen die Weißwürste, die am Morgen unangekündigt bei den Metzgereien eingesammelt wurden. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Metzgerinnung testet nach fast zwei Jahren Zwangspause wieder Münchner Weißwürste. Bei der Beurteilung sind nicht nur Geschmack und Geruch entscheidend.

Von Franz Kotteder

"Einen Bauch muss sie haben", spricht Joseph Peter, Chef des Restaurants Mangostin. "Wenn man sie aufschneidet, muss sie sich nach außen wölben!" Er zeigt das gleich am passenden Objekt, der Weißwurst mit der Nummer 5, schneidet sie durch und hebt sie hoch: "Des ist anders als bei mir, i krieg scho einen Bauch, wenn i nur a Weißwurscht oschau."

Klar, dann lacht der ganze Tisch. Denn Peter ist zweifellos kein Hänfling, und auch, wenn er im Mangostin für die Vielfalt der asiatischen Küche von Sushi bis Pekingente steht, kennt er sich als Koch und begeisterter Lebensmittelexperte bestens aus mit Weißwürsten: "Wenn ich drei Wochen keine esse, bin ich auf Entzug." Es sind also auf alle Fälle Fans der Weißwurst hier versammelt, oder wie es Peters Kollege Christian Schottenhamel formuliert: "Ich glaub' ja fast, die laden gern schwergewichtige Wirte ein, weil sie sich denken, denen schmeckt's von Haus aus besser."

Newsletter abonnieren
:München heute

Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.

Die Weißwürste werden nicht nur getestet, sondern auch im Labor untersucht

Joseph Peter hat aber mit dem "Bauch" schon einmal ein wichtiges Kriterium genannt für die Beurteilung einer Münchner Weißwurst: das Aussehen. Die Wurst ist an diesem Nachmittag in der Marktstüberl der Metzgerei Gaßner im Viehhof das Generalthema. Die traditionelle Weißwurstprüfung der Metzgerinnung findet jedes Jahr zur Faschingszeit statt. Die beteiligten Metzgereien werden unangekündigt morgens von einem Lebensmittelprüflabor besucht, das zehn Weißwürste abholt. Vier braucht man für die Laboruntersuchung, die anderen sechs werden von einem Fachgremium im Marktstüberl des Münchner Innungs-Obermeisters Andreas Gaßner verkostet und beurteilt.

Gaßner freut sich gleich zu Beginn sehr, "dass ich jetzt nach 22 Monaten Pause wieder eine Ansprache halten darf". Denn vergangenes Jahr musste die Weißwurstprüfung ausfallen. Corona, logisch. Dafür kann die Metzgerinnung in diesem Jahr nicht nur 24 Teilnehmer an ihrer Prüfung verzeichnen - 22 Innungsmetzger sowie die Simon-Knoll- und die Adolf-Kolping-Berufsschule -, sondern auch die perfekte Geschlechterparität, was die beiden Prüfungsteams mit je vier Mitgliedern angeht. Jedes setzt sich zusammen aus einem Wirt, einem Obermeister einer befreundeten Metzgerinnung, einer Tierärztin und einer Verbraucherin. Spielt das eine Rolle, beurteilen Frauen anders? "Frauen haben zum Beispiel einen besseren Geruchssinn", sagt Daniela Ziegler, Verbraucherin und Landesgeschäftsführerin des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga.

Das wäre dann schon das zweite Kriterium, das in die Beurteilung einfließt: der Geruch. Es folgen noch die Konsistenz und, vor allem wichtig: der Geschmack. Und weil der ganz unverfälscht wahrgenommen werden soll, gibt's bei der Verkostung auch lediglich Wasser zu trinken und als Beilage nur trockene Semmeln, also weder Weißbier noch Brezen. Christian Schottenhamel räumt aber durchaus freimütig ein, dass die Weißwurstbrotzeit keine Frage des Bieres sein muss: "Der Gastronom verkauft sie halt lieber mit dem Bier als mit Wasser." Und er ist als Nockherberg- und Wiesnwirt nun wirklich vom Fach. Gleich von der ersten Probe ist er sehr begeistert: "Da stimmt alles, ein Volltreffer!" Kann aber auch sein, dass es sich mit der ersten Weißwurst in der Prüfung verhält wie mit der ersten Mass auf der Wiesn: Die schmeckt bekanntlich immer am besten.

Auch wenn alle Jahre wieder die meisten Würste mit Gold oder Silber prämiert werden: Die Prüfer gehen durchaus kritisch mit den Prüfobjekten um. An den beiden Wirtshaustischen, um die sich die Prüfer versammelt haben, fliegen die Fachbegriffe nur so hin und her. "Häutlzeug" etwa, die Bezeichnung für die gallertartigen Fettschwarten, die zu einer richtigen Weißwurst gehören, oder der "Prinz-Luitpold-Schnitt", eine besondere Art, die Wurst zu zerteilen.

Wenn die Weißwurst grau ist, ist zu viel Rindfleisch drin

Dann geht es darum, ob die Petersilienstücke auch ja nur von den glatten Blättern stammen und nicht etwa von den Stielen - Fehler! Oder wenn die Wurst zu viel Zitrone oder Macis enthält. Einmal gar vermeint man Abscheu zu vernehmen: "Die schmeckt nicht frisch, die ist alt und schaut auch noch grau aus!" Keine Empfehlung, das. Werner Braun, von Statur und Fachkenntnissen ein Metzger par excellence und stellvertretender Landes-Innungsmeister aus Dachau, wirft nur einen Blick auf das traurige Exemplar und sagt: "Auch ein Rind war mal ein Kalb." Was heißen soll: Der Kollege hat offenbar zu viel Rindfleisch unter das vorgeschriebene Kalbfleisch gemischt. Erlaubt ist das, es macht die Wurst aber nicht besser.

So arbeiten sich die beiden Prüferteams gut zwei Stunden lang durch die Proben. Ein Ergebnis haben sie dann freilich noch nicht. Denn die Laboranalysen, die in die Wertung mit einfließen, liegen frühestens in zwei Wochen vor.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lokalrunde
:Weißwurst-Impfen und Sterne vom Meer

Jan Hartwig startet sein Pop-up-Restaurant in der Porzellanmanufaktur Nymphenburg. Am Nockherberg und im Rosengarten sind zwei Wirtshäuser auf Nebenpfaden unterwegs.

Von Franz Kotteder

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: