Rudi Cerne 20 Jahre bei „Aktenzeichen XY“: Warum ich den Krimi-Job erst ablehnte

Rudi Cerne ist seit 20 Jahren das Gesicht der Kriminal-Sendung „Aktenzeichen XY“, holte zuletzt sechs Millionen Zuschauer vor den Fernseher

Rudi Cerne ist seit 20 Jahren das Gesicht der Kriminal-Sendung „Aktenzeichen XY“, holte zuletzt sechs Millionen Zuschauer vor den Fernseher

Foto: Jens Hartmann
Von: Nicole Richter und Susann Sachse

Kein Opfer, das bei ihm in Vergessenheit gerät. Kein Mörder, den er ungestraft davonkommen lassen will. Und seit zwei Jahrzehnten keine Sendung ohne ihn: Rudi Cerne (63). Am 18. Januar 2002 moderierte der ehemalige Eiskunstläufer (Deutscher Meister 1978 und 1989 und zwei Teilnahmen an den Olympischen Spielen) seine erste Sendung „Aktenzeichen XY“ im ZDF.

Rudi Cerne im BILD-Interview: „Ich kann mich sehr intensiv daran erinnern, denn da startete ein neues Kapitel für mich. Ich war angespannt, aber nicht besonders aufgeregt. Das Moderieren von Live-Sendungen erinnert mich an meine Zeit als Leistungssportler. Durch das Eiskunstlaufen bei Euro- und Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen bin ich an Live-Auftritte gewöhnt. Außerdem werden die Sendungen immer bis ins Detail geprobt, das ist für mich wie früher das Training.“

Und so sah es und er aus, als Rudi Cerne vor 20 Jahren angefangen hat

So sah es aus, als Rudi Cerne vor 20 Jahren angefangen hat

Foto: SvenSimon

„Aktenzeichen XY … ungelöst“ gehört zu den ältesten Formaten des ZDF: Über 570 Folgen gibt es bis heute, Startschuss war 1967 mit Eduard Zimmermann (†80). Nach 300 Folgen übergab der „Verbrecherjäger“ den Staffelstab an den Rechtsanwalt und Journalisten Butz Peters (63) und Tochter Sabine Zimmermann (†68), die zu diesem Zeitpunkt bereits mit Papa Eduard gemeinsam vor der Kamera ungelöste, meist viele Jahre zurückliegende Kriminalfälle präsentiert hatte.

Rudi Cerne, Sabine Zimmermann und ihr Vater Eduard Zimmermann feiern 2007 40 Jahre und 400 Sendungen „Aktenzeichen XY … ungelöst“

2007: Rudi Cerne, Sabine Zimmermann und ihr Vater Eduard Zimmermann (v.l.) feiern 40 Jahre und 400 Sendungen „Aktenzeichen XY … ungelöst“

Foto: AGENCY PEOPLE IMAGE

Eduard Zimmermann selbst war es übrigens, der Rudi Cerne als neues Gesicht für seine Sendung vorschlug. „Er sagte zu mir: Ich glaube, Sie haben eine unaufgeregte und angenehme Art mit diesen haarsträubenden Kriminalfällen umzugehen und sie als Moderator vorzustellen“, erzählt Rudi Cerne. „2001, während der Tour de France, bekam ich den Anruf aus Mainz von ZDF-Fernsehspielchef Hans Janke.“

Ein mörderisch gutes Angebot? „Nein. Die Sendung stand damals unter Beobachtung, die Quoten waren rückläufig. Ich dachte mir, wenn die Sendung eingestellt wird, und ich bin derjenige, der sie an die Wand gefahren hat, wird das auch an mir haften bleiben. Deswegen habe ich lange gezögert“, so Cerne im BILD-Interview.

Umgestimmt hat ihn letztlich der bewegende Fall der kleinen Julia. Das Mädchen war vor vielen Jahren entführt und dann bei Gießen tot aufgefunden worden. Ihr kleine Körper wurde verbrannt. „Das hat mich sehr erschüttert. Kurz darauf wurde mein Auto auf einem Parkplatz aufgebrochen. Als ich ins Polizeirevier kam, um Anzeige zu erstatten, sah ich in dem Warteraum ganz viele Bilder von vermissten Kindern hängen. Über diese Fälle wurde in den Medien aber nicht berichtet. Daraufhin habe ich das Handy in die Hand genommen, Eduard Zimmermann angerufen und zugesagt“, erinnert sich Cerne.

Aus dem anfänglichen Zögern wurden 20 erfolgreiche Jahre. Und immer wieder berichtet der Journalist über Cold Cases, die ihm besonders nahegehen – wie zuletzt der Fall von Tado Loncar, der nach dreißig Jahren wieder aufgerollt wurde.

1991 wurde Toda Loncar unterkühlt in Hessen aufgefunden, er starb wenig später im Krankenhaus. Cerne: „Er wurde mutmaßlich von einem jugoslawischen Landsmann betäubt und danach achtlos auf einem Autobahnparkplatz abgelegt. Das Psychopharmaka, das ihm eingeflößt wurde, hatte die Körpertemperatur stark absenkt, sodass er erfroren ist. Da frage ich mich, wie kann so etwas passieren? Wie rücksichtslos und dreist gehen Täter vor?“

Der Fall Maddie war schon oft Teil der Sendung, hier spricht Rudi Cerne mit Christian Hoppe vom Bundeskriminalamt (2020)

Der Fall Maddie war schon oft Teil der Sendung, hier spricht Rudi Cerne mit Christian Hoppe vom Bundeskriminalamt (2020)

Foto: dpa

Was nicht alle seiner Fans wissen: Cerne war vor seiner Krimi-Karriere Eiskunstläufer. Sein größter internationaler Erfolg war die Silbermedaille 1984 bei der Europameisterschaft in Budapest. Im selben Jahr trat er bei der Weltmeisterschaft in Ottawa an und wurde Fünfter. Bis heute ist der Moderator eng mit dem Eis-Sport verbunden, saß vor dem TV während der Eiskunstlauf-EM in Tallinn.

Rudi Cerne bei den Olympischen Winterspiele 1984 in Sarajevo – er belegte Platz 4, verpasste knapp die Medaille

Rudi Cerne bei den Olympischen Winterspiele 1984 in Sarajevo – er belegte Platz 4, verpasste knapp die Medaille

Foto: imago/Laci Perenyi

„Aber natürlich ist das etwas anders, als damals zu meiner aktiven Zeit, als man immer schaute, was die Konkurrenz machte. Die Entwicklung der Sprünge ist enorm und das beeindruckt mich sehr“, so Cerne. „Bei uns war damals ein dreifacher Axel schon außergewöhnlich, aber das gehört heute zum Standardprogramm der besten Zwanzig. Ich habe mir vor einer gewissen Zeit auch noch mal neue Schlittschuhe gekauft, aber die liegen immer noch mehr oder weniger unangetastet im Schrank.“

Es ist lange her, dass Rudi Cerne das letzte Mal auf dem Eis stand, aber wenn er es tut, „dann machen die Leute schon Platz“. Seine alten Schlittschuhe hat er sogar auf den Sperrmüll geworfen. „Mein Nachbar fragte: ‚Rudi, sind das die Schuhe, mit denen du Vize-Europameister geworden bist? Kann ich die haben?‘ Er wollte sie sich in den Party-Keller hängen.“

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.