Corona-Proteste: Zehntausende Menschen auf den Straßen

Auch in mehreren Berliner Bezirken demonstrierten Tausende gegen die Corona-Politik. Befürworter der Pandemie-Maßnahmen protestierten ebenfalls.

Kritiker der Corona-Maßnahmen und auch Gegendemonstranten sind in Berlin unterwegs.
Kritiker der Corona-Maßnahmen und auch Gegendemonstranten sind in Berlin unterwegs.Imago/Andreas Friedrichs

Berlin-Gegner der Corona-Maßnahmen sind am Montagabend wie bereits in den vergangenen Wochen in mehreren Berliner Bezirken auf die Straße gegangen. Die Berliner Polizei sprach von insgesamt mehreren Tausend Teilnehmern. Eine der größeren Demos zog vom Alexanderplatz Richtung Brandenburger Tor, dort waren Transparente mit der Aufschrift „Geimpfte und Ungeimpfte gegen die Impfpflicht“ zu sehen. Nur wenige Menschen trugen Maske. Vor dem ZDF-Hauptstadtstudio stoppte der Zug für eine Zwischenkundgebung. Ein Redner sprach von „Lügenpresse“.

Die Polizei Berlin schätzte die Zahl der Teilnehmer auf 800. Bei Protesten beispielsweise in Alt-Tegel seien 900 Menschen gewesen, 180 in Spandau und 40 am Pariser Platz. Insgesamt hätten 3000 Menschen stadtweit demonstriert – in dieser Zahl sind aber auch die Gegendemonstranten enthalten. Eine der Gegenkundgebungen war am Alexanderplatz unter dem Motto „Geradedenken gegen Querdenken und Rechts“ angemeldet worden. Teilnehmer riefen Slogans wie: „Wir impfen euch alle!“

Weißensee: Die Polizei steht an der Berliner Allee Ecke Liebermann Straße.
Weißensee: Die Polizei steht an der Berliner Allee Ecke Liebermann Straße.Berliner Zeitung/Philippe Debionne

Am Antonplatz in Weißensee versammelten sich gegen 17 Uhr mehrere Hundert Gegner der Corona-Maßnahmen. Sie zogen in Richtung Bezirksamt Weißensee. Die Polizei rückte mit acht Einsatzfahrzeugen an, woraufhin sich die Menge verstreute. Übrig blieben zunächst etwa drei Dutzend Menschen. Sie wurden von der Polizei festgesetzt. Beamte nahmen Personalien auf und schrieben Anzeigen. In Schöneberg zogen derweil rund 100 Gegner der Corona-Maßnahmen in Richtung Kleistpark.

Der Montag wurde von Initiatoren der Corona-Proteste als Termin gewählt, um an Demonstrationen von Bürgerrechtlern in der DDR 1989 zu erinnern.

Telegram-Aufruf unter dem Motto „Berlin steht auf“

Im Messengerdienst Telegram war unter den Slogans „Berlin steht auf“ und „Montagsspaziergänge“ für fast alle Berliner Bezirke zu coronakritischen Demonstrationen vor den Rathäusern oder an anderen Stellen aufgerufen worden. Auch an der Gethsemanekirche in Prenzlauer Berg, einem bekannten Anlaufpunkt von Demonstranten in der Spätphase der DDR, wollten sich wieder Gegner der Corona-Regeln versammeln. Hier sollte es eine Gegenkundgebung mit dem Titel: „Gemeinsinn leben. Demokratische Werte schützen“ geben.

Einige Demonstrationen waren bei der Polizei angemeldet, zu anderen wurde nur über Messengerdienste im Internet aufgerufen. Manche Initiatoren melden die Demonstrationen bewusst nicht offiziell an, um die Polizei möglichst fernzuhalten. Bereits in den vergangenen Wochen demonstrierten am Montagabend in ganz Berlin Tausende Menschen in der gesamten Stadt. Die Polizei wies immer wieder auf Corona-Auflagen wie die Maskenpflicht hin, ahndete Verstöße oder beendete Demonstrationen.

Jeweils mehr als 1000 Demonstranten in Bernau und Eberswalde

Auch in Brandenburg demonstrierten am Montag erneut Tausende gegen eine allgemeine Impfpflicht und gegen die Corona-Maßnahmen. In Bernau und Eberswalde (Barnim) kamen nach Angaben der Polizei jeweils mehr als 1000 Menschen zusammen. Vor dem Oranienburger Schloss (Oberhavel) waren es nach den Beobachtungen eines dpa-Reporters ebenso viele. Knapp 900 Teilnehmer zählte die Polizei in Frankfurt (Oder). Nach Angaben der Polizei blieb es bei den Protesten im Land weitgehend friedlich.

Auch in der Landeshauptstadt Potsdam haben erneut mehrere Hundert Menschen gegen eine allgemeine Impfpflicht und gegen die Corona-Maßnahmen demonstriert. In der Innenstadt gab es am Montagabend zwei angemeldete Proteste, eine Mahnwache vor dem Filmmuseum und einen Demonstrationszug unter dem Motto „Freie Impfentscheidung Potsdam“. Es gab auch drei Gegenkundgebungen vom Bündnis „Potsdam bekennt Farbe“ und der linken Initiative „Solidarisches Potsdam“ mit mehreren Dutzend Teilnehmern. Die Versammlungen seien friedlich verlaufen, sagte ein Polizeisprecher.

Ein in sozialen Medien wie in den Vorwochen angekündigter „Lichter Spaziergang“ am Platz vor dem Brandenburger Tor in Potsdam wurde von der Polizei verboten. Das Verbot wegen Gefahren für die öffentliche Sicherheit wurde auch unter Einsatz einer Reiterstaffel durchgesetzt.

Cottbus: Polizei löst Demo mit 2500 Teilnehmern auf

In Cottbus hat die Polizei am Abend eine Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen mit rund 2500 Teilnehmern aufgelöst. Für die nicht angemeldete Versammlung habe sich vor Ort auch kein Versammlungsleiter gefunden, sagte Polizeisprecherin Ines Filohn zur Begründung. Daraufhin sei die Versammlung aufgelöst und die Teilnehmer seien zum Verlassen des Platzes aufgefordert worden. Zwei Teilnehmer wurden nach Angaben von Filohn in Gewahrsam genommen. In einem Fall habe die Polizei wegen Widerstands Reizgas eingesetzt. Von zahlreichen weiteren Teilnehmern nahmen die Beamten Personalien auf.

Ostbrandenburg: 32 Kundgebungen gegen Corona-Regeln

In Ostbrandenburg haben mehrere Tausend Menschen an Demonstrationen gegen die Corona-Regeln und eine Impfpflicht teilgenommen. Insgesamt wurden im Bereich der Polizeidirektion Ost 32 Versammlungen gegen die Corona-Regeln gezählt. Davon seien nur zehn ordnungsgemäß angemeldet worden, sagte Polizeisprecher Roland Kamenz.

In den übrigen Fällen habe auch kein Versammlungsleiter festgestellt werden können, berichtete Kamenz. Daraufhin seien Anzeigen gegen unbekannt wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz gefertigt worden. In zahlreichen Fällen seien die Beamten auch gegen Verstöße gegen die Maskenpflicht vorgegangen. In Schwedt (Uckermark) sei eine Versammlung von der Polizei aufgelöst worden, nachdem Teilnehmer mehrfach Pyrotechnik gezündet hatten, berichtete Kamenz.

Auch in zahlreichen weiteren deutschen Städten sind am Montagabend erneut Tausende Menschen auf die Straßen gegangen, um gegen die Corona-Maßnahmen zu protestieren. Den Mitteilungen der Polizei zufolge verliefen die oft als „Spaziergänge“ deklarierten Proteste in den meisten Fällen friedlich. Vereinzelt schritt die Polizei ein, um Zusammenstöße mit Gegendemonstranten zu unterbinden. Außerdem löste die Polizei Versammlungen, die gegen Demonstrations- und Corona-Auflagen verstießen, auf. Dabei gab es erneut Festnahmen sowie Verletzte. In Rostock standen rund 3000 Maßnahmen-Gegner etwa 1000 Polizisten gegenüber. Als die Beamten einen Aufzug der Demonstranten zu stoppen versuchten, warfen einige Flaschen und Böller auf die Polizisten. Die Beamten setzten Pfefferspray ein und nahmen elf Menschen fest. Bei Durchsuchungen fanden sie selbstgebaute Pyrotechnik sowie einen „Schießkugelschreiber“ mitsamt Munition. „Das Vorhandensein einer schussbereiten Waffe sowie Munition ist eine äußerst gefährliche und besorgniserregende Entwicklung“, erklärte der Leiter der Polizeiinspektion Rostock, Achim Segebarth.

Über 21.000 Menschen in Thüringen auf der Straße

Allein in Thüringen nahmen laut Polizeiangaben landesweit mehr als 21.000 Demonstranten an oftmals nicht angemeldeten Protesten teil. Der „überwiegende“ Teil der Demonstranten missachtete dabei offenbar die Infektionsschutzregeln. Die Polizei erstattete deshalb dutzende Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten und Straftaten. In Gera widersetzten sich Demonstranten der Festnahme durch die Polizei. Dabei wurden drei Beamte sowie drei Protestler laut Behördenangaben leicht verletzt.

In Braunschweig und Cottbus versuchten Demonstranten, Polizeiketten zu durchbrechen. Bei einer Demonstration, zu der die Gewerkschaft Verdi in Braunschweig aufgerufen hatte, versprühte ein Demonstrant Pfefferspray. Dadurch wurden mehrere Menschen verletzt – darunter eine Polizistin und der Sprayer selbst.

In Sachsen, wo es in den vergangenen Wochen immer wieder zu besonders gewaltsamen Zusammenstößen gekommen war, verliefen die zahlreichen angemeldeten und unangemeldeten Demonstrationen diesen Montag offenbar vergleichsweise friedlich. In Meißen fuhr ein Auto einer Demonstrantin beim Passieren einer Kreuzung über die Füße. Die Verkehrspolizei ermittelt.

Auch in Bayern verliefen die Demonstrationen diesmal überwiegend friedlich. Allein in Nürnberg versammelten sich laut Polizei geschätzt 5500 Teilnehmer bei einer angemeldeten Demonstration unter dem Motto „Wiederherstellung der Grundrechte“. Auch in Köln und München gingen zahlreiche Demonstranten auf die Straße. In Kassel gerieten laut Polizeiangaben Gegner der Corona-Maßnahmen mit einem Gegendemonstranten aneinander. Die Beamten stellten eine „mutmaßlich wechselseitige Körperverletzung“ fest. In Landau stellte die Polizei schließlich Strafanzeige „wegen des Verdachts der Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole“. Ein Demonstrant hatte demnach eine „Deutschlandflagge mit Bananenabbildung“ dabei.