In Belarus halten sich nach Einschätzung des polnischen Grenzschutzes weiterhin etwa 10.000 Migrantinnen und Migranten auf, die in die EU gelangen möchten. "Wir wissen nicht, wie viele von ihnen direkt an der Grenze sind und wie viele in der Tiefe des Landes", sagte eine Sprecherin. Direkt an der polnischen Grenzbefestigung gebe es auf belarussischer Seite derzeit keine Zeltlager mehr. Allerdings würden belarussische Einsatzkräfte regelmäßig Migranten mit Lastwagen zur Grenze bringen.

Den Angaben zufolge registrierten die Grenzschützer zuletzt innerhalb von 24 Stunden erneut 134 Versuche, die Grenze zu überwinden. Am frühen Dienstagmorgen habe in der Nähe der Ortschaft Szudziałowo eine größere Gruppe "aggressiver Ausländer" Steine, Metallstangen und Feuerwerkskörper auf die polnischen Beamten geworfen, hieß es. Ein weiterer solcher Vorfall ereignete sich in der Nähe der Ortschaft Mielnik.

Unterdessen wurde ein geplanter weiterer Rückführungsflug von Irakern aus Belarus kurzfristig abgesagt. Die Maschine der irakischen Fluggesellschaft Iraqi Airways sollte nach Erbil aufbrechen, wie der Flughafen in Minsk im Nachrichtenkanal Telegram mitteilte. Warum der Flug nicht stattfand, blieb unklar. Erst am vergangenen Wochenende waren Hunderte Migranten zurück in ihre Heimatländer geflogen worden.

In der Notunterkunft in einer Logistikhalle in Bruzgi direkt an der Grenze zu Polen harren weiter viele Menschen aus. Viele benötigen medizinische Hilfe. Nach Angaben der belarussischen Staatsagentur Belta wurde eine kleine Krankenstation eröffnet. Die Notfallversorgung sei dort nun rund um die Uhr gewährleistet, hieß es. Unabhängig überprüfen lassen sich diese Angaben kaum.

Seit Wochen versuchen Tausende Migranten und Flüchtlinge, von Belarus über die EU-Außengrenzen nach Polen oder in die baltischen Staaten zu gelangen. Die EU wirft dem autoritären belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, gezielt Menschen aus Krisenregionen nach Minsk einfliegen zu lassen, um sie dann in die EU zu schleusen und so die Lage im Westen zu destabilisieren. Die EU-Staaten hatten Stacheldrahtzäune errichtet, um die Migranten aufzuhalten.