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Deutschland Nach Urteil aus Karlsruhe

Merkel pocht auf schnelle Verschärfung des Klimaschutzgesetzes

Karlsruher Klima-Urteil verdonnert die Politik zum Nachsitzen

Ein wegweisendes Urteil aus Karlsruhe setzt die Politik beim Klimaschutz unter Druck. Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die Bundesregierung beim Klimaschutz auch die Freiheitsrechte jüngerer Generationen schützen muss.

Quelle: WELT/Marcus Tychsen

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Die Bundesregierung muss beim Klimaschutz nachlegen, so lautete das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Die Bundeskanzlerin will das möglichst schnell erledigen. Das Kabinett soll schon nächste Woche darüber beraten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dringt nach dem Klimaschutzurteil des Bundesverfassungsgerichts auf eine möglichst rasche Verschärfung des Klimaschutzgesetzes. Das berichten mehrere Nachrichtenagenturen unter Berufung auf Teilnehmer einer Online-Sitzung der Unionsfraktion im Bundestag. Man werde das Thema nicht auf die lange Bank schieben, sagte Merkel demnach am Dienstag.

Schon in der kommenden Woche solle im Kabinett darüber beraten werden. Danach sollten die Verschärfungen schnell in den Bundestag eingebracht werden, um noch in dieser Wahlperiode Pflöcke einzuschlagen.

Die Richter in Karlsruhe hatten den Gesetzgeber in der vergangenen Woche verpflichtet, bis Ende kommenden Jahres die Reduktionsziele für Treibhausgasemissionen für die Zeit nach 2030 näher zu regeln. Dabei geht es um das Klimaschutzgesetz, das bisher für die Jahre bis 2030 Jahresemissionsmengen für Bereiche wie die Energiewirtschaft, die Industrie, den Verkehr oder die Landwirtschaft festlegt.

Merkel unterstrich nach Angaben aus Teilnehmerkreisen, man werde versuchen, innerhalb der schwarz-roten Bundesregierung eine gemeinsame Position zu beziehen. Noch in dieser Legislaturperiode auf Karlsruhe zu reagieren „steht uns gut an“, wurde die Kanzlerin zitiert. Sie sei sehr froh, dass CDU und CSU sehr schnell auf das Karlsruher Urteil reagiert hätten. Klimaschutz sei im Sinne der Generationengerechtigkeit. Offen war am Dienstag noch, ob eine Sitzung des Koalitionsausschusses nötig sein würde, um eine Einigung der schwarz-roten Koalition zu erreichen.

Unionskanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) sagte nach Angaben von Teilnehmern in der Sitzung, es sei gut, dass jetzt von der aktuellen Regierung noch gehandelt werde.

CDU fordert höhere CO2-Bepreisung

Union und SPD berieten am Dienstag untereinander über die nach dem Karlsruher Urteil zum Klimaschutzgesetz nötige Reform. Die Konzepte von Union und SPD unterscheiden sich aber bisher noch stark. So will etwa die CDU/CSU-Bundestagsfraktion den CO2-Preis deutlich schneller erhöhen als bisher geplant. Zugleich sollen Bürger und Unternehmen durch einen Wegfall der EEG-Umlage beim Strompreis entlastet werden. „In dieser Kombination macht es Sinn: CO2-Preis hoch, Strompreis runter“, sagte Vizefraktionschef Andreas Jung (CDU) am Dienstag in Berlin.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte, die für 2022 und 2023 geplanten Anhebungsschritte auf 30 und 35 Euro pro Tonne CO2 zu überspringen. Stattdessen solle im nächsten Jahr direkt ein Sprung auf einen CO2-Preis von 45 Euro gemacht werden, der eigentlich erst 2024 vorgesehen wäre.

Vizekanzler Olaf Scholz zeigte sich in der Fraktionssitzung der SPD nach dpa-Informationen kritisch. Die Diskussion über den CO2-Preis blende die soziale Dimension völlig aus. So sei es unlauter, die steigenden Belastungen durch einen höheren CO2-Preis einseitig auf die Mieter umzuwälzen. Auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich warnte davor, mit einer Erhöhung des CO2-Preises zu einer noch stärkeren sozialen Schieflage in Deutschland beizutragen.

Scholz verlangte demnach einen deutlich stärkeren Ausbau der erneuerbaren Energien. Im Jahr 2030 werde viel mehr Strom benötigt als derzeit – das müsse man beim Ausbaupfad berücksichtigen. „Ich gehe davon aus, dass wir 100 Terawattstunden mehr brauchen“, zitierte ein Teilnehmer Scholz. Das habe konkrete Auswirkungen auf den Ausbaupfad für erneuerbare Energien wie Sonne und Wind. „Das ist in den vergangenen Jahren von (Wirtschaftsminister Peter) Altmaier komplett verschlafen worden“, warf Scholz dem CDU-Politiker demnach vor.

Ziel der Klimaneutralität schon 2045 erreichen

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Dobrindt erläuterte, sein Vorstoß bewirke, dass man nicht erst 2027 in den marktgerechten Emissionshandel eintreten werde, sondern schon 2025. Klimaneutralität wolle man nicht 2050, sondern bereits 2045 erreichen. Über Zwischenziele werde diskutiert. Bei den Einsparzielen bis 2030 wolle man von den geplanten 55 Prozent weniger CO2-Emissionen weggehen und sich 65 Prozent vornehmen. Zudem schlage er vor, ab 2035 auf die Neuzulassung von Autos mit Verbrennungsmotoren zu verzichten.

Seit Anfang dieses Jahres haben CO2-Emissionen von fossilen Brennstoffen einen Preis. Gestartet wurde mit einem Preis von 25 Euro pro Tonne CO2, das entspricht nach Angaben des Umweltministeriums weniger als zehn Cent pro Liter Kraftstoff oder Heizöl. Diese Abgabe für die klimaschädlichen Emissionen erhöht sich nach der aktuellen Gesetzeslage, bis 2025 dann 55 Euro pro Tonne CO2 fällig werden.

Nach der Karlsruher Entscheidung von vergangener Woche müsse umgehend gehandelt werden, forderte Dobrindt. Das Thema könne nicht auf eine nächste Wahlperiode verschoben werden, selbst wenn das Gerichtsurteil einen zeitlichen Spielraum bis Ende 2022 ermögliche. Sein CDU-Kollege Jung sagte: „Da reichen jetzt nicht kosmetische Korrekturen, wir brauchen da wirklich einen großen Wurf, den wir jetzt in kurzer Zeit auf den Weg bringen müssen und auch können.“

Man werde Dobrindts Vorstoß jetzt durchrechnen. „Das ist nicht die einzige Möglichkeit, es gibt auch andere Wege.“ Wichtig sei auch: „Von den zusätzlichen Einnahmen darf kein Euro beim Staat hängen bleiben. Das ist kein Programm zur Sanierung des Bundeshaushalts oder zur Finanzierung von irgendwelchen Ausgabewünschen.“ Die Mehrbelastung müsse über eine Senkung der Strompreise an Bürger und Unternehmen zurückgegeben werden.

Am Mittwoch wollen sich die Regierungsspitzen zusammensetzen, um über eine Reform des Gesetzes zu verhandeln. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) hatte noch für diese Woche einen Entwurf angekündigt.

dpa/Reuters/dp

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