Man könnte drauf wetten und dürfte mit ziemlicher Sicherheit gewinnen: Jeder zweite Kamerabesitzer würde seine komplette Ausrüstung dafür geben, sähe er auch nur eines seiner Bilder in der Zeitschrift „National Geographic“, die legendär ist für ihre herausragenden Fotos.
Joel Sartore hat dies auch ohne Wetteinsatz erreicht. Er ist ein über die Jahrzehnte und Kontinente hinweg erfahrener Fotograf und regelmäßiger Mitarbeiter des weltbekannten Geografie-Magazins. Er weiß viel vom Umgang mit der Kamera, von ihm kann man einiges lernen. Sein Wissen gibt er jetzt in seinem handlichen Buch „Foto Basics“ weiter – Nutzwert für Hobbyfotografen, leicht und anschaulich erzählt.
Seine Fotoschule beginnt mit den Grundlagen – Kameras, Objektive, Handhabung – und wendet sich dann dem Fotografieren selbst zu. Licht: Wann ist es am besten, wie kann man es beeinflussen, ja sogar zurückdrängen? Perspektive: Wann muss ich mich auf den Bauch legen? Komposition: Wie verhalten sich Positivraum (Motiv) und Negativraum (Umgebung) zueinander? Außerdem: Nachtaufnahmen und Wasserfotos, alles unterlegt mit zahlreichen Beispielen.
Joel Sartore gibt Tipps beim Fotografieren
Kapitel für Kapitel lernt man sehen. Damit das Wissen haften bleibt, gibt es Aufgaben abzuarbeiten. Ein Kapitel handelt vom Geschichtenerzählen. Die Frage ist: Wie soll eine statische Abbildung, ein Foto, eine Geschichte erzählen, die doch von der Dauer oder dem Ablauf lebt?
Sartore präsentiert dazu ein beispielhaftes Bild: Im brasilianischen Pantanal-Feuchtgebiet ist er mit einem Wildhüter im Jeep unterwegs. Sartore sitzt hinten, fotografiert die (unscharfe) Umgebung und das (scharfe) Gesicht des Wildtierbeobachters im Rückspiegel. Diese Technik ermöglicht es, gleichzeitig vorwärts und rückwärts zu sehen und das Motiv – den konzentrierten Blick – durch die Landschaft spektakulär einzurahmen.
Joel Sartore ist als „National Geographic“-Fotograf zudem Gründer eines Projekts unter dem Titel „Photo Ark“. In dieser „Arche“ werden bildlich die Tiere der Welt aufgehoben. Bis heute sind rund 9000 Arten fotografiert worden, die meisten davon vom Aussterben bedroht.
Die Porträts sind vor schwarzem Hintergrund aufgenommen, was Leuchtkraft und Komposition von Fell und Gefieder faszinierend zur Geltung bringt. Beim Betrachten dieser Tierbilder wird selbst eingefleischten SUV-Fahrern deutlich, wie sehr die Natur verarmen würde, hätten wir diese Arten nicht mehr.
Sartore liefert auch nützliche Tipps aus der Praxis. Er verrät zum Beispiel, dass er seine Gegenlichtblende vor Jahren verloren und nie ersetzt hat – es geht nämlich auch ohne. Ein Reflektor fehlt, um das Schlaglicht auszugleichen? Ein weißes T-Shirt tut’s auch. Das Licht vom Blitz ist zu hart? Ein weißes Taschentuch vor dem Blitzlicht hilft als Diffusor.
Jedes Thema bekommt zudem eigene Tipps speziell für Smartphone-Fotografen, denn das Mobiltelefon ist nun mal, trotz seiner Schwächen, das optische Instrument, das fast alle immer bei sich tragen und mit dem weltweit die meisten Fotos geschossen werden.
Einen Trost für alle, die mit ihren Bildern nie ganz zufrieden sind, hält Sartore auch bereit: Er gesteht, dass es aus 1000 seiner Profi-Aufnahmen oft nur eine in den Druck schafft. Seien Sie also nicht enttäuscht, wenn Sie bis zum nächsten perfekten Urlaubsbild 1000-mal auf den Auslöser drücken müssen.
Joel Sartore, Heather Perry: „Foto Basics. Der ultimative Einsteigerguide für digitale Fotografie“, National-Geographic-Verlag, 256 Seiten, 24,99 Euro
Dieser Text ist aus WELT AM SONNTAG. Wir liefern sie Ihnen gerne regelmäßig nach Hause.