Baden-Württemberg hat das Verwaltungsgericht Stuttgart in einem Schreiben gebeten, mögliche Diesel-Fahrverbote oder Verkehrsbeschränkungen in der Landeshauptstadt aufzuschieben. Demnach rechtfertigten die Coronavirus-Pandemie und gesunkene Schadstoffwerte eine "Atempause bei der Luftreinhaltung", teilte das Landesverkehrsministerium mit. Das Gericht sollte ursprünglich im April eine Entscheidung zu Fahrverboten fällen.

Seit 2019 gilt in Stuttgart für Fahrzeuge mit Abgasnorm Euro 4 oder älter ein Fahrverbot in der Umweltzone. Das Verwaltungsgericht in Stuttgart soll entscheiden, ob nun auch ein Bann für Euro-5-Fahrzeuge ausgesprochen werden müsse. 

Die Corona-Krise zwinge zum Umdenken und erfordere neue Prioritäten, teilte das Ministerium mit. Seit Einführung der Kontaktbeschränkungen sei der Autoverkehr werktags auf Hauptverkehrsstraßen um ein Drittel zurückgegangen, die Stickoxid-Messwerte hätten sich um bis zu zehn Mikrogramm verbessert. "Daher haben wir das Gericht gebeten, für die Zeit der Kontaktbeschränkungen einen Aufschub zu akzeptieren", hieß es aus dem Ministerium. Anschließend könnten Fahrverbote – sofern erforderlich – zeitnah in Kraft treten.

Freigabe von Autospuren für Fahrräder?

Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) will Fahrverbote aber möglichst verhindern. Er stellte den Stuttgarterinnen und Stuttgartern stattdessen "neue, der Situation angemessene Maßnahmen" wie die Freigabe von Autospuren für den Radverkehr in Aussicht. "Auch die Hardware-Nachrüstung steht zur Verfügung und muss jetzt endlich stärker genutzt werden", sagte Hermann.

Stuttgart hatte 2018 einen Stickoxidwert von 71 Mikrogramm pro Kubikmeter und damit von allen deutschen Städten die am stärksten belastete Luft. Der EU-Grenzwert beträgt 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Die Fahrverbote in mehreren deutschen Städten waren eine Folge des Dieselskandals, in dessen Zuge bekannt wurde, dass zahlreiche Autohersteller bei Dieselfahrzeugen wesentlich niedrigere Abgaswerte angaben, als sie tatsächlich ausstoßen.