Bundesregierung über Corona-Propaganda: Verfassungsschutz wertet Putins Staatssender aus

Russlands Regierungschef Wladimir Putin vor dem Logo des staatlichen Senders RT (2015)

Russlands Regierungschef Wladimir Putin vor dem Logo des staatlichen Senders RT (2015)

Foto: imago/ITAR-TASS
Von: Julian Röpcke

Nun also doch!

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) sammelt Informationen zur ausländischen Corona-Propaganda und wertet dabei auch die Berichte der staatlichen russischen Propagandasender in Deutschland aus.

Dies geht aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Thomas Hacker (52, FDP) an die Bundesregierung hervor, die BILD exklusiv vorliegt.

Laut Schreiben des Bundesinnenministeriums an den FDP-Obmann im Bundestagsausschuss für Kultur und Medien „sammelt das Bundesamt für Verfassungsschutz Informationen darüber, inwiefern die COVID-19-Pandemie durch fremde Staaten instrumentalisiert wird, und wertet diese aus“.

Klar wie selten zuvor fügt die Aufsichtsbehörde des deutschen Inlandsnachrichtendienstes an: „Zur Feststellung derartiger Aktivitäten werden auch russische Staatsmedien ausgewertet.“

Wladimir Putin bei der Feier zum 10. Geburtstag von „Russia Today“, heute „RT“ im Jahr 2015

Wladimir Putin bei der Feier zum zehnten Geburtstag von Russia Today, heute RT, im Jahr 2015

Foto: AP/dpa

Und nicht nur das! „Sofern die jeweiligen Zuständigkeiten berührt“ seien, würden sich auch „das Bundeskriminalamt und der Bundesnachrichtendienst (…) mit den in der Fragestellung implizierten Aktivitäten fremder Staaten“ befassen. Hackers Frage lautete konkret: „Wird nach Kenntnis der Bundesregierung der russische Sender RT Deutsch von deutschen Sicherheitsbehörden beobachtet?“

Damit herrscht nun Klarheit über die Befassung des Verfassungsschutzes mit RT Deutsch und Sputnik Deutschland. Zwar findet keine offizielle Beobachtung statt, wohl aber einer Sammlung von Daten beider Sender und eine anschließende Auswertung der Aktivitäten mit Blick auf deren Propaganda, Desinformation und Instrumentalisierung der Corona-Krise.

Bereits zuvor hatte eine Sprecherin des Bundeskriminalamts auf BILD-Anfrage erklärt, der staatliche russische Sender RT Deutsch veröffentliche Artikel, „die in ihrer Gesamtschau die Haltung der russischen Regierung in propagandistischer Weise verbreiten“.

In einer weiteren Antwort der Bundesregierung an den FDP-Medienexperten Hacker, die BILD vorliegt, heißt es, die Bundesregierung sei sich „des Problems gezielter Falschmeldungen zur COVID-19-Pandemie bewusst“. Verschiedene Akteure würden demnach „Schuldzuweisungen und Halbwahrheiten verbreiten“ und die Krise „für ihre politischen Zwecke missbrauchen“.

Die Bundesregierung beteilige sich darum unter anderem am „Schnellwarnsystem RAS“ der Europäischen Union, über das „ein reger Austausch, auch zum Thema Desinformation von russischer Seite“ stattfinde.

FDP: Europäische Antwort auf die Lügenmaschinerie notwendig

Lob an der Vorgehensweise der deutschen Sicherheitsdienste kommt von FDP-Medienfachmann Thomas Hacker. Zu BILD sagte er: „Es ist gut, dass der Verfassungsschutz RT im Blick hat. RT ist ein Akteur in Russlands Desinformationskampagne in Deutschland und Europa.“

Auf die Fragen des Bundestagsabgeordneten und FDP-Medienexperten Thomas Hacker hat die Bundesregierung nun Tacheles zur russischen Propaganda in Deutschland gesprochen

Auf die Fragen des Bundestagsabgeordneten und FDP-Medienexperten Thomas Hacker hat die Bundesregierung nun Tacheles über russische Propaganda in Deutschland gesprochen

Foto: picture alliance / Sven Hoppe/dp

Jüngste Erhebungen für die gesamte EU hätten gezeigt, „dass von 1000 neuen Pro-Kreml-Desinformationen 21,5 Prozent vom Coronavirus handeln“. Es sei daher „wichtig, dass wir die Antwort auf die Lügenmaschinerie europäisch und international finden“.

Dabei sieht Hacker auch die staatlichen Medien Deutschlands in der Pflicht. Der Sender Deutsche Welle könne „einen entscheidenden Beitrag leisten, wenn wir fremdsprachige Inhalte der DW auch in Deutschland nutzbar machen. Das könnte beispielsweise dazu führen, dass russischsprachige Bürger in Deutschland deutlich weniger der Beeinflussung durch Kremlsender ausgesetzt sind“.

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