In der hessischen Stadt Hanau hat ein Mann am Mittwochabend gegen 22 Uhr zunächst in der Innenstadt und später im Stadtteil Kesselstadt neun Menschen erschossen. Die beiden Tatorte sind Shisha-Bars, die dort Getöteten haben unter anderem türkische, bulgarische, bosnische sowie rumänische Migrationshintergründe. Nach einer Großfahndung fand die Polizei in einer Wohnung zwei weitere Tote: den mutmaßlichen Attentäter, bei dem die Tatwaffe gefunden wurde, sowie dessen Mutter.

Bei dem mutmaßlichen Täter Tobias R. handelt es sich um einen 43 Jahre alten Deutschen, er war der Polizei zuvor nicht bekannt. Es gibt ein rassistisch-wirres Schreiben und zwei Videos, die ihm zugeschrieben werden. Dem Generalbundesanwalt Peter Frank zufolge enthält das Schreiben neben "abstrusen Verschwörungstheorien" auch Hinweise auf eine "zutiefst rassistische Gesinnung". Ziel der Ermittlungen sei es nun, herauszufinden, ob es Unterstützer oder Mitwisser gebe.

Zahlreiche Politiker und Politikerinnen aus dem In- und Ausland verurteilen den Angriff von Hanau. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte zu dem Attentat: "Rassismus ist ein Gift, der Hass ist ein Gift, und dieses Gift existiert in unserer Gesellschaft." Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach von einem "brutalen Akt terroristischer Gewalt".

Am Donnerstagabend gab es in Hanau eine Mahnwache, um der Opfer der Tat zu gedenken. Außerdem fanden in mehreren deutschen Städten Demonstrationen statt.

Das Liveblog zum Nachlesen: 

Juliane Frisse
Juliane Frisse
Silke Janovsky
Unsere Kollegin Silke Janovsky ist am Hermannplatz in Berlin-Neukölln. Auch dort findet eine Gedenkdemonstration statt.
Martín Steinhagen
Martín Steinhagen
Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) ist wie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Hanau gekommen. Bei der Kundgebung auf dem Marktplatz vor knapp einer Stunde sagt er, das Geschehene sei „eigentlich unfassbar“.

Dass der Täter wohl „rassistischen Wahnvorstellungen“ folgte, „muss uns Angst machen“. „Wir müssen alles tun, damit alle in diesem Land ohne Angst leben können.“

Bouffier wurde kurz von Zwischenrufen unterbrochen, die Bezug auf die NSU-Aufklärung nahmen. Kritiker werfen Bouffier vor, diese behindert zu haben.
Sören Götz
Sören Götz
Sören Götz
Die Omas gegen rechts haben vor dem Brandenburger Tor eine Menschenkette gebildet. Viele schließen sich an und die Kette reicht schließlich einmal um den Pariser Platz herum. 
Juliane Frisse
Juliane Frisse
Frank-Walter Steinmeier (links) bei der Gedenkveranstaltung in Hanau, neben ihm der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier und Steinmeiers Ehefrau Elke Büdenbender
Frank-Walter Steinmeier (links) bei der Gedenkveranstaltung in Hanau, neben ihm der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier und Steinmeiers Ehefrau Elke Büdenbender. REUTERS/Kai Pfaffenbach
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat bei der Mahnwache in Hanau gesprochen. "Nichts kann diese sinnlose Tat erklären", sagte Steinmeier. Er sprach von einem "brutalen Akt terroristischer Gewalt". Steinmeier forderte, mit Blick auf die vielen Gedenkveranstaltungen in ganz Deutschland, Gemeinsamkeit nicht nur in der Stunde des Schreckens zu zeigen. "Wir stehen zusammen und halten zusammen. Das ist das stärkste Mittel gegen Hass", appellierte er.
Martín Steinhagen
Martín Steinhagen
Die Taten zählten zu "den schwärzesten Stunden unserer Stadtgeschichte", sagt Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) bei der Gedenkveranstaltung auf dem Marktplatz in Hanau. Eine Welle der Anteilnahme und des Mitgefühls habe die Stadt seit heute morgen erreicht. "Rassismus, Hass gegen Mitmenschen hat keine Zukunft", sagte er unter Applaus, „und wir sind mehr“.
Hasan Gökkaya
Hasan Gökkaya
Die Berlinale will eine Schweigeminute während der Eröffnungsgala heute Abend abhalten und damit der Opfer in Hanau gedenken. Das kündigten die Organisatoren unmittelbar vor Beginn der 70. Internationalen Filmfestspiele in Berlin an.
Sören Götz
Sören Götz
Auch vor dem Brandenburger Tor halten Spitzenpolitiker verschiedener Parteien eine Mahnwache ab, darunter die Generalsekretäre von CDU und SPD, Paul Ziemiak und Lars Klingbeil, sowie die SPD-Vorsitzende Saskia Esken. Auch die Grünen-Politikerinnen Claudia Roth und Katrin Göring-Eckardt waren vor Ort und nahmen an einer Schweigeminute teil.

Es sind einige hundert Menschen gekommen, man sieht Fahnen der EU, der IG Metall und der Antifa.
Sören Götz
Hasan Gökkaya
Hasan Gökkaya
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Hanau
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Hanau. Patrick Hertzog /AFP via Getty Images
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Tatorte des rassistischen Anschlags in Hanau besucht. Gemeinsam mit seiner Frau Elke Büdenbender gedachte er mit einer Schweigeminute der Opfer. Anschließend will Steinmeier bei einer Mahnwache der Stadt Hanau auf dem Marktplatz eine Ansprache halten.
Martín Steinhagen
Martín Steinhagen
In Hanau füllt sich der Marktplatz. Um 18 Uhr soll hier eine Gedenkveranstaltung beginnen. Eine Bühne ist aufgebaut. An den Fahnen an den großen Masten hängt Trauerflor. Am Rande stehen Übertragungswagen, die LED-Lichter der Kameras leuchten in der Dämmerung. 

Auch Frank-Walter Steinmeier ist in Hanau. An einem der Tatorte legte er einen Kranz nieder. Steinmeier will auch an der Mahnwache teilnehmen.

Beim Warten auf dem Hanauer Marktplatz hält eine Frau eine weiße Friedhofskerze, eine rote Antifa-Fahne weht über den Köpfen einiger Anwesenden. Dicht an dicht stehen die Menschen, kurz vor Beginn der Kundgebung ist es aber weiterhin still.
Martín Steinhagen/ZEIT ONLINE
Tilman Steffen
Tilman Steffen
Bundesweit rufen öffentliche Institutionen zum Gedenken und zu Kundgebungen. Die CDU etwa fordert alle Mitglieder auf, sich zu beteiligen. "Gemeinsam wollen wir als Demokraten zusammenstehen und parteiübergreifend ein Zeichen gegen Hass, Gewalt und Rechtsextremismus setzen", heißt es in einem Tweet. Von anderen Parteien gibt es ähnliche Initiativen. Hier eine Übersicht der Kolleginnen und Kollegen von ze.tt mit vielen Orten und Zeiten – ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Hasan Gökkaya
Hasan Gökkaya
Der mutmaßliche Täter war in einem Frankfurter Schützenverein aktiv. Er sei Mitglied im Schützenverein Diana Bergen-Enkheim gewesen, bestätigte Thilo von Hagen, Sprecher des Deutschen Schützenbundes. Er sei ein "eher ruhiger Typ" gewesen, der in keiner Weise auffällig geworden sei.

Ähnlich äußerte sich auch der Vereinsvorsitzende. "Er hat keinerlei ausländerfeindliche Sprüche geklopft", sagte Claus Schmidt. "Mit dem konnte man sich ganz vernünftig unterhalten."
Hasan Gökkaya
Hasan Gökkaya
Laut dem nordrhein-westfälischen Innenminister Herbert Reul (CDU) gibt es keine Hinweise auf Verbindungen zu der am vergangenen Freitag aufgeflogenen rechten Terrorzelle. Dies gelte auch für andere rechtsextreme Netzwerke.

Er ordnete nach eigenen Angaben als Reaktion auf den Angriff eine Trauerbeflaggung in Nordrhein-Westfalen an. Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) habe außerdem mehrere für den Abend geplante Karnevalsveranstaltungen abgesagt.

Wichtig sei jetzt, deutlich zu machen, "dass wir eng an der Seite unserer ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger stehen", sagt Reul. Er habe angeordnet, dass die Polizeibehörden des Bundeslandes in diese Richtung noch einmal "sensibilisiert" würden. Es solle verstärkt Streife an Orten gefahren werden, an denen sich muslimische Mitbürger aufhalten. Konkret nannte er die landesweit 900 Moscheen während des morgigen Freitagsgebets. Zudem sollen die zuständigen Kontaktbeamten der Polizei den Moscheegemeinden unmittelbar Rat und Hilfe anbieten.
Christian Vooren
Christian Vooren
Christian Vooren/ZEIT ONLINE
Ein Kranz der Stadt Frankfurt am Main am Tatort Heumarkt in Hanau
Jurik Caspar Iser
Jurik Caspar Iser
Weitere Politiker verurteilen den Angriff von Hanau:

Der Außenpolitiker und Bewerber für den CDU-Parteivorsitz, Norbert Röttgen, warnt davor, den Angriff isoliert zu betrachten. "Wir müssen das Gift bekämpfen, das von der AfD und anderen in unsere Gesellschaft getragen wird", sagte Röttgen der Bild-Zeitung.

Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz sagte am Rande des EU-Gipfels in Brüssel, dies sei ein "abscheulicher rechtsradikaler Terroranschlag". Es zeige, dass man in Europa radikalem Gedankengut entschieden entgegentreten müsse.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach in Brüssel von "bewegten Gedanken an unsere deutschen Freunde nach der Schießerei von Hanau". In diesem "Moment der Trauer" stehe Frankreich in Solidarität zu Deutschland, sagte Macron. Es gelte, gegen Hass und Rassismus vorzugehen.
Tilman Steffen
Tilman Steffen
Die Ermittler gehen davon aus, dass der in einer Wohnung tot aufgefundene Mann – der mutmaßliche Täter – seine 72-jährige Mutter und sich selbst erschossen hat. "Beide wiesen Schussverletzungen auf, die Tatwaffe wurde bei dem mutmaßlichen Täter gefunden", sagt Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU). Die Ermittler vermuten bislang, dass der Täter allein handelte. Alle Einzelheiten zum hinterlassenen Schriftstück und zur Tat hat ein Team von ZEIT-ONLINE-Kolleginnen und -Kollegen zusammengetragen.