Es ist berechnet. Am Donnerstagnachmittag hat eine unabhängige Kommission von Finanzprüfern in der Landesvertretung von Rheinland-Pfalz in Berlin ihre Empfehlung für eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags vorgestellt. Wie bereits erwartet, könnte der Beitrag für alle Haushalte ab dem kommenden Januar bei 18,36 Euro statt wie bisher bei 17,50 Euro liegen. Die Empfehlung der Kommission geht nun an die Ministerpräsidenten und später an die Länderparlamente, die alle für eine Erhöhung stimmen müssen, damit sie umgesetzt wird.
Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, kurz KEF, rechnet in regelmäßigen Abständen Kosten und Erträge von ARD, ZDF und Deutschlandradio nach. Das Prozedere folgt einer festen Reihenfolge: Zunächst melden die Rundfunkanstalten ihren sogenannten Bedarf an, sagen also, wie viel Geld sie für einen Zeitraum von vier Jahren zu benötigen glauben. Bei ihrer aktuellen Anmeldung haben die Anstalten angegeben, dass sie insgesamt drei Milliarden Euro zusätzlich brauchen, um ihre Kosten zu decken. Dies hätte einem Rundfunkbeitrag von 19,24 Euro entsprochen.
Dann hat sich die KEF mit Sitz in Mainz daran gemacht, die Haushalte der Anstalten zu beleuchten und zu schauen, ob deren Anmeldungen tatsächlich berechtigt sind. Geprüft wird nach den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, der Vorsitzende der KEF ist mit Heinz Fischer-Heidlberger ein ehemaliger Präsident des Bayerischen Obersten Gerichtshofes. Die 16 Experten, aus jedem Bundesland einer, haben den Finanzbedarf der Anstalten laut ihrem Bericht nun um etwa die Hälfte gekürzt, weil sie beispielsweise davon ausgehen, dass es mehr zahlende Haushalte und Betriebe geben wird als von den Anstalten prognostiziert. Einige Anstalten wiederum hatten Eigenmittel im Haushalt, die sie bei ihrer Anmeldung nicht angegeben hatten.
Bleibt unterm Strich ein ungedeckter Finanzbedarf von 1,5 Milliarden Euro, der laut KEF mit zusätzlichen 86 Cent pro Haushalt ausgeglichen werden müsste. Von diesen 86 Cent gingen – eine Zustimmung durch die Länderparlamente vorausgesetzt – 47 Cent an die ARD, 33 Cent an das ZDF und vier Cent an das Deutschlandradio. Doch ob alle 16 Länder den 18,36 Euro wirklich zustimmen, ist noch nicht gesichert. Zunächst müssen die Ministerpräsidenten sich bei ihrer nächsten Zusammenkunft am 12. März einig werden. Einige Bundesländer, darunter Sachsen und Sachsen-Anhalt, hatten im Vorfeld signalisiert, dass sie den Beitrag stabil halten wollen. Und auch in Thüringen könnte es mit einer möglichen Minderheitsregierung kompliziert werden.
Käme es tatsächlich zu einer Ablehnung des Vorschlags, weil letztendlich ein Parlament dagegen stimmt, müsste sich vermutlich das Bundesverfassungsgericht des Falls annehmen. In einer Reihe von Entscheidungen hatten die Richter in Karlsruhe den Auftrag der Rundfunkanstalten und die Rechtmäßigkeit des Beitrags, den Kritiker eine „Zwangsabgabe“ nennen, bestätigt. Das Problem für die Anstalten, die ohnehin mit noch mehr Geld gerechnet haben, wäre in dem Fall allerdings, dass sie zunächst weiter nur Erträge aus dem bisherigen Betrag von 17,50 Euro bekämen.
Für Verstimmung bei den KEF-Prüfern haben einige Äußerungen von Verantwortlichen der öffentlich-rechtlichen Anstalten im Vorfeld der Präsentation gesorgt. So haben sowohl ARD-Chef Tom Buhrow wie auch ZDF-Intendant Thomas Bellut bei Pressekonferenzen gesagt, ihre Kassen würden „knapper“ oder es gebe „keinen Ausgleich für die Teuerungsrate“. Darum seien Kürzungen im Programm wahrscheinlich. Als ein Beleg dient ihnen beispielsweise die Tatsache, dass sich der Rundfunkbeitrag seit 2009 nicht erhöht habe. Obwohl das stimmt, flossen den Anstalten aber deutlich mehr Mittel zu, denn seit der Umstellung auf einen Haushaltsbeitrag ist das Beitragsaufkommen auf über acht Milliarden Euro und damit deutlich gestiegen.
Die KEF-Prüfer widersprechen darum den Behauptungen der Intendanten. In einer Stellungnahme stellt die Kommission fest: „Tatsächlich stehen den Anstalten in einer Periode 2021 bis 2024 deutlich mehr Mittel zur Verfügung als in der Periode 2017 bis 2020 notwendig.“ Die Intendanten verschweigen auch gern geflissentlich, dass sie über weitere Erträge aus Werbung und Sponsoring verfügen.
Insgesamt, so rechnet die KEF den Anstalten vor, hätten sie ihnen einen zusätzlichen Finanzaufwand von 1,8 Milliarden Euro für die künftige Beitragsperiode anerkannt – macht einen Zuwachs von 1,2 Prozent pro Jahr. Darüber hinaus berücksichtige die Kommission bei ihren Berechnungen sehr wohl allgemeine Preis- und Kostensteigerungen zwischen 2,0 und 2,5 Prozent.
Ein weiteres so pikantes wie brisantes Detail aus dem Bericht: Ein Budgetabgleich bei der ARD hat ergeben, dass in der ARD mit ihren neun Landesrundfunkanstalten zwischen 2017 und 2020 rund 740 Millionen Euro weniger ausgegeben wurden, als ihr davor anerkannt worden waren. Davon sind allein 413 Millionen dem Programmaufwand zuzurechnen – heißt: Für Programm bewilligtes Geld wurde nicht ins Programm gesteckt. Was einzelne Aussagen, man müsse nun „bei knappen Kassen“ am Programm sparen, widersprüchlich erscheinen lässt.