FC Bayern in der Champions League:Coutinho feiert sein Erweckungserlebnis

FC Bayern in der Champions League: Jubel nach dem Tor: Kollege Alphonso Davies (hinten) staunt über Philippe Coutinhos Freude.

Jubel nach dem Tor: Kollege Alphonso Davies (hinten) staunt über Philippe Coutinhos Freude.

(Foto: AFP)
  • Beim 3:1 (2:1) gegen Tottenham rechtfertigt Philippe Coutinho mit seiner bislang besten Leistung im Bayern-Dress den Vertrauensvorschuss der Vereinsoberen.
  • Die Leihgabe des FC Barcelona trifft dank seines feinfühligen Fußgelenks.
  • Unendlich geduldig können die Münchner mit dem Brasilianer nicht sein. Der FC Bayern besitzt eine Kaufoption für den Leihspieler, die er bis Mai ziehen muss.

Aus dem Stadion von Tim Brack

Vor dem abschließenden Gruppenspiel in der Champions League schickte Karl-Heinz Rummenigge noch eine Botschaft an Philippe Coutinho. Nicht etwa über Whatsapp, sondern übers Fernsehen. "Er muss sich an den deutschen Fußball gewöhnen und diese Geduld haben wir mit Neuzugängen", sagte der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern am Sky-Mikrofon vor dem Duell gegen Tottenham. Ob dieser öffentliche Vertrauensbeweis den Brasilianer vor dem Anpfiff erreichte? Coutinho stellte Rummenigges Geduld jedenfalls gar nicht erst auf die Probe: Beim 3:1 (2:1) gegen die Spurs rechtfertigte er mit seiner bislang besten Leistung im Bayern-Dress den Vertrauensvorschuss.

Das Tor dient als Coutinhos dringend benötigte Aufmunterung

Rummenigges öffentliches Bekenntnis zu Coutinho war notwendig, weil der vom FC Barcelona ausgeliehene Brasilianer vom Glanz, den das Etikett "zweitteuerster Spieler der Welt" erwarten lässt, noch nicht viel zeigen konnte in München. Gegen Tottenham hatte Coutinho nun womöglich sein Erweckungserlebnis. Der 27-Jährige schwang sich zum Taktgeber im bayerischen Offensivspiel auf, dirigierte seine Mitspieler mit wohltemperierten Pässen und war selbst torgefährlich. Sieben Torschüsse zählten die Statistiker am Ende, so viele wie die gesamte Spurs-Mannschaft aufbrachte. Einer von Coutinhos Versuchen landete im Tor - Tottenham schaffte auch nicht mehr Treffer.

Coutinhos erster Champions-League-Treffer für den FC Bayern ist eine dringend benötigte Aufmunterung in einer schwierigen Phase. Das weiß auch Hansi Flick, der seit seiner Übernahme als Cheftrainer seltener auf den offensiven Mittelfeldspieler setzt als sein Vorgänger Niko Kovac. "Für ihn ist es wichtig, solche Erfolgserlebnisse zu haben", sagte Flick. "Man hat gemerkt, dass in der ersten Halbzeit ein paar Dinge schon ganz gut gelaufen sind." Damit dürfte der Bayern-Trainer auch den fulminanten Schuss gemeint haben, der kurz vor dem Halbzeitpfiff an die Latte knallte und auf die Torlinie sprang. "Die zweite Halbzeit war dann noch etwas besser", fügte Flick an. Da traf Coutinho zum 3:1. "Es freut mich total, dass er heute ein Tor gemacht hat."

Es ist nicht so, dass Coutinho seit seiner Ankunft beim FC Bayern vier Monate lang auf seinen allerersten Treffer warten musste. Er verwandelte in der Bundesliga schon dreimal - allerdings nicht gerade gegen die Schwergewichte der Liga (Köln, Paderborn, Düsseldorf) und auch nicht besonders spektakulär (einmal per Elfmeter und zweimal ins leere Tor). Coutinhos Treffer gegen Tottenham war nun das Gegenteil davon, er war voller Schönheit: Noch vor seiner Ballannahme hatte der Mittelfeldmann seinen Kopf kurz Richtung Tor gedreht, die Verteidiger und den Torwart analysiert. An der Strafraumgrenze zuckte er dann einmal und lenkte den Ball mit seinem feinfühligen Fußgelenk um die Abwehrspieler herum ins untere rechte Eck - unhaltbar für den Torwart.

Ob Coutinho länger in München bleibt, ist noch fraglich

Den Brasilianer nur auf seine exzellente Schusstechnik zu reduzieren, wäre falsch. Er gibt dem Münchner Mittelfeld eine kreative Facette, die kaum ein anderer im Kader einbringen kann. Seine Liebe zum Ball ist wohl grenzenlos. Sie hat allerdings zwei Seiten: Manchmal behält Coutinho das Spielgerät ein bisschen zu lang am Fuß, verschleppt so das Spiel. Bei Attacken des Gegners profitieren die Münchner dann wiederum von seiner engen Beziehung zum Ball. Gegen Tottenham trieb Coutinho beispielsweise sein Spielchen mit Giovani Lo Celso, der glaubte, den Ball vom Brasilianer stibitzt zu haben, bis dieser doch wieder an Coutinhos Fuß auftauchte. Es war ein Moment, in dem ein anerkennendes Raunen durch die Münchner Arena ging.

Szenen wie diese dürften Coutinho Selbstvertrauen schenken, das er im Kampf um einen Stammplatz auch benötigt. Im Bayern-Mittelfeld herrscht ein größeres Gedränge als auf einem überfüllten Weihnachtsmarkt. Dass dann auch mal ein Spieler von Coutinhos Qualität keinen Platz findet, gehöre zu den ganz normalen Mechanismen im Profifußball, hatte Flick kurz nach seiner Amtsübernahme erklärt. Dem Interimstrainer ist auch das Nach-vorne-Verteidigen wichtig, in dieser Kategorie ist bei Coutinho durchaus noch Steigerungspotenzial im Vergleich zur Konkurrenz.

Unendlich geduldig können weder Flick noch Rummenigge mit dem Brasilianer sein. Denn der FC Bayern besitzt eine Kaufoption für den Leihspieler. "Die Klausel müssen wir bis Ende Mai ziehen", erklärte Rummenigge. 120 Millionen Euro beträgt angeblich die Ablöse. Das ist viel Geld. Coutinho wird also noch das ein oder andere Tor schießen müssen.

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