Catull war ein raffinierter Wortdrechsler, ein sensibler Beobachter – und ein Saukerl. Hörte er von Zeitgenossen, dass sie seine Literatur nicht mochten, wurde er in seinen Texten ausfällig, schimpfte die Kritiker «Tunte» oder «Schwuchtel» und drohte, sie allesamt zu vergewaltigen.
Ist Catull zumutbar? Soll man vor ihm warnen? Soll man ihn zensieren? Falls ja: mit welchen Konsequenzen? Zumal der Römer ja bei weitem nicht der einzige antike Schreiber ist, der obszön und gewalttätig, aus heutiger Sicht eindeutig sexistisch dichtete.. Ulrich Eigler, hochgewachsener Gelehrter im rustikalen Janker und ausgewiesener Experte der augusteischen Epoche, kommt gerade von der Uni Zürich.
Letzten Monat veröffentlichte die Basler Lateinprofessorin Katharina Wesselmann auf «Zeit online» den«Metamorphosen der Gewalt». Wesselmann stellt bei Ovid den «Male Gaze» fest, einen lüstern-machoiden Blick auf Frauen, und empfiehlt einen neuen, feministischen Blick auf die alten Texte. An der Uni Zürich, der grössten Schweizer Universität, studieren gerade noch 120 im Hauptfach. Das Interesse schwindet, Bildungspolitiker und Bildungsbürger wenden sich ab. «Das gebildete, städtische Milieu, das sein Flair fürs Latein über Generationen pflegte und uns traditionell immer zugeneigt war, gibt es nicht mehr», sagt Ulrich Eigler.
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