Dass Saša Stanišic wütend ist, wusste man schon vor seiner Dankesrede.
So klingt Saša Stanišic, wenn er wütend ist. Wobei man ihn sich eigentlich nicht als wütenden Zeitgenossen vorstellen sollte. Im Gegenteil: Stanišic mag die meisten Menschen, das merkt man im Gespräch mit ihm und auch, wenn man seine Bücher liest. Dabei schreibt er über Krieg, Gewalt, Demütigung – ohne jedoch zum Voyeur zu werden. Stanišic ist als Mensch wie als Autor überaus höflich.
Saša Stanišic ist vom Nobelpreis für Handke doppelt getroffen: einmal als Schriftsteller, der eine eitle, ästhetizistischeablehnt, und dann als Autor, der sich in seinem Schreiben intensiv mit seiner Herkunft auseinandergesetzt hat. «Herkunft», so lautet auch der Titel seines aktuellen Romans, den die Jury in Frankfurt zum besten Buch des Jahres gewählt hat.
In all seinen Werken, am stärksten in «Herkunft», wird klar, dass das Abschweifen in die Fantasie für sein Schreiben zentral ist. Stanišic, der mittlerweile fast 26'000 Tweets abgesetzt hat, manche witzig, manche wütend, weiss, wovon er spricht, wenn er von Abschweifung spricht. Tatsächlich entstehen Teile seiner Texte oft zuerst in 280-Zeichen-Nachrichten. Twitter ist ihm Zeitvertreib, vor allem aber Medium der Zeitgenossenschaft.
Der Krieg, in dem der Nobelpreisträger Partei ergriff, indem er sich «exklusiv an die Seite der Mörder und Milosevic-Freunde» stellte, nahm Saša Stanišic Familienmitglieder, Freunde und seine Heimat. Dieser Verlust ist so etwas wie ein Lebensthema, dem er mit seinem Schreiben begegnet: die schwierige Suche nach jenem Ort, an dem man zufällig geboren wurde, an dem man aber nicht mehr sein kann. Saša Stanišic hat sich vorgenommen, diesen Ort zu erfinden.
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