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Schweizer mögen die Rega, aber nicht den Marlboro-Mann

Rang 1: Die Rega überzeugt mit ihrem Beitrag für das ­Gemeinwohl. Foto: Thomas Lüthi, Rega

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Die Bevölkerung sorgt sich um das Gemeinwohl. In einer breit angelegten, repräsentativen Befragung unter rund 15'000 Einwohnern in der ganzen Schweiz äusserten sich 73 Prozent «besorgt, dass dem Gemeinwohl in der Schweiz zu wenig Beachtung geschenkt wird». Derzeit gibt vor allem das steigende gesellschaftspolitische Bewusstsein der Generation Z zu reden, die ab 1995 Geborenen, Schüler, Studenten und viele der von Greta Thunberg inspirierten Klimademonstranten. Doch machen sich eher deren Grosseltern Gedanken: 79 Prozent der Befragten im Pensionsalter sind besorgt um das Gemeinwohl, bei den 18- bis 24-Jährigen sind es nur 55 Prozent.

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Das sind Ergebnisse aus dem Schweizer Gemeinwohlatlas, den ein Team der Universität St. Gallen in Zusammenarbeit mit der Handelshochschule Leipzig unter Leitung der Professoren Peter Gomez und Timo Meynhardt dieses Jahr zum vierten Mal erstellt hat. Der Gemeinwohlatlas versucht zu messen, welchen Beitrag die bekanntesten Organisationen in der Schweiz für die Gesellschaft leisten. Die Befragten bewerteten 110 Institutionen wie in der Schule mit Noten zwischen 1 und 6.

An der Spitze der Rangliste steht die Schweizerische Rettungsflugwacht Rega. Auf Rang 2 folgt die Pflegeorganisation Spitex-­Verband Schweiz, auf Rang 3 Pro Senectute, die sich für das Wohl von älteren Menschen einsetzt.

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«Wir freuen uns sehr über das grosse Vertrauen, das uns die Schweizer Bevölkerung entgegenbringt. Es ist uns Ansporn, uns auch in Zukunft für die bestmögliche professionelle Hilfe aus der Luft einzusetzen – zum Wohl der Patienten», sagt Ernst Kohler, Chef der Rega, zum Spitzenrang seiner Organisation. Im vergangenen Jahr organisierte sie über 17 000 Einsätze zur Rettung von Verunfallten und Kranken. An der Spitze der Rangliste stehen naturgemäss Organisationen mit einem gemeinwohlorientierten Leistungsauftrag – gemeinnützige Organisationen, Vereine, Stiftungen des Gesundheits- und Sozialwesens, nicht gewinnorientierte Genossenschaften sowie Behörden und Institutionen der öffentlichen Hand. Aber auch aus diesem Bereich erhalten nicht alle nur gute Noten. Organisationen, die die hohe Sorge ums Gemeinwohl in der Schweiz nicht ernst nehmen, werden deutlich abgestraft.

Sportvereine und Verbände tun zu wenig für die Gesellschaft

Vor allem Vereine und Verbände aus dem Sport leisten in den Augen der Bevölkerung einen ungenügenden Beitrag zum Gemeinwohl: Die Korruptionsskandale um die in der Schweiz ansässigen Sportverbände Fifa, Uefa und Internationales Olympisches Komitee oder die Hooligan-Probleme der Fussballvereine zeigen hier offensichtlich Wirkung.

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Die im Wettbewerb stehenden privaten Unternehmen haben es in solchen Umfragen naturgemäss schwer. Sie müssen Gewinn erzielen, sonst verschwinden sie vom Markt. Profitstreben wird aber nicht nur in der Bibel, sondern auch in der Literatur oder im Kino fast durchwegs als schädlich dargestellt. Selbst wenn zwei Organisationen genau die gleiche Leistung erbringen und den gleichen gesellschaftlichen Wert stiften, werden sie in der Bevölkerung unterschiedlich bewertet, wie Untersuchungen zeigen. Allein das Etikett «gewinn­orientiert» genügt, um die Aktivität als schädlicher oder weniger wertschöpfend einzustufen.

Am besten bewertet im Gemeinwohlatlas werden die als Genossenschaften organisierten Händler Migros (Rang 12), Volg (17), Coop (19) und Landi (22) sowie der Versicherer Mobiliar (18). Bestplatziertes privatwirtschaftliches Unternehmen ist der Sanitärkonzern Geberit mit Sitz in Rapperswil-Jona auf Rang 28, der seit vielen Jahren mit qualitativ hochwertigen und innovativen Produkten auch wirtschaftlich sehr erfolgreich ist.

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Wenig Gewinner, viele Verlierer

Nur 10 Organisationen konnten sich verbessern, vorneweg die BSC Young Boys. Der Berner Fussballclub hat schweizweit Sympathien gewonnen, nachdem der ewige Zweite endlich Meister wurde. Spürbar besser schnitt auch die Grossbank Credit Suisse ab, welche die UBS überholt hat.

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Nestlé ist der grosse Absteiger

Grösster Verlierer war Nestlé, der Nahrungsmittelkonzern schnitt mehr als eine halbe Note schlechter ab als 2017. Er ist eine beliebte Zielscheibe von Nichtregierungsorganisationen, wenn es um Kritik an Plastikabfall, Wasserproblemen oder den Zuckergehalt in Produkten geht. «Nestlé lässt sich seit jeher vom Grundsatz leiten, dass unsere Geschäftstätigkeit auch dem Allgemeinwohl, also der Gesellschaft zugute kommen muss», nimmt das Unternehmen Stellung, und verweist auf eine Reihe von Leistungen für Gesellschaft und Umwelt. Die Produkte sind bei Kunden beliebt, sonst wäre das Unternehmen wirtschaftlich nicht so erfolgreich. Der Aktienkurs stieg in den letzten zwei Jahren um gut 30 Prozent.

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Wenig überraschend nach dem Skandal um den langjährigen Chef Pierin Vincenz ist der Absturz von Raiffeisen. Die Bank wurde um eine Drittelnote schlechter bewertet als 2017. Dagegen wird der Beitrag der Post zum Gemeinwohl trotz Postautoskandal unverändert hoch eingeschätzt. Auffällig ist jedoch, dass die Postfinance etwas schlechter beurteilt wird, möglicherweise wegen der Gebührenerhöhung auf Anfang Jahr. Abgestraft wurden die Tech-Giganten, allen voran Amazon, Facebook und Apple, die alle mehr als eine Viertelnote einbüssten. Die Debatten um Privatsphäre, Datenschutz und Manipulation zeigen Wirkung. Etwas besser hielten sich Google und Microsoft.

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Wie viel gesamtgesellschaftliche Verantwortung Unternehmen tragen sollten, ist umstritten. Kürzlich haben über 180 Wirtschaftsführer der grössten US-Unternehmen, die in der Lobbyorganisation «Business Roundtable» zusammengeschlossen sind, dem Primat des Shareholder-Value abgeschworen. Neu sollen Unternehmen neben den Aktionären gleichzeitig vielfältigen Interessengruppen wie Arbeitnehmern, Kunden oder Lieferanten dienen, und auch soziale und ökologische Ziele fördern. Gerhard Schwarz, Ex-Chef der Denkfabrik Avenir Suisse, geisselt diese Haltung in der NZZ als «Zeitgeist-Surfen auf den Teppichetagen».

Lieber in einer Organisation arbeiten, die auch Gutes tut

Doch den Erfindern des Gemeinwohlatlas genügt es nicht, dass Unternehmen ihr Kerngeschäft effizient erledigen, Gewinn machen und damit Löhne, Lieferanten und Steuern zahlen. «Der Begriff der Wertschöpfung muss über das rein Ökonomische hinaus ausgeweitet werden», sagt der ehemalige Rektor der Hochschule St. Gallen und Patron des Projekts, Peter Gomez. Studienleiter Timo Meynhardt warnt: «Ohne gesellschaftliche Akzeptanz wird die effiziente Erledigung des Kerngeschäfts in Zukunft kaum mehr möglich sein.»

Mit dem Gemeinwohlatlas halte die Gesellschaft ihren Organisationen den Spiegel vor. Die Unternehmen sollten diese Ansprüche der Bürger ernst nehmen, findet Meynhardt, und die Chancen erkennen, die sich daraus ergeben. So gehe es zum Beispiel darum, als Arbeitgeber für Talente attraktiv zu sein, die nach mehr als einem guten Gehalt fragen und einen Beitrag zum Gemeinwohl leisten wollen. 78 Prozent der Befragten geben an, sie arbeiteten «lieber in einer Organisation, die das Gemeinwohl hochhält», selbst wenn sie dabei weniger verdienen würden.

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Das ist nicht nur leeres Gerede, wie eine kürzlich veröffentlichte Untersuchung dreier US-Ökonomen eindrücklich bestätigt. Daniel Hedblom, Brent Hickman und John List gründeten ein echtes Unternehmen, um festzustellen, wie sich der Unternehmenszweck – in diesem Fall die Unterstützung benachteiligter Kinder – auf die Rekrutierung von Mitarbeitern auswirkt. Wenn das Unternehmen damit warb, Gutes zu tun, stieg die Zahl der Bewerber um 25 Prozent. Es konnte sich auch leisten, spürbar tiefere Löhne anzubieten. Die Mitarbeiter, die mit der Botschaft, Gutes zu tun, angeworben wurden, erwiesen sich zudem als besser qualifiziert und deutlich produktiver im Job als jene, die sich für einen normalen Unternehmenszweck rekrutieren liessen.

«Das Gemeinwohl schrumpft», warnt der Experte

Das gegenüber 2017 klar schlechtere Abschneiden der allermeisten Organisationen, sollte eine Warnung sein, findet Timo Meynhardt, Professor der Universität St. Gallen und Leiter des Projekts. «Das Gemeinwohl schrumpft. Führungskräfte sollten diesen Rückgang als Warnung sehen, die mindestens so viel Aufmerksamkeit erfordert, wie das regelmässig angedrohte Schrumpfen der Wirtschaft.»

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Dieser Text stammt aus der aktuellen Ausgabe. Jetzt alle Artikel im E-Paper der SonntagsZeitung lesen: App für iOS – App für Android – Web-App