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Bolsonaro muss gestoppt werden

An seine Vernunft zu appellieren, ist vergeblich: Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro. Foto: Reuters

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In einem Punkt hat Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro recht: Es wirkt verlogen, wenn Europäer mit ihrem verheerenden ökologischen Fussabdruck und ihrer unseligen Geschichte aktueller und historischer Umweltsünden einem Schwellenland umweltpolitische Moralpredigten halten. Aufgrund der Kolonialgeschichte reagiert man in Lateinamerika auf Einmischungsversuche von aussen ohnehin empfindlich. Bolsonaro ist ein Meister darin, diese aus Hassliebe, Minderwertigkeitskomplexen, Ressentiments und berechtigtem Nationalstolz bestehende öffentliche Gefühlslage propagandistisch auszuschlachten.

Es trifft auch zu, dass die brasilianischen Umweltgesetze, gerade jene zum Schutz des Amazonas-Regenwaldes, auf dem Papier streng und fortschrittlich sind. Verabschiedet wurden sie aber nicht von Bolsonaro, sondern von früheren Regierungen. An der Um- und Durchsetzung dieser Gesetze hat es schon immer gemangelt, und diese Malaise hat sich seit Bolsonaros Amtsantritt im Januar 2019 dramatisch verschlimmert.

Offenkundige Irrationalität

Der Regenwald im Amazonasgebiet hat für Klima, Biodiversität und die Produktion von Sauerstoff eine derart überragende globale Bedeutung, dass es absolut gerechtfertigt ist, wenn sich die internationale Gemeinschaft angesichts des gegenwärtigen Desasters einmischt und den brasilianischen Präsidenten unter Druck setzt. Darauf antwortet Bolsonaro mit Sprüchen wie: «Das geht nur uns etwas an, haltet euch da gefälligst raus.» Das ist etwa so, wie wenn ein Land Dioxin ins Meer fliessen liesse und sich darauf berufen würde, dass das ja in seinen eigenen Territorialgewässern geschehe.

Der Druck der EU, der UNO und weiterer Teile der internationalen Gemeinschaft ist umso berechtigter, als sich Bolsonaro in seiner ideologischen Verblendung ausserstande zeigt, auch nur im Entferntesten angemessen auf die Umweltkatastrophe im Amazonasgebiet zu reagieren. Weil er die Massnahmen gegen illegalen Kahlschlag und Brandrodung schleifen lässt, ist die Abholzung allein seit seinem Amtsantritt im Januar verglichen mit derselben Periode im Vorjahr um 39 Prozent gestiegen. Im Juli beträgt der Zuwachs gegenüber Juli 2018 sogar fast 280 Prozent. Als das brasilianische Institut für Weltraumforschung, das für die Überwachung des Regenwaldes per Satellit zuständig ist, diese katastrophalen Daten bekannt gab, reagierte Bolsonaro nach dem Motto: Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Er bestritt die Daten seiner eigenen Behörde und entliess deren Chef.

Die EU sollte die Ratifizierung des Freihandelsabkommens mit der südamerikanischen Staatengemeinschaft Mercosur aussetzen.

Ausserdem behauptet er, ONG und politische Gegner hätten die Brände gelegt, um dem internationalen Ansehen seiner Regierung zu schaden – als ob das angesichts der offenkundigen Irrationalität des Regierungschefs überhaupt noch notwendig wäre. Selbstverständlich hat Bolsonaro nicht den geringsten Beweis für seine Behauptung vorgelegt.

An Vernunft und Einsicht eines solchen Mannes zu appellieren, ist vergeblich. Es gibt lediglich zwei Dinge, die sich als wirksam erweisen könnten: dass Brasilien aufgrund der intellektuellen und politischen Unzurechnungsfähigkeit seines Präsidenten ökonomische Nachteile erwachsen. Genau dies muss das Ziel der EU sein. Wie von Umweltschutzorganisationen gefordert, sollte die Ratifizierung des Freihandelsabkommens mit der südamerikanischen Staatengemeinschaft Mercosur durch die EU-Parlamente so lange ausgesetzt werden, bis Bolsonaro von seinem ökologischen Amoklauf ablässt. Und die Schweiz sollte bis auf weiteres darauf verzichten, ein bereits unterschriftsreifes Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Ländern zu unterzeichnen. Europäische Arroganz hin oder her.

Der zweite Umstand, der Bolsonaro beeindrucken dürfte, ist der drohende Popularitätsverlust im eigenen Land. Wenn es, wie kürzlich geschehen, in der Millionenmetropole São Paulo wegen der gigantischen Rauchwolken über dem 3000 Kilometer entfernt gelegenen Amazonasgebiet mitten am Nachmittag plötzlich stockdunkel wird – dann ist das ein überdeutliches Zeichen, dass die Situation ausser Kontrolle ist. Nach menschlichem Ermessen müsste dies selbst Bolsonaros Anhängern zu denken geben.