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Die dreisten Maschen der Immo-Betrüger

Was für eine Hammerwohnung! Drei Zimmer auf insgesamt 95 Quadratmetern mitten in Zürich – und das für nur 1100 Franken pro Monat! Die Fotos des Inserats auf Homegate zeigen eine modern eingerichtete Wohnung auf wunderbar mattem Riemenparkett. Das Bad hat eine dieser bodenebenen Duschen, in denen man sich wie unter einem natürlichen Wasserfall in einer Grotte fühlt. Das ist ja zu gut, um wahr zu sein! Schnell dem Vermieter, Gabriel, eine Nachricht schicken.

Moment. Das ist wirklich zu gut, um wahr zu sein. Wieso gibt Gabriel seinen Nachnamen nicht an? Was sollen all die schön gefalteten Handtücher in den Bädern? Und wieso läuft da ARD im Fernseher? Das sieht ja eher aus wie ein Hotel.

Die Google-Bildersuche gibt Gewissheit: Die schönen Fotos stammen nicht aus einer Wohnung in Zürich, sondern aus Suiten des «Boardinghouse Golden Ball» in der Nähe von München.

Tatsächlich stammen die Bilder aus Suiten des «Boardinghouse Golden Ball» bei München. (Bild: Screenshot goldenball.de)

Da kommt auch schon ein E-Mail des vermeintlichen Vermieters zurück: Gabriel heisst jetzt plötzlich Davide und schreibt auf Englisch. Es tue ihm sehr leid, er sei zurzeit arbeitshalber in Grossbritannien und habe erst nach der Ankunft in Leeds beschlossen, die Wohnung zu vermieten. Die Zahlung soll über das Vermittlungsportal Airbnb abgewickelt werden. Das habe ja auch den Vorteil, dass es mich vor Betrügern schütze, bemerkt Davide fürsorglich.

Auf die Kaution abgesehen

Wenige Stunden später reagiert Homegate: «Fake war online», titelt die Plattform das E-Mail und rät, «jegliche Kontakte zum Inserenten abzubrechen». Das wäre wohl die vernünftigste Option, aber eine Frage bliebe ungelöst: Wie will Davide über Airbnb an mein Geld kommen?

In einem weiteren E-Mail erklärt Davide seine Masche im Detail. Er brauche noch einige persönliche Details, dann werde er die Wohnung auf Airbnb stellen und auf meinen Namen buchen, behauptet er. Aber er hat es offensichtlich auf die Kaution von drei Monatsmieten abgesehen, die er vor der Besichtigung will. «Wenn Sie nach der Besichtigung mit der Wohnung nicht zufrieden sind, stornieren Sie die Reservierung, und das Geld wird Ihnen zurückerstattet», schreibt er. Als ich ihm dann keine Passkopie schicke, bricht der Kontakt ab.

Airbnb hält auf Anfrage fest, Kunden der Plattform sollten «niemals» aufgefordert werden, Geld direkt zu überweisen, Kreditkarteninformationen anzugeben, oder anderweitig einen Vermieter direkt zu bezahlen.

«Ein stetiges Wettrüsten»

Carina Schönenberger von Homegate bestätigt auf Anfrage noch einmal, dass es sich um eine Fälschung handelte. Die Plattform erhalte monatlich rund 20 bis 30 gefälschte Inserate. «Wir prüfen jedes Inserat von Hand, bevor es aufgeschaltet wird», erklärt die Mediensprecherin. Im aktuellen Fall bot Davide seine fiktive Wohnung zunächst für 7800 Franken an, passte dann den Preis aber nach der Prüfung nach unten an.

Die Betrugsmaschen mit gefälschten Onlineinseraten hätten bei Homegate 2015 ihren Höhepunkt erreicht. «Das Problem ist aktuell nicht mehr so gross wie früher», erklärt Schönenberger. In den letzten Jahren blieb die Anzahl abgefangener Fälschungen in etwa stabil.

Etwas anders sieht die Lage bei Immoscout24 aus. «Wir kämpfen grob geschätzt pro Tag mit 15 bis 20 gefälschten Wohnungsinseraten», sagt Direktor Martin Waeber auf Anfrage. Dank eines «immensen Aufwands» gelinge es, «99,9 Prozent der betrügerischen Anzeigen bereits im Insertionsprozess zu entdecken.» Dennoch könne das Unternehmen nicht garantieren, dass nicht einzelne betrügerische Inserate online gehen. «Als Plattformbetreiber sind wir stark auf die Sensibilität und Vorsicht der Nutzer und Kunden angewiesen», so Waeber.

Glaubwürdige Details, marktübliche Preise

Aus Sicht von Immoscout24 haben die Betrugsversuche zugenommen. Besonders in den grösseren Städten wie Zürich, Genf, Lausanne und Basel werde aus der herrschenden Wohnungsnot versucht, Kapitel zu schlagen.

Auch die Vorgehensweise der Betrüger werde immer professioneller. «Es ist ein stetiges Wettrüsten», erklärt Waeber. Statt der holprigen Texte von früher würden Betrüger heutzutage oft beinahe fehlerfrei schreiben und ihre Inserate mit glaubwürdigen Details zur Immobilie ausschmücken. Zudem würden die Objekte selten jenseits der Marktpreise angeboten.

«Ein seriöser Anbieter fragt nie nach Geld vor der Besichtigung.»

Carina Schönenberger von Homegate

Immoscout24 warnt vor einer noch dreisteren Masche, die Betrüger in letzter Zeit einsetzen: Sie kopieren professionelle Inserate von echten Verwaltungen und Maklern eins zu eins – «gleiche Objektbilder, gleiche Beschreibung, gleicher Preis, gleiche Logos, gleiche Adresse, gleiche Rechnungsadresse und Telefonnummer», erläutert Waeber. Der einzige Unterschied: Sie hinterlegen ihre eigene E-Mail-Adresse – und so tappen ihre Opfer dann in die Falle.

Einen möglichen Grund für das oft schlechte Deutsch in den Inseraten nennt Schönenberger von Homegate: Bei den Betrügern handle es sich gemäss ihren Erfahrungen oft um Personen, die auch aus dem Ausland agieren.

Betrüger erkennt man aber am besten daran, dass sie vor der Besichtigung der Wohnung Geld verlangen. Schönenberger stellt klar: «Ein seriöser Anbieter fragt nie nach Geld vor der Besichtigung.» Das sagt auch Waeber von Immoscout24: «Eine solche Vorauszahlung gibt es in der Schweiz gar nicht. Ein Haus oder auch eine Wohnung kann immer zuerst besichtigt werden.»