Kosten-Hammer für Versicherte: Darum steigen die Krankenkassenprämien für 2023

Einen Schuldigen für die starken Prämienaufschläge zu suchen, ist tricky. Nach der Pandemie ist die Sicht auf die Gesundheitskosten differenzierter als vorher. Die Pandemiebekämpfung zeigte nämlich, dass zu wenig Intensivpflegebetten vorhanden waren. Bundesrat Alain Berset und die Kantone hatten es schwer, die notwendigen Behandlungsplätze zusammenzubringen. Es fehlte an Personal – und dessen Überstunden waren gewaltig. Ein ungedeckter Check. Irgendjemand muss diesen jetzt bezahlen. Das sind die Krankenkassen – und nun indirekt die Prämienzahler. Denn die mittlere Prämie steigt im kommenden Jahr um 6,6 Prozent. Doch plötzlich war man froh, dass es noch Reservebetten gab, die die Politik zuvor vergeblich abbauen wollte, als es Proteste gab. Die überflüssigen Betten in Regionalspitälern sind nämlich teuer. Aber jetzt merkt man, dass es gut ist, eine gewisse Reserve zu haben, obwohl sie etwas mehr kostet. Dennoch sind die Spitalkosten ein hoher Kostenblock. Viele Menschen gehen noch immer wegen Lappalien ins Spital und verursachen hohe Kosten. Die ambulanten Kosten der Spitäler sind zuletzt um 9,4 Prozent gestiegen.Was können Versicherte gegen hohe Aufschläge tun? Was können die verärgerten Versicherten tun? Der Bund macht ihnen den Vergleich wirklich einfach. Gehen Sie auf Priminfo.ch. Dort muss man Ort, Alter, Versicherung und Prämienmodell eingeben. Auf einen Klick zeigt sich dann, welche Kassen und Prämienmodelle günstiger wären. Danach braucht es nur noch den Entschluss, die Kasse oder das Prämienmodell zu wechseln. Die Unterschiede sind beträchtlich. Der Wechsel zum günstigsten Angebot erspart einem oft den ganzen Prämienaufschlag. Die Kantone schauen oft einfach zu, weil sie sich freuen, dass ihre Spitäler so finanziert werden. Dabei wäre es ihre Aufgabe, die hohen Behandlungskosten in Spitälern, ob ambulant oder stationär (über Nachtaufenthalte), zu senken. Die Übernachtung kostet oft 3000 bis 6000 Franken pro Nacht. Der Bund will mit einem neuen Tarifmodell Anreize fürs Kostensenken schaffen, aber die Betroffenen, Spitäler, Kantone, Ärzte und Therapeutinnen wehren sich dagegen. Sie sind damit auch Kostentreiber. Hohe Medikamentenpreise Ein zweiter Kostentreiber sind die Medikamentenpreise. 8 Milliarden Franken jährlich. Immer zahlreicher, immer besser, aber auch immer teurer sind die Medikamente, und zwar nicht nur die innovativen, sondern auch die Kopien (Generika). Bundesrat Alain Berset wollte vom Parlament, dass es auf die Hersteller Druck ausübt über ein neues Preismodell, das 300 Millionen Franken einspart. Doch das Pharmalobbying war gut, auch in den Medien, und die bürgerliche Seite verhinderte das Preismodell. Berset sagte, dass man damit 1 Prozent Prämienaufschlag hätte einsparen können – ergo 5,6 Prozent statt 6,6 Prozent wie jetzt. Die Kostentreiber sind hier die Bürgerlichen und eine Pharma, die sich am Gesundheitswesen bedient. Immer mehr Behandlungen Der Haupttreiber der Prämienanstiege sind aber die Versicherten selbst. Sie erhalten oder sie konsumieren als Patienten immer mehr und immer teurere Behandlungen als früher. Und sie haben kaum finanzielle Anreize fürs Sparen, denn «schliesslich» zahlt die Krankenkasse 90 Prozent der Kosten. Ob es im individuellen Fall all die Behandlungen braucht, die heute oft unternommen werden, weiss man nicht. Gesundheitsexperten gehen davon aus, dass eine geführte Therapie billiger und besser sein würde. Dies würden schon die HMO- und Hausarztmodelle zeigen. Beispiel Krebs: Zur Therapie werden heute sehr viele teure Medikamente eingesetzt und viele Untersuchungen mit teuren Maschinen gemacht. Die Behandlung kostet pro Jahr im Schnitt rund 150’000 Franken. Bei zuletzt 45’000 an Krebs erkrankten Personen in der Schweiz führt dies zu jährlichen Kosten von 6 Milliarden Franken – fast ein Zehntel der Gesundheitskosten. Auch hier gilt: Ob es alle Behandlungsschritte braucht, ist umstritten. Nur ein obligatorisches elektronisches Patientenbüchlein könnte Klarheit schaffen. Doch ein solches verhindert die bürgerlicher Mehrheit im Parlament seit Jahren. Prämienverbilligungen: Die falsche Therapie Weil die Politik scheinbar machtlos ist, will sie die Prämien immer stärker subventionieren, statt die Kosten und Behandlungsformen zu deckeln. Zuletzt im National- und im Ständerat: Eine Mehrheit von SP und Mitte verlangen seit letzter Woche viel höhere Prämienverbilligungen des Bundes als bisher. Kostenpunkt: plus eine 1 Milliarde Franken. Sie würden über die Steuern bezahlt. Bereits heuer zahlt der Bund 2.9 Milliarden Franken Prämienverbilligungen und per nächstes Jahr wird die Subvention automatisch auf 3.7 Milliarden erhöht, weil es so im Gesetz steht. Damit erreichen die Protagonisten aber gerade das Umgekehrte: nämlich dass die Prämienzahlenden noch weniger finanzielle Anreize haben werden, sich zu überlegen, ob ein Arzt-, Spital- oder Therapeutenbesuch wirklich nötig ist und ob es ein weiteres Medikament braucht. Denn wer nicht zahlt, der spart auch nicht. Die Sicht auf die Prämien ist eine sehr individuelle. Wer kaum zur Behandlung muss, wird sich jetzt ärgern, dass die Prämien so stark steigen: je nach Kanton zwischen 3,9 bis 9,5 Prozent. Wer aber zuletzt häufig beim Arzt oder im Spital war, wird sich ehrlicherweise sagen müssen: Die Erhöhung ist nur fair. Ich habe stark mitkonsumiert, ergo habe ich die Kosten des Gesundheitsmenus mitzutragen. So gesehen dürften die meisten den Prämienaufschlag einfach durchwinken, vor allem wenn er durch Prämienverbilligungen durch den Staat berappt wird.

Kosten-Hammer für Versicherte: Darum steigen die Krankenkassenprämien für 2023

Darum steigen die Krankenkassenprämien weiter an