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Morde in OsloSchwarzer Regenbogen

Teilnehmer einer spontanen Pride-Parade legen nach den tödlichen Schüssen am Tatort Blumen nieder.

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Die norwegische Polizei stuft die tödlichen Schüsse im Osloer London Pub in der Nacht zum Samstag im Moment als islamistischen Terrorakt ein. Das erklärte ein Sprecher des Polizeisicherheitsdienstes PST auf einer Pressekonferenz in Oslo am Samstagnachmittag. Gleichzeitig stufte der PST die terroristische Bedrohungslage hoch von mässig auf aussergewöhnlich. Die Polizei habe derzeit keine Hinweise darauf, dass weitere Anschläge geplant seien, die Erfahrung zeige jedoch, dass Terrorakte potenzielle Nachahmer inspirieren könnten. Der mutmassliche Täter, ein Norweger iranischer Herkunft, ist in Polizeigewahrsam und sollte am Samstagnachmittag verhört werden.

Zwei Menschen starben, mindestens 21 wurden verletzt in der Nacht zum Samstag bei einem Anschlag im Osloer London Pub, einem beliebten Treffpunkt der queeren Szene des Landes. Olaf Rønneberg, ein Journalist des öffentlich-rechtlichen Senders NRK war selbst im London Pub und schilderte, wie er den Täter kommen sah. Er habe die Tasche abgestellt, eine Waffe hervorgezogen und angefangen zu schiessen. «Zuerst dachte ich, es sei ein Luftgewehr. Dann ging Glas zu Bruch und ich verstand, dass ich in Deckung gehen musste.»

Der Anschlag geschah am Vorabend der in Oslo für dieses Jahr besonders gross geplanten Pride-Parade. Viele Menschen aus der LBGTQ-Szene hatten sich zum Feiern getroffen. «Es waren so viele fröhliche Menschen auf den Strassen. Die Leute feierten Pride und die Strassencafés waren voll», sagte Rønneberg der Zeitung Aftenposten. «Dann kippte alles in Panik und Verzweiflung und auf den Strassen lagen Tote.»

Ministerpräsident Jonas Gahr Störe sprach von einem «schrecklichen und zutiefst schockierenden Angriff» auf unschuldige Menschen. «An diesem Tag sollten wir die Liebe feiern und die Strassen in den Farben des Regenbogens färben. Stattdessen sind wir voller Trauer», sagte Støre auf einer Pressekonferenz am Samstag. «Noch wissen wir nicht, ob die queere Szene das Ziel war, aber wir wissen, dass die queere Szene das Opfer ist.» Eine sichtlich mitgenommene Kulturministerin Anette Trettebergstuen sagte der Presse, der Regenbogen sei nun «schwarz gefärbt»: «Letzte Nacht wurden meine Freunde erschossen und unschuldige Menschen getötet». Auch König Harald zeigte sich in einer Mitteilung des Palastes «entsetzt» über die Tat. «Wir müssen zusammenstehen, um unsere Werte zu verteidigen: Freiheit, Vielfalt und Respekt füreinander. Wir müssen uns weiterhin dafür einsetzen, dass sich alle Menschen sicher fühlen.»

Regenbogen-Fahnen säumten auch am Samstag noch ganz Oslo – nicht nur Restaurants und Bars, auch Botschaften und offizielle Gebäude.

Die Polizei hatte schon am Samstagmorgen den festgenommenen mutmasslichen Täter einen «alten Bekannten» genannt. Der 42-Jährige war in den letzten zwei Jahrzehnten mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt geraten und hat den von norwegischen Medien zitierten Gerichtsakten zufolge offenbar auch eine Historie an psychischen Erkrankungen. Der Polizeisicherheitsdienst PST habe seit 2015 Kenntnis von ihm, berichtete Sprecher Roger Berg am Samstag. Man habe sich zeitweilig Sorge gemacht, er könne sich in einem islamistischen Umfeld radikalisieren.

Offenbar war der 42-Jährige Anfang der Neunzigerjahre als Kind mit seiner Familie aus dem kurdischen Teil des Iran nach Norwegen gezogen. 1999 wurde er erstmals wegen einer Messerstecherei in einem Nachtclub verurteilt, das Urteil fiel mit 30 Tagen Gefängnis relativ milde aus, in der Urteilsbegründung, die Aftenposten zitiert, hiess es, das Gericht habe sein junges Alter und «offenkundige psychische Probleme» berücksichtigt. Später griff ihn die Polizei wegen Kokainbesitzes und einer Schiesserei auf. Im September 2020 erhielt er eine Geldstrafe wegen des Mitführens eines Springmessers an einem öffentlichen Ort. In den Gerichtsakten war demnach unter anderem von Depressionen und Wahnvorstellungen die Rede. Seit 2013 bezieht er offenbar Invalidenrente.

Auf Anraten der Polizei hatten die Organisatoren zunächst die Pride-Parade durch Oslo und andere Veranstaltungen für den heutigen Samstag abgesagt. Das hielt mehrere Tausend Menschen allerdings nicht davon ab, trotzdem mit Regenbogenflaggen durch die Stadt zu ziehen und dabei der Opfer der Nacht zu gedenken. Die Tat zeige, dass queere Menschen immer noch gute Gründe hätten für ihre Pride-Parade, sagte Jonas Nilsen Sripilom Aftenposten. «Wir marschieren nicht nur weil es Spass macht und wir uns mit Glitzer und Farben schmücken können. Wir marschieren, weil wir noch immer gehasst werden. Der Kampf ist noch nicht vorbei.»