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Waffengesetze in den USAZwei Entscheidungen, gegenteiliger kaum möglich

Die Freude an Waffen ist in den USA weit verbreitet: Ein Paar in einem Laden in Florida.

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Eher zufällig fielen die Entscheidungen fast gleichzeitig, aber das Nebeneinander offenbart, unter welch schwierigen Vorzeichen der Streit um den Besitz und das Tragen von Waffen in den USA geführt wird. Da geht es um die Gefahr, die von ihnen ausgeht, und den Anspruch von Bürgern, Pistolen oder Gewehre zu besitzen, oder auch mit sich zu tragen, im Alltag. Es geht um den Kampf der einen, die endlich Regeln wollen, die helfen könnten, die unerträgliche Kette von Gewalttaten zu durchbrechen. Und den Kampf jener, die in genau diesen Regeln einen Angriff auf ihr ureigenes Recht sehen, sich zu schützen.

Zwei Entscheidungen also: Wenige Wochen nach den tödlichen Schüssen in der Grundschule in Uvalde, Texas, hat sich der US-Senat für eine Änderung im Waffenrecht ausgesprochen – wenige, nicht sehr weitreichende Einschränkungen. Kurz zuvor hat der Supreme Court, das höchste Gericht der USA, gewissermassen in die Gegenrichtung gelenkt. Es kippte ein Gesetz des Bundesstaates New York, das die Erlaubnis für das Tragen von Handfeuerwaffen in der Öffentlichkeit an Bedingungen knüpfte. Geradezu entsetzt twitterte Kathy Hochul, Gouverneurin des Staates New York, dass diese Entscheidung Millionen von New Yorkern in Gefahr bringe.

Der Oberste Gerichtshof der USA hatte in einer unter den neun Richtern kontroversen Entscheidung das Recht auf das verdeckte Tragen von Waffen in der Öffentlichkeit ausgeweitet und als ein Grundrecht aller Bürgerinnen und Bürger eingestuft. Mit den Stimmen von sechs gegen drei Richtern annullierte der Supreme Court ein mehr als 100 Jahre altes Gesetz des Bundesstaates New York, das für eine entsprechende Waffenlizenz den Nachweis von besonders zwingenden Gründen von Bürgern verlangte. Zwei Bürger hatten gegen diese Regel geklagt.

Laut der Entscheidung des obersten US-Gerichts verstiess die New Yorker Restriktion gegen die US-Verfassung. Dort heisst es im zweiten Zusatzartikel, dass der Staat «das Recht des Volkes, Waffen zu besitzen und zu tragen», nicht beeinträchtigen darf. Der Supreme Court entschied, dass der zweite Verfassungszusatz das Recht auf Waffenbesitz auch ausserhalb der Wohnung schützt.

«Wir kennen kein anderes verfassungsmässiges Recht, das eine Person nur dann ausüben darf, wenn sie den Behörden ein besonderes Bedürfnis nachweisen kann», begründete Richter Clarence Thomas das Urteil des obersten US-Gerichts. Mit dieser Entscheidung stehen offenbar Gesetze in weiteren Bundesstaaten in Frage, die das Tragen von Waffen regulieren. Ähnliche Gesetze gibt es in Bundesstaaten wie Kalifornien, New Jersey oder Massachusetts. In anderen Teilen der USA gibt es dagegen kaum Einschränkungen.

Die gleichzeitige politische Entscheidung für eine schärfere Kontrolle des Zugangs zu Waffen ist eine Reaktion auf die täglichen Opfer in den USA. Experten zufolge handelte es sich um die bedeutendste Verschärfung der Waffengesetze auf Bundesebene seit Jahrzehnten – und das, obwohl es inhaltlich ein überparteilicher Minimalkompromiss war, den Kritiker als völlig unzureichend bezeichneten. Nach schwierigen Verhandlungen einigten sich die Senatoren darauf, dass bei potenziellen Waffenkäufern unter 21 Jahren deren persönlicher Hintergrund sorgfältiger überprüft werden soll. 50 demokratische und 15 republikanische Senatoren stimmten in Washington für das Vorhaben. Die Mehrheit der Republikaner stimmte dagegen.

Laut dem Gesetz sollen auch Milliarden US-Dollar für psychische Gesundheitsvorsorge und für Gewaltprävention bereitgestellt werden. Schulen sollten unterstützt werden mit Fachkräften, Sozialarbeitern und Psychologen sowie beim Ausbau von Sicherheitsvorkehrungen. Die Bundesstaaten sollen zudem mithilfe sogenannter «Red Flag»-Gesetze vermehrt als gefährlich eingestuften Personen Schusswaffen wegnehmen dürfen.

Nach der Entscheidung im Senat wird erwartet, dass das Repräsentantenhaus dem Entwurf möglicherweise bereits an diesem Freitag zustimmen und Präsident Joe Biden das Gesetz unterzeichnen wird. Der Demokrat erklärte direkt nach dem Beschluss des Senats, «nach 28 Jahren Stillstand» bei den Waffengesetzen hätten Vertreter beider Parteien nun gehandelt, um sich «der Plage der Schusswaffengewalt» entgegenzustellen. «Das überparteiliche Gesetz wird helfen, Amerikaner zu beschützen. Kinder in Schulen und Gemeinschaften werden deswegen sicherer sein», sagte Biden. Er werde das Gesetz unmittelbar nach der Zustimmung des Repräsentantenhauses unterschreiben, erklärte er.

Zuvor hatte er das Gesetz als unzureichend, aber als Schritt in die richtige Richtung bezeichnet. Ein ursprünglich gefordertes Verkaufsverbot für Sturmgewehre wurde nicht beschlossen. Mehrere Senatoren lobten die überparteiliche Kooperation. Beide Seiten hätten Kompromisse gemacht, sagten der republikanische Senator John Cornyn und Richard Blumenthal von den Demokraten.

Schusswaffenreformen kommen seit vielen Jahren in den USA kaum voran. Vielen Besitzern gilt Waffentragen als elementares Recht. Das letzte umfangreiche Gesetz mit einem Verbot der Herstellung von zivilen Sturmgewehren wurde 1994 verabschiedet. Es hatte eine Gültigkeitsdauer von zehn Jahren.