Kantonale Wahlen
«Erbsenzählerei» und «Buchhalter-Regierungsrat»: SP-Frauentrio gibt sich auf Werbetour kämpferisch

Ylfete Fanaj, Melanie Setz und Yvonne Zemp Baumgartner kämpfen um die interne Nomination als Luzerner Regierungsrätin. An einer Tour durch den Kanton zeigen sie sich der Basis. Am Mittwoch machten sie in Sursee halt.

Reto Bieri
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SP on Tour: Die drei Regierungsrats-Kandidatinnen Yvonne Zemp Baumgartner, Melanie Setz und Ylfete Fanaj (v.l.) stellen sich der Bevölkerung vor.

SP on Tour: Die drei Regierungsrats-Kandidatinnen Yvonne Zemp Baumgartner, Melanie Setz und Ylfete Fanaj (v.l.) stellen sich der Bevölkerung vor.

Bild: Pius Amrein (Sursee, 22. Juni 2022)

Die SP ist seit 2015 nicht mehr in der Luzerner Regierung vertreten. Das soll sich bei den kantonalen Wahlen im Frühling ändern. Gelingen soll die Rückeroberung entweder Ylfete Fanaj, Melanie Setz oder Yvonne Zemp Baumgartner. Die drei SP-Politikerinnen wurden Anfang März von der Kantonalpartei nominiert. Am 24. September entscheiden die Genossinnen und Genossen dann an einer Parteiversammlung, wer ins Regierungsratsrennen steigt.

Bis im September gilt es für die drei SP-Frauen nun, die Werbetrommel zu rühren. Gelegenheit dazu haben sie im Rahmen einer «Tour de Lucerne»: An rund einem Dutzend Stationen im ganzen Kanton präsentieren sie sich der interessierten Bevölkerung. Am Mittwochabend machte das Trio halt in Sursee. Es war gleich für zwei Bewerberinnen ein Heimspiel; während Ylfete Fanaj dort aufgewachsen ist, wohnt die gebürtige Entlebucherin Yvonne Zemp Baumgartner seit 28 Jahren in Sursee. Die Besucherzahl im Pfarreiheim war mit 20 Personen allerdings überschaubar.

Fanaj: Chancengleichheit und netzwerken

Im Rahmen eines Gesprächs, das der ehemalige Surseer SP-Präsident Martin Bisig moderierte, entwickelte sich dennoch eine angeregte Diskussion. Geprägt habe sie, sagte Ylfete Fanaj (39), dass sie um ihren Ausbildungsplatz kämpfen musste - für ihre KV-Lehre musste sie rund 200 Bewerbungen schreiben. Ihre Familie habe mit wenig Geld auskommen müssen. «Ich konnte keine Musikschule oder ein Skilager besuchen. Ich setze mich deshalb dafür ein, dass alle Kinder in der Schweiz die gleichen Chancen haben.»

Fanaj amtet seit 2011 als Kantonsrätin, war ab Juli 2020 für ein Jahr Kantonsratspräsidentin und damit höchste Luzernerin. Die gebürtige Kosovarin nannte «netzwerken» – «auch über die Parteigrenzen hinaus» - als eine ihrer Stärken.

Setz kritisiert kantonale Sparprogramme

Auch Melanie Setz (42) aus Emmenbrücke kann auf einige politische Erfahrung zurückblicken. Wie Fanaj war die gebürtige Inwilerin Mitglied des städtischen Parlaments in Luzern. Seit Juni 2018 sitzt sie im Kantonsrat. Setz arbeitet als Leiterin Klinikadministration Orthopädie und Unfallchirurgie am Luzerner Kantonsspital.

An was der Kanton denn krankt, wollte Moderator Bisig von Setz in Anspielung auf ihren Beruf wissen. «Die Sparprogramme der vergangenen Jahre – und dass die Bürgerlichen einen möglichst schlanken, effizienten Staat propagieren», sagte Setz. Der Kanton spare seit vielen Jahren bei den öffentlichen Diensten, beim Pflegepersonal oder der Polizei. «Das zermürbt die Leute.»

Zemp: Teamplayerin mit Führungserfahrung

«Lokalmatadorin» Yvonne Zemp (54), wie Bisig sie bezeichnete, nahm einen Volleyball an den Anlass mit. Dieser Sport begleite sie wie die Politik seit Jahrzehnten. «Ich würde mich als starke Teamplayerin bezeichnen. Gleichzeitig ist es wichtig, genau auf den Gegner zu schauen.» Ein Steilpass zum Thema Luzerner Regierungsrat. Dieser sei aktuell nicht sehr kooperativ unterwegs.

Für Zemp, die zwischen 2012 und 2020 im Kantonsrat politisierte, gehören unbedingt Frauen in die Regierung. «Es muss der SP noch mehr gelingen aufzuzeigen, wie eine andere Politik aussehen könnte.» Würde sie gewählt, wolle sie ihre langjährige Führungserfahrung als Schulrektorin einbringen wollen.

Politisches Klima ist «schwül»

An der aktuellen Luzerner Politik liessen die drei SP-Frauen kein gutes Haar: Das politische Klima im Kanton Luzern sei ein «Dahinplätschern», sagte Ylfete Fanaj. Auch Melanie Setz zog das Wetter als Analogie heran und bezeichnete das politische Klima als «schwül, während man darauf wartet, bis ein Gewitter losgeht.» Yvonne Zemp empfindet die Luzerner Politik als «Erbsenzählerei», die Regierungsräte als «fünf Buchhalter». «Momentan ist das politische Klima leider so, dass man Minderheiten und Menschen mit wenig Geld unbedingt mehr Unterstützung bieten muss.»

Die Anwesenden waren sich am Schluss darin einig, dass die drei Frauen valable Regierungsratskandidatinnen sind. Oder um es mit den Worten von Beni Rindlisbacher auszudrücken, Co-Präsident der SP Sursee: «Mir wird es schwer fallen, mich bei der Nomination am 24. September zu entscheiden.»

Hinweis: Weitere Stationen von «Tour de Lucerne» sind Hochdorf (Montag, 27. Juni), Ebikon (Montag, 4. Juli) und Kriens (Freitag, 2. September), jeweils 19 Uhr.