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EU-Gesetz verhindert HomeofficeTausende Grenzgänger müssen zurück ins Schweizer Büro

90’000 Grenzgänger pendeln täglich von Frankreich nach Genf. Durch die Homeoffice-Pflicht während der Pandemie wurden die Staus an der Grenze zwischen der Schweiz und Frankreich kleiner.

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Die Corona-Pandemie hat die Arbeitswelt komplett verändert. Das spürt auch das Uhrenunternehmen TAG Heuer. Deren Finanzchef Nicolas Boudin sagt: «Wenn heute jemand zu einem Vorstellungsgespräch kommt, ist die erste Frage: ‹Wie viele Tage pro Woche kann ich im Homeoffice arbeiten?›»

Finanzchef Boudin hat dafür Verständnis. TAG Heuer würde an seinen Standorten von Chevenez (JU) bis Zürich gern sämtliche 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zwei Tage pro Woche zu Hause arbeiten lassen, vorausgesetzt, Homeoffice ist im Einzelfall möglich. Doch da gibt es gerade ein grundsätzliches Problem. 

Während der Pandemie erliess Frankreich Sonderregelungen, die es Grenzgängern erlaubte, für Schweizer Arbeitgeber unbeschränkt von zu Hause aus zu arbeiten. Im März wurde die Regelung ein weiteres Mal verlängert. Ende Juni läuft sie (wohl definitiv) aus. 

«In unserer Belegschaft gibt es grosse Spannungen.»

Nicolas Boudin, Finanzchef TAG Heuer

Auch TAG Heuer muss reagieren. Ab Juli kann die Uhrenmarke ihre Grenzgänger nicht länger als einen Tag pro Woche von zu Hause aus arbeiten lassen, während es für Schweizer Arbeitnehmende naturgemäss kein Homeoffice-Limit gibt. «In unserer Belegschaft gibt es deswegen grosse Spannungen», weiss Nicolas Boudin. 

Der Grund liegt bei der EU-Gesetzgebung. Gemäss dieser dürfen Grenzgänger auch in Frankreich maximal 25 Prozent von zu Hause aus arbeiten. Andernfalls müssen Schweizer Unternehmen am Wohnsitz der Arbeitnehmenden, also in Frankreich, Sozialversicherungsabgaben zahlen. Heute wickeln sie alles über die Schweiz ab. 

Mehr Homeoffice kostet

Weil die Sozialversicherungsabgaben in Frankreich substanziell höher sind, müssten die Firmen im Vergleich zur Schweiz 30 Prozent mehr berappen als heute, die Arbeitnehmer 12 Prozent. Auch der administrative Aufwand würde für die Unternehmen beträchtlich zunehmen. 

Wie viel mehr müsste TAG Heuer zahlen? «Ich habe nicht nachgerechnet und werde das auch nicht tun», sagt Nicolas Boudin. Er gibt zu verstehen: Entweder finden die Schweiz und Frankreich Lösungen oder die Grenzgänger müssen vier von fünf Tagen im Büro arbeiten. 

Unterstützung kommt von der Politik, unter anderen vom Berner Regierungsrat Pierre Alain Schnegg (SVP). Während der Pandemie habe der Werktagsverkehr in Grenznähe stark abgenommen, betonte Schnegg am Montag an einer Medienkonferenz in Neuenburg. Das schone die Umwelt und die Strassen in beiden Ländern, reduziere aber auch den Druck auf die Zollübergänge.

Der Berner Regierungsrat Pierre Alain Schnegg sähe es gern, wenn französische Grenzgänger auch nach der Pandemie im Homeoffice arbeiten könnten. Das schone die Umwelt sowie Strassen und Zölle, sagt er.

Schnegg präsidiert zurzeit die Interessenvereinigung Arc Jurassien, der die Kantone Bern, Waadt, Jura und Neuenburg angehören. Die Vereinigung liess die Grenzgängerfrage in einer Studie vertiefen. Demnach hatten 18’000 von insgesamt 65’000 französischen Grenzgängern, die im Jurabogen zwischen Nyon und Delémont arbeiten, die Erlaubnis, im Homeoffice zu arbeiten. Über 10’000 haben diese Möglichkeit genutzt.

Schnegg wünscht darum eine dauerhafte Lösung mit der EU und zählt dabei auch auf Annie Genevard. Die Politikerin aus dem französischen Jura ist die Vizepräsidentin der französischen Nationalversammlung. Sie weibelt in Paris, damit sich die Regierung von Emmanuel Macron für eine neue europäische Regelung einsetzt.

Verhandlungen wegen Steuern 

Ein weiteres Thema, das zwischen der Schweiz und Frankreich für Diskussionen sorgt, ist die Steuerfrage. Die Kantone Bern, Waadt, Jura, Neuenburg, aber auch Wallis haben mit Frankreich einen Steuerdeal, der Frankreich verpflichtet, den Kantonen jährlich 4,5 Prozent der Bruttolohnsumme der Grenzgänger als Abgabe für die Nutzung der Schweizer Infrastruktur zu überweisen. In die Waadtländer Staatskasse fliessen jährlich gegen 200 Millionen Franken, in jene von Neuenburg 50 Millionen. 

Andere Kantone wie Genf setzen hingegen auf das System der Quellensteuer. Genf zieht seinen 90’000 Grenzgängern eine Quellensteuer vom Lohn ab und überweist einen Teil davon nach Frankreich.

Offen ist, ob Frankreich bei einer Lockerung der Homeoffice-Limite von den Kantonen allgemein mehr Steuern für sich einfordert. Genf rechnet offenbar damit. Das Staatssekretariat für Internationale Finanzfragen (SIF) führe «zurzeit mit Frankreich Gespräche für eine Lösung, welche die schweizerischen Interessen genügend berücksichtigt», sagt SIF-Sprecher Mario Tuor.