Stadtblog Metropolis

Wie sich der jüngste Gemeinderat die Zukunft vorstellt

Früher verkörperten die Jungen in der Politik Aufbruchstimmung und Hoffnung. Heute stehen sie für Unsicherheit und Zukunftsangst.

Felix E. Müller 2 min
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Der jüngste Gemeinderat der Stadt Zürich heisst Yves Henz, ist 19 Jahre alt, politisiert bei den Grünen und hielt vor wenigen Tagen traditionsgemäss die Eröffnungsrede im frisch gewählten Parlament. Er sprach, wie wohl von einem jungen Menschen in einer solchen Situation erwartet wird, über die Zukunft. Was er dort sieht, macht ihm Angst. Denn die Klimakatastrophe bedrohe die Menschheit, bald würden jahrzehntelange Dürren die Welt überziehen, Hunger mache sich dann breit, auch in Zürich.

«In den ärmeren Ländern werden viele Menschen sterben», sagte Henz, der ein Gymnasium besucht und vor der Maturitätsprüfung steht. Mit jedem Tag werde die Krise grösser, «wir rasen auf eine Klippe zu, doch vielen fehlt der Mut, eine Vollbremsung zu machen». Bald sei es aber zu spät, um diese existenzielle Krise der Menschheit noch bewältigen zu können.

Dass Yves Henz Angst vor der Zukunft empfindet, ist offensichtlich. Aber auch schon Angst vor der Gegenwart: Als fast Einziger im Saal trug er eine Maske, die er sogar während seiner Ansprache nicht ablegte. Ob er sie auch im Klassenzimmer trägt?

Immerhin begnügte sich der Redner nicht mit der Ausbreitung solcher Schreckensszenarien. Er skizzierte als Gegenmodell vielmehr die Welt, die er 2083 – in seinem 80. Altersjahr – hoffentlich werde erleben dürfen, so wie er sie auf einem Familienspaziergang sieht oder beim Ins-Bett-Bringen seinem Enkel schildert – Szenen eines fast bürgerlichen Glücks also.

Diese Welt ist natürlich geprägt von netto null, sie ist frei von Konkurrenz, Wettbewerb und Patriarchat. Die Mieten sind tief, die Freizeit ist reichlich, die Rente hoch, das Glück umfassend, Stress kennt man nicht mehr. Maschinen haben die industrielle Produktion übernommen, und dass deswegen keine Arbeitslosigkeit entsteht, dafür sorgt «eine kluge Gesetzgebung». Es ist ein Paradies, das der Staat herbeiführt und garantiert.

Am meisten fiel in dieser Schilderung der Hinweis auf, psychische Krankheiten seien nun endlich als Krankheiten anerkannt und könnten kostenlos behandelt werden. Dies erinnert an die Meldung der Jungen Grünen, aus deren Reihen Yves Henz stammt, den Mitgliedern stehe ab sofort ein Care-Team zur Verfügung. Die Begründung dafür lautete: «Politische Themen wie die Gleichberechtigung, der Kampf gegen die Klimakrise, rechte Hetze und gegenwärtig auch die Corona-Situation können leicht zu Überforderung im Alltag führen und somit auch zur Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit.»

Der Auftritt von Yves Henz strahlte nicht revolutionäre Kampfeslust aus, eher Angst, Unsicherheit, Fragilität. Bis er in der konkreten Parlamentsarbeit angekommen ist, dürfte die Fallhöhe beträchtlich sein. Immerhin weiss er, wo er Hilfe holen kann.