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Was steht im Gray-Report?Johnson gibt sich noch nicht geschlagen

«Ich mache meine Arbeit schön weiter»: Premier Boris Johnson weist im Unterhaus alle Rücktrittsforderungen zurück.

Von Rücktritt wollte Boris Johnson auch am Mittwoch nichts wissen. Bei der wöchentlichen Fragestunde des Premierministers machte der britische Regierungschef der Opposition ebenso wie seinen Hinterbänklern klar, dass keinerlei Notwendigkeit für einen solchen Schritt bestand.

Vom Labour-Vorsitzenden Keir Starmer gefragt, wann er denn endlich abtreten werde, erklärte Johnson: «Ich mache meine Arbeit schön weiter.» Die Nation brauche ihn. Nur mit ihm gehe es aufwärts in Grossbritannien. Er habe seinen Landsleuten schliesslich schon «den Brexit und den Impfstoff-Roll-out» beschert.

Bohrende Fragen

Bohrende Fragen Starmers nach den «Lockdown-Parties» und nach Johnsons angeblicher Irreführung der Öffentlichkeit und des Parlaments suchte der Premierminister mit immer neuen Verweisen auf sein eigenes Führungsvermögen zu parieren.

Seinem Land werde er, mit energischen Massnahmen, wirtschaftliches Wachstum, niedrigere Steuern und sehr viel mehr Jobs verschaffen, versprach er im Unterhaus. Von den Europäern lasse er sich, in Sachen Brexit und Nordirland, nichts gefallen. Und was die Ukraine angehe, sei er schon jetzt dabei, «den Westen zusammenzuführen», zu grösserer Einigkeit gegen russische Aggression.

«Eine Nation, die allen Sinn für Proportion verloren hat»

Unter Hinweis auf die Ukraine-Krise hatte am Morgen bereits die einflussreiche «Daily Mail», die eine Zeit lang Zweifel an «Boris» gehegt hatte, wieder Position für ihn bezogen. Wenn sich Grossbritannien mehr über «ein bisschen Geburtstagstorte in der Downing Street» errege als über die aktuelle Kriegsgefahr an der russischen Grenze, dann sei man «eine Nation, die allen Sinn für Proportion verloren hat», urteilte das Blatt.

Johnsons Minister für parlamentarische Angelegenheiten, Jacob Rees-Mogg, hatte zuvor schon verkündet, Johnson sei eine «brillante» Führungsfigur, die volle Unterstützung verdiene. Gezielt störten einige der zur Fragestunde angerückten konservativen Parlamentarier die Beiträge der Opposition.

Ihnen, den Tory-Hinterbänklern, galt in erster Linie der kämpferische Ton des Premierministers. Vor allem suchte Johnson damit seine Demutsgesten der vorigen Wochen vergessen zu machen. Der Regierungschef war offenbar zum Schluss gekommen, dass ihm nur Draufgängertum, nur positives Denken durch diese Krise half.

In nervöser Anspannung wartete so alles darauf, dass der von der Top-Staatsbeamtin Sue Gray erarbeitete Bericht über die sogenannten Lockdown-Partys endlich an die Regierung gehen und von dieser veröffentlicht würde. Von dem Bericht haben die meisten Tories abhängig gemacht, ob sie – womöglich noch diese Woche – einen Misstrauensantrag gegen Johnson einbringen wollen oder nicht.

Die gefragteste Person in Grossbritannien: Top-Staatsbeamtin Sue Gray hat einen Bericht über die sogenannten Lockdown-Partys verfasst.

«Wie kopflose Hühner» seien jedenfalls die Fraktionsverantwortlichen der Konservativen an diesem Morgen durch die Gänge im Palast von Westminister gelaufen, berichtete die BBC. Unter den Abgeordneten selbst herrschte Verwirrung und Uneinigkeit.

Aussenministerin Liz Truss etwa warnte, die volle Veröffentlichung des Berichts könne aus Sicherheitsgründen problematisch werden. Ihr Fraktionskollege Robert Halfon, der Vorsitzende des Bildungspolitischen Ausschusses, murmelte hingegen: «Meine Wähler und ich brauchen keine Sue Gray und keine Polizei, um zu wissen, dass ganz schön furchtbar ist, was sich da zugetragen hat. Wir alle fühlen uns bitter enttäuscht.»

150 Hunde und Katzen evakuiert

Zusätzliche Aufregung löste am Mittwoch eine Reihe von E-Mails aus, die kurz nach der Fragestunde überraschend vom Aussenministerium veröffentlicht wurden. Dabei ging es um rund 150 Hunde und Katzen aus einem von einem britischen Ex-Soldaten geführten Tierheim in Kabul, die zum Ende der Afghanistan-Evakuierungen im letzten August ausgeflogen worden waren.

Die Aktion im vergangenen Sommer während des Rückzugs westlicher Truppen aus dem Krisenstaat hatte einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Berichte, Johnson habe sich persönlich für das Ausfliegen der Tiere eingesetzt, hatte der Premier jedoch als «kompletten Unsinn» abgetan.

Johnson wusste von der Luftbrücke für Tiere

Bei der Evakuierung hatten britische Streitkräfte im Flughafen von Kabul assistiert. Schon damals war die Vermutung aufgekommen, dass Johnsons Frau Carrie dem Tierheim bei dieser Aktion hatte helfen wollen und dass Johnson den Abtransport ermöglicht hatte. Das hatte der Premier aber immer kategorisch dementiert.

In der internen E-Mail des Aussenministeriums heisst es jedoch ausdrücklich, Johnson habe die Evakuierung von Mitarbeitern und Tieren autorisiert. Ein Sprecher des Premierministers wies das am Mittwoch erneut zurück. «Es bleibt dabei, dass der Premierminister keine Anweisungen an Beamte zu einer bestimmten Vorgehensweise gegeben hat», sagte der Sprecher.

«Der Mann ist ein pathologischer Lügner.»

David Lammy, Labours Schatten-Aussenminister

«Der Mann ist ein pathologischer Lügner», schimpfte dazu Labours Schatten-Aussenminister David Lammy. Verteidigungsminister Ben Wallace nannte die Vorwürfe dagegen «vollkommen lächerlich». Sein Ministerium, sagte er, habe den Tiertransport ohne alle Einmischung organisiert.

Der ehemalige britische Soldat Paul (Pen) Farthing hatte sich nach der Machtübernahme der Taliban in Kabul in einer tagelangen Kampagne auf sozialen Medien und in Fernsehinterviews für das Ausfliegen der Tiere eingesetzt – mit Erfolg. Er verliess das Land mitsamt den Katzen und Hunden in einem Charterflug in letzter Sekunde. Die Mitarbeiter der von ihm gegründeten Tierschutzorganisation Nowzad in Kabul mussten jedoch zunächst zurückbleiben.