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Johnson verfügt Sparmassnahmen Die Zukunft der weltberühmten BBC steht auf dem Spiel

Schätzt keine kritische Berichterstattung: Der britische Premier Boris Johnson in einer Sendung der BBC.

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Bei der BBC, British Broadcasting Corporation, läuten die Alarmglocken. Seit Kulturministerin Nadine Dorries bekannt gegeben hat, dass die britischen Rundfunkgebühren trotz rekordhoher Inflation für zwei Jahre «eingefroren» werden, sind die BBC-Chefs mit düsteren Prognosen an die Öffentlichkeit getreten – und haben deutlich gemacht, welch ernste Folgen die Kürzungen haben werden.

Viele der Beschäftigten müssen mit einer Entlassung rechnen. Zudem könnten eine Grosszahl beliebter Programme und ganze Radio- und Fernsehkanäle verschwinden, warnt BBC-Intendant Tim Davie. Die Kanäle BBC2 und BBC4, zwei elementare Säulen der Anstalt, und Sender wie Radio 3, Radio 4 und Radio 5 Live stehen offenbar ganz oben auf der Liste potenzieller Streichungen. Das Sportangebot soll weiter ausgedünnt werden. Noch mehr Wiederholungen als bisher sind geplant.

Nun geht es ans Eingemachte

Populäre Serien stehen auf der Kippe, die Zahl teurer Produktionen muss mit Sicherheit eingeschränkt werden. Aber auch das umfassende Nachrichtenangebot und die aktuellen Programme zum Zeitgeschehen, die der BBC eine Stimme in der Welt verschaffen, müssen tiefe finanzielle Einschnitte – und mithin Qualitätseinbussen – fürchten. Denn auch für die Jahre 2024 bis 2028 ist kein voller Ausgleich des sich abzeichnenden Defizits geplant.

Dabei hat die BBC gerade erst ein radikales Sparprogramm abgeschlossen, zu dem sie gezwungen war, weil ihr Realeinkommen in den letzten zehn Jahren um 30 Prozent schrumpfte. Jetzt befürchten Mitarbeiter der Anstalt, dass es ans Eingemachte geht. Selbst Kolleginnen und Kollegen der Kulturministerin haben sich irritiert geäussert über die plötzlich bekannt gemachte Sparmassnahme. Intendant Davie hat offengelegt, dass er noch mitten am Verhandeln war, als Dorries mitteilte, die BBC müsse erst einmal weiter mit einer Rundfunkgebühr von umgerechnet gut 16 Franken auskommen, mehr Geld gebe es nicht.

Es werde überhaupt «das letzte Mal» sein, dass man um eine Fernsehgebühr rangle, sagt Kulturministerin Nadine Dorries.

Die meisten Beobachter in Westminster gehen deshalb davon aus, dass Kulturministerin Dorries mit ihrem Hieb gegen die BBC ganz einfach Premierminister Boris Johnson in dessen gegenwärtiger Notlage beizuspringen suchte. Der Beifall vieler Tory-Hinterbänkler, die den unabhängigen Geist der Anstalt hassen, war ihr und Johnson unter diesen Umständen jedenfalls gewiss. Und dies umso mehr, als Nadine Dorries auch gleich in Hochstimmung verkündete, dies werde überhaupt «das letzte Mal» sein, dass man um eine Fernsehgebühr rangle. Von 2027 an werde die Rundfunkgebühr endgültig Geschichte sein.

Will ihren in Not geratenen Premier unterstützen: Kulturministerin Nadine Dorries.

Wenn Johnsons Regierung wirklich glaube, mit einer Drohkulisse gegenüber der BBC die Öffentlichkeit für sich gewinnen zu können, irre sie sich gehörig, sagt Armando Iannucci, Drehbuchautor so vieler BBC-Produktionen. «Da unterschätzen Sie das Mass an Unterstützung, Bewunderung und Respekt, das der Sender in der Bevölkerung geniesst.» Bis hin zur stets kühl argumentierenden «Financial Times» reichen die Stimmen derer, die Dorries Paroli bieten. «Der Sender spielt eine zentrale Rolle im kulturellen und demokratischen Leben des Vereinigten Königreichs», schreibt die FT. «Die Zukunft der BBC muss sichergestellt sein.»

Mit derart einmütigen Protesten hatte Ministerin Dorries offenbar nicht gerechnet. Ebenso schnell, wie sie das Todesurteil für die Rundfunkgebühr ausgesprochen hatte, rückte sie wieder von ihm ab. Natürlich sei man erst «am Anfang einer Debatte» über die Zukunft der BBC angekommen, erklärte sie beschwichtigend. Die allgemeine Diskussion über das künftige Finanzierungsmodell habe erst begonnen.

Vielen Konservativen wäre es am liebsten, wenn man die BBC – wie Netflix – abonnieren müsste.

Dass über die Finanzierung des Senders geredet werden muss und im Zuge technologischer Veränderungen Reformen fällig sind, darüber sind sich auch jene einig, die die BBC über alles schätzen. Es werden mögliche neue Gebührenmodelle erörtert. Darunter ebenfalls eine direkte Finanzierung des Senders aus Steuergeldern. Auch die Finanzierung durch Werbung, wie sie schon von anderen Sendern benutzt wird, ist im Gespräch. Eine neue Fernsehsteuer, fairer gegenüber niedrigen Einkommen, oder eine Koppelung etwa mit Gemeindesteuern wäre eine Möglichkeit.

Vielen Konservativen wäre es am liebsten, wenn man die BBC – wie Netflix – abonnieren müsste, statt automatisch eine Gebühr zu zahlen. Und manche Hardline-Tories hätten auch nichts dagegen, wenn die BBC als öffentlich-rechtliche Anstalt ganz aufhörte zu existieren. Sie finden, dass der Wettbewerb der Medien ganz vom «freien Markt» geregelt werden sollte, in Anlehnung an das kommerzielle Beispiel der USA.

Gegen solche Vorstellungen stemmen sich alle, die der BBC eine zentrale Rolle für die Funktion der Demokratie im Vereinigten Königreich zusprechen – vor allem zu Zeiten, wo die Welt von Fake News überschwemmt wird. Politiker aller Parteien, auch moderate Tories, wollen an diesem Auftrag des Senders festhalten. Die Reform müsse parteiübergreifend angegangen werden. Dies umso mehr, als die meisten Briten «ihrer» BBC immer noch vertrauen.