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Gewerbe ruft nach dem «Freiheitstag»

Berufsverbände und bürgerliche Politiker wollen bereits im Februar aus der Pandemie aussteigen.

Mirko Plüss 3 min
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SVP-Nationalrat Thomas Aeschi.

SVP-Nationalrat Thomas Aeschi.

Alessandro Della Valle / Keystone

Wie viel Lockerheit können wir uns leisten? Angesichts der Unwägbarkeiten rund um Omikron verharrt die Schweiz in Unsicherheit. Doch einige mögen nicht mehr länger warten. Laut mehreren Quellen wird der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) am kommenden Dienstag, 25. Januar 2022, an einer Pressekonferenz den Ausstieg aus der Pandemie einfordern: Die Home-Office-Pflicht, das Zertifikat und die 2-G-Regel sowie die Kapazitätsbeschränkungen sollen schon sehr bald der Vergangenheit angehören.

Flankiert wird der SGV dabei von Branchen, die von den Corona-Massnahmen direkt betroffen sind, wie beispielsweise der Gastronomie. An der Pressekonferenz werden sich zudem mehrere Vertreter der Bundesratsparteien SVP, FDP und Mitte gegen den gegenwärtigen Fahrplan der Regierung aussprechen.

Die Hauptforderung der als grosse Allianz betitelten Runde wird eine Art «Freedom Day» sein, wie ihn andere Länder auch schon ausgerufen haben. Dieser soll bereits im Februar stattfinden. «Dann müssen die allermeisten Massnahmen aufgehoben werden», sagt eine mit den Plänen vertraute Person. Moderiert wird der Anlass von Gewerbeverbandsdirektor Hans-Ulrich Bigler. Der bestätigt den Anlass, schweigt sich über die konkreten Forderungen aber aus.

Die kürzlich vom Bundesrat beschlossenen Massnahmeverlängerungen bis Ende Februar und Ende März seien angesichts der gegenwärtigen Pandemie-Lage nicht akzeptabel, erläutern Teilnehmer der Veranstaltung. Das Gewerbe wolle den Befreiungsschlag und es wolle ihn so rasch wie möglich. Zu den Forderungen gehöre auch, dass der Bund künftig verbindlich festlegen solle, wann einzelne Massnahmen auslaufen.

Die Idee eines «Freedom Day» lancierte diese Woche bereits SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi, oder wie er es ausdrückt: ein «Corona-Freiheitstag». Und bei der Aufhebung der einschneidendsten Massnahmen soll es nicht bleiben. «In spätestens zwei Monaten müssen auch die letzten Massnahmen wie die Maskenpflicht fallen», sagt Aeschi. Die Task-Force habe sich geirrt: «Die Omikron-Variante ist so ungefährlich, dass wir die Schutzmassnahmen bedenkenlos zurückfahren können.»

Die Ungeduld in der Wirtschaft und bei der SVP zeichnete sich in den letzten Wochen ab, doch auch Teile der FDP drücken nun aufs Tempo und kritisieren, dass der Bundesrat einzelne Einschränkungen erst Ende März aufheben will. «Ich verstehe nicht, warum der Bundesrat Massnahmen so weit hinaus verlängert, um sie allenfalls abzukürzen, statt sie nur wenig zu verlängern und nur notfalls auszudehnen», sagt FDP-Nationalrat Andrea Caroni.

Denn in wenigen Wochen werde man ja wissen, ob die Intensivstationen die Omikron-Welle tatsächlich gut überstanden haben: «Danach kann man in kürzester Zeit so ziemlich alles aufheben.» Im Notfall einer neuen, doch wieder gefährlicheren Variante könne man immer noch neue Massnahmen ergreifen, sagt Caroni: «Das ist besser, als sich prophylaktisch einzuschränken.»

Der Konsens über rasche Lockerungen geht indes nicht über bürgerliche Kreise hinaus. So mahnt die SP trotz positiver Entwicklung, die Spitalzahlen als ganze im Auge zu behalten und nicht nur die Intensivplätze. Gesundheitspolitikerin Yvonne Feri sagt: «Das grosse Risiko bei zu frühen Lockerungen wäre, dass es zu einer starken Überlastung der Akutplätze in den Spitälern und zu Arbeitsausfällen in verschiedenen Bereichen kommt.»

Möglich ist allerdings, dass jene, die ein schnelles Ende der Pandemie fordern, beim Bundesrat offene Türen einrennen. So verkündete Gesundheitsminister Alain Berset am Samstag, 22. Januar in den CH-Media-Zeitungen: «Die Zeiten des Zertifikats scheinen sich dem Ende zu nähern.»