Tierversuchsverbot: Alle Infos zur Abstimmung Februar 2022

Aktualisiert

Abstimmung 13. Februar 2022Darum geht es beim Verbot von Tier- und «Menschenversuchen»

Die Volksinitiative «Ja zum Tier und Menschenversuchsverbot» will die Forschung an Tier und Mensch fundamental verändern. Das Parlament lehnte die Vorlage ohne Gegenstimme ab. Fünf Fragen und Antworten zur Abstimmung.

Darum gehts

Abstimmungsresultate zum Menschen- und Tierversuchversbot

Alle Resultate und Reaktionen zur Abstimmung Februar 2022 im Liveticker

Initiative über das Tierversuchsverbot einfach erklärt

Was will die Initiative «Ja zum Tier- und Menschenversuchsverbot»?

Die Volksinitiative «Ja zum Tier- und Menschenversuchsverbot - Ja zu Forschungswegen mit Impulsen für Sicherheit und Fortschritt» beinhaltet ein Verbot von Tier- und auch von «Menschenversuchen». Damit ist laut den Initianten und Initiantinnen nicht die Forschung am Menschen generell gemeint: Verboten würden klinische, psychologische und sportwissenschaftliche Studien mit Menschen. Einfuhr, Ausfuhr und der Handel mit Produkten, die aus solchen Versuchen stammen, wären verboten. 

Der Artikel 80 in der Bundesverfassung (Tierschutz) besagt heute, dass der Bund unter anderem Tierhaltung, Tierversuche, Tier-Importe und das Töten von Tieren regelt. Diese Auflistung würde ersetzt durch einen ausführlichen neuen Verfassungstext.

Was wir unter «Menschenversuche» verstanden?

Der nicht näher definierte Begriff könne je nach Auslegung umfassend als «Forschung am Menschen» verstanden werden, so die Ansicht des Bundesrats, die er in seiner Botschaft darlegt. Dadurch würden nicht nur medizinische Studien verboten, sondern auch Forschung etwa im Bereich Psychologie. Die Initianten und Initiantinnen widersprechen dieser Auslegung. Mit «Menschenversuchen» seien Experimente am Menschen mit Schadenpotenzial gemeint.

Wer sind die Befürworter der Initiative und was sind ihre Argumente?

Lanciert wurde die Initiative von der IG Tierversuchsverbots-Initiative. Sie ist in St. Gallen domiziliert und wird präsidiert von Irene Varga, Naturwissenschaftlerin, Luzia Osterwalder, Naturheilpraktikerin, und Renato Werndli, Allgemeinmediziner. Tierversuche sind nach Ansicht der Initianten und Initiantinnen «Tierquälerei bis hin zu Verbrechen». Das würde künftig so in der Verfassung stehen.

Auch bei «Menschenversuchen» werde ein gefährlicher «Versuch und Irrtum»-Ansatz verfolgt», sagt Irene Varga auf Anfrage von 20 Minuten. Klinische Studien würden von den Probanden kaum je «in voller Kenntnis der Risiken» durchgeführt, und Schadenersatzforderungen bei Langzeitschäden dürften es extrem schwer haben. Viele Kranke, die an diesen Studien teilnehmen, seien so krank, dass sie die Dokumente, die erst noch vieles ausliessen, gar nicht lesen, geschweige denn adäquat einordnen könnten, sagt Irene Varga.

Probanden würden einer Substanz ausgesetzt, die dann in 95 Prozent der Fälle doch nicht auf den Markt kommen dürfe. «Über die meisten so erzeugten Schäden und Leiden erfahren wir nichts. Über andere jedoch gibt es Zeugnis: der Beipackzettel. Aufmerksame Lesende finden darin einige der Tragödien, die Patienten während der klinischen Studien oder am Markt ereilten», so Varga.

Wer sind die Gegner der Initiative und was sind ihre Argumente?

Die Gegner sehen das ganz anders. Die Forschung am Menschen sei detailliert geregelt, um Würde, Persönlichkeit und Gesundheit des Menschen zu schützen, schreibt der Bundesrat in der Abstimmungsbroschüre. «Forschung am Menschen ist nur dann erlaubt, wenn sie mehrere Bedingungen erfüllt.» Dazu gehörten:

-Interesse, Gesundheit und Wohlergehen des einzelnen Menschen müssen Vorrang haben gegenüber den Interessen der Wissenschaft und Gesellschaft.
-Forschung mit Personen ist nur erlaubt, wenn gleichwertige Erkenntnisse nicht anders gewonnen werden können.
-Die beteiligten Personen müssen gut informiert und einverstanden sein.
-Die Forschung muss von einer kantonalen Ethikkommission vorgängig geprüft und bewilligt werden.
-Zusätzliche Bedingungen gelten für die Forschung mit urteilsunfähigen Personen wie beispielsweise Kleinkindern.

Bundesrat und Parlament lehnen die Volksinitiative ab. Ebenso alle im Parlament vertretenen Parteien sind dagegen. Die Vorlage ist nach Ansicht von Bundesrat und Parlament zu extrem und schädlich für die Gesundheitsversorgung, die Wirtschaft und den Forschungsstandort Schweiz. Das mit Tierversuchen einhergehende Leid solle wo immer möglich vermieden werden. Doch die Schweiz habe heute schon strenge Bestimmungen. Mit der Initiative sei eine Güterabwägung nicht mehr möglich.

Betreffend «Menschenversuchen» schreibt der Bundesrat in der Abstimmungsbroschüre, dass es unter Umständen nach Annahme der Initiative nicht länger zulässig wäre, ein Forschungsvorhaben mit erwachsenen, urteilsfähigen Personen durchzuführen, die sich aus wissenschaftlichem Interesse oder aus solidarischen, altruistischen Überlegungen daran beteiligen möchten.

Hat die Initiative für ein Tier- und Menschenversuchsverbot Chancen?

Laut den bisherigen Abstimmungsvorlagen dürfte die Initiative am 13. Februar abgelehnt werden. Die jüngste Umfrage von Tamedia und 20 Minuten, durchgeführt Mitte Januar, ergibt eine Zustimmung von 27 Prozent und eine Ablehnung von 71 Prozent. Damit hat sich der Trend von Anfang Januar verdeutlicht. Damals sprachen sich 34 Prozent dafür und 61 Prozent dagegen aus. Weniger klar ist die Umfrage von GFS-Bern vom Dezember: Demnach wären 45 Prozent dafür und 48 Prozent dagegen.

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