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Mönch und bekannter BuchautorEin Leben in Achtsamkeit – Millionen trauern um Thich Nhat Hanh

Zen-Meister Thich Nhat Hanh während einer Zeremonie in der Vinh Nghiem Pagode in Ho Chi Minh City. Er trug massgeblich zur Verbreitung der Achtsamkeit im Westen bei.

Seine Schüler nennen ihn schlicht «Thay»: Lehrer. Der buddhistische Mönch und Zen-Meister Thich Nhat Hanh hat Millionen Menschen in aller Welt mit seiner behutsamen Lehre von einem Leben in völliger Achtsamkeit inspiriert. Er war aber auch politisch engagiert. Vehement setzte er sich in den 1960er Jahren für ein Ende des Vietnamkrieges ein. In Chicago traf er den Bürgerrechtler Martin Luther King Jr., der den Mönch später als «Apostel des Friedens und der Gewaltfreiheit» würdigte. Jetzt ist Thich Nhat Hanh, der in seinem langen Leben mehr als 100 Bücher verfasst hat, im Alter von 95 Jahren in seiner Heimat gestorben.

«Thay hat sich friedlich in eine Wolke verwandelt», zitierte seine Organisation Plum Village Schwester Dinh Ngiem, die sich in Hue in Vietnam um ihn kümmerte. Er sei um Mitternacht (Ortszeit) gestorben.

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Kings Bewunderung für den Vietnamesen ging so weit, dass er diesen in einem Brief für den Friedensnobelpreis 1967 vorschlug. «Ich kenne persönlich niemanden, der (des Preises) würdiger ist als dieser sanfte Mönch aus Vietnam. Seine Ideen für den Frieden würden, wenn man sie umsetzte, ein Monument der Ökumene, der weltweiten Geschwisterlichkeit und Menschlichkeit errichten», hiess es in dem Schreiben. Aber dazu sollte es nicht kommen: Sowohl 1966 als auch 1967 wurde die renommierte Auszeichnung letztlich nicht vergeben.

Martin Luther King bewunderte den vietnahmesischen Mönch Thich Nhat Hanh und schlug ihn 1967 für den Friedensnobelpreis vor – der letztlich in jenem Jahr aber gar nicht vergeben wurde.

Die Tochter des Bürgerrechtlers, Bernice King, schrieb am Samstag auf Twitter: «Ich feiere und ehre das Leben und den globalen Einfluss für den Frieden Thich Nhat Hanhs.» Dazu stellte sie ein berühmtes Foto, das ihren Vater zusammen mit dem Mönch bei einer Pressekonferenz in Chicago im Jahr 1966 zeigt.

Thich Nhat Hanh hatte sich derweil auch bei Papst Paul VI. und amerikanischen Spitzenpolitikern für ein Ende der Kriegshandlungen stark gemacht und viel Eindruck hinterlassen. Vietnam erklärte ihn Ende der 1960er Jahre aber zur unerwünschten Person. Seine Bücher wurden verboten, der berühmte Intellektuelle musste im Exil bleiben – fast vier Jahrzehnte lang.

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Erst 2005 kehrte er erstmals wieder in das Land am Mekong zurück, in dem er im Alter von 16 Jahren in ein Kloster eingetreten und sieben Jahre später zum Mönch geweiht worden war. Sein Leben lang sollte er sich für gewaltfreie Konfliktlösungen einsetzen.

Meditationszentrum gegründet

Während des Exils hatte er viel Zeit in Frankreich verbracht, wo er 1982 in der Nähe von Bordeaux das berühmte «Plum Village», ein buddhistisches Meditationszentrum, gründete. Tausende Menschen aus allen Teilen der Welt nehmen seither jährlich an den Retreats in dem Zentrum teil. In Deutschland rief Thich Nhat Hanh 2008 das «Europäische Institut für Angewandten Buddhismus» (EIAB) in Waldbröl ins Leben. Seine Vorträge in Europa und den USA zogen unzählige Anhänger an.

Praxisnah erläuterte Thich Nhat Hanh, wie ein glückliches Leben gelingen kann, setzte sich aber gleichzeitig mit der Tatsache des menschlichen Leidens und Gefühlen wie Wut und Angst auseinander.

Die Kunst der Präsenz, Mitgefühl für alles Lebende und ein glückliches Leben im gegenwärtigen Augenblick waren seine Themen, über die er mit sanfter Stimme und verschmitztem Lächeln dozierte. Wenn Thich Nhat Hanh ass, dann ass er, wenn er trank, dann trank er, wenn er ging, dann ging er. Achtsam, in jedem Augenblick, fokussiert auf das Jetzt und auf das Sein im Moment. So einfach. Und doch so kompliziert, wie viele seiner Schüler wissen.

Auseinandersetzung mit Glück, Wut, Angst

Die «New York Times» beschrieb ihn einmal als «kleinen, schlanken Mann, der eine Aura der Stille und einen Fokus besitzt, die Aufmerksamkeit erregen.» Seine Botschaft sei dabei stets extrem klar und deutlich formuliert, so die Zeitung. Praxisnah erläuterte Thich Nhat Hanh, wie ein glückliches Leben gelingen kann, setzte sich aber gleichzeitig mit der Tatsache des menschlichen Leidens und Gefühlen wie Wut und Angst auseinander.

Gerne zog er Lotusblumen zum Vergleich heran: «Wir bemühen uns, Leid in Gutes zu verwandeln. Auch die Lotusblume braucht Schlamm, um zu gedeihen. Sie wächst nicht auf Marmor», betonte er. «Sie müssen erkennen, dass es eine enge Verbindung zwischen Leid und Glück gibt. Wer vor dem Leid wegläuft, kann kein Glück finden.»

2017 kam eine gefeierte Dokumentation mit dem Titel «Walk with me» über Thich Nhat Hanhs friedliche Welt der Achtsamkeit heraus. Als Erzähler fungierte der britische Schauspieler Benedict Cumberbatch («12 Years a Slave»). Die Filmemacher hatten die Gemeinschaft des Mönchs zuvor mehrere Jahre lang begleitet.

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Rund 30 seiner in zahlreiche Sprachen übersetzten Werke sind auch auf Deutsch erschienen. «Ob dies ein glücklicher Moment ist, hängt nicht vom Moment ab, sondern von unserer Sichtweise», heisst es da etwa. Und: «Ich wache auf und lächle. Vierundzwanzig neue Stunden liegen vor mir. Ich gelobe, jeden Augenblick ganz bewusst zu leben und alle Wesen mit den Augen des Mitgefühls zu betrachten.» Thich Nhat Hanh plädierte für einen «engagierten Buddhismus»: Meditative Erfahrungen sollen dieser Lehre zufolge mit einem aktiven Einsatz für die Umwelt, die Mitmenschen und alle Wesen verbunden werden.

Nachdem Thich Nhat Hanh 2014 einen Schlaganfall erlitten hatte, zog er sich weitgehend zurück. Ende 2018 kehrte er nach Vietnam zurück. Seinen Schülern teilte er mit, er wolle im Kloster Tu Hieu in der zentralvietnamesischen Stadt Hue bleiben, wo er einst zum Mönch ordiniert worden war, «bis zu dem Tage, an dem sich dieser Körper in seine Bestandteile auflöst». In einem Gedicht schrieb er einst: «Dieser Körper bin nicht ich, ich bin nicht an diesen Körper gebunden, ich bin Leben ohne Grenzen. (...) Lächle mir also zu, nimm meine Hand, und winke mir zum Abschied zu.»

Thich Nhat Hanh bei seiner Ankunft im Kloster Tu Hieu in Vietnam, wo er die letzten Jahre seines Lebens verbrachte.

SDA/anf