Credit Suisse – «Horta-Osórios Rücktritt ist der Super-GAU für die CS»

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Credit Suisse«Horta-Osórios Rücktritt ist der Super-GAU für die CS»

Der CS-Verwaltungsratspräsident António Horta-Osório tritt per sofort zurück. Was sein Abtritt für die Grossbank bedeutet und wie es jetzt weiter geht. 20 Minuten beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Debakel.

Darum gehts

Die Skandale um die Credit Suisse (CS) häufen sich. Jetzt tritt Verwaltungsratspräsident António Horta-Osório per sofort zurück. Was genau ist passiert und wie geht es nun mit der Grossbank weiter? 20 Minuten beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das CS-Debakel.

Was ist passiert?

António Horta-Osório hat gegen die Quarantänepflicht verstossen. Er ist am 28. November mit einem Privatjet aus London nach Zürich geflogen. Grossbritannien stand zu diesem Zeitpunkt auf der Liste von Ländern, aus denen Einreisende zehn Tage in Quarantäne müssen. Daran hielt sich Horta-Osório nicht: Er flog drei Tage später auf die iberische Halbinsel und darauf nach New York. Bereits im Juli umging der Banker die britischen Corona-Regeln, als er zum Wimbledon-Final nach London reiste – ohne sich in Quarantäne zu begeben. Der CS-Verwaltungsrat hat darum eine Untersuchung eingeleitet.

Was bedeutet der Rücktritt für die Grossbank?

«Das Ganze ist ein Super-GAU», sagt Andreas Dietrich, Bankprofessor der Hochschule Luzern. Denn nach all den Skandalen vor seiner Amtsübernahme wäre es die Aufgabe von Horta-Osório gewesen, wieder das Vertrauen in die Bank herzustellen. «Dass er nach kurzer Zeit nun selber gehen muss, ist für die Bank sehr unangenehm», so Dietrich. Zudem leidet das Image der Grossbank. «Das bezahlt die Bank mit dem Verlust des Vertrauens der Kundschaft und Aktionäre», sagt Rino Borini, Studiengangsleiter an der Hochschule für Wirtschaft Zürich HWZ.

Das sind die CS-Skandale:

Was kostet das Debakel die Credit Suisse?

Die Kosten sind schwer abschätzbar, sagt Manuel Ammann, Bankprofessor an der Universität St. Gallen: «Sie sind aber sicherlich hoch. Das kann man an der Börsenbewertung ablesen: Die ist im Vergleich zu anderen Banken sehr tief.» So beträgt der Börsenwert der Credit Suisse noch 25 Milliarden Franken. Zum Vergleich: Die UBS kostet 61 Milliarden. Zudem befindet sich die CS-Aktie seit einem Jahr im Sinkflug: Am Montag lag der Kurs bei etwa neun Franken, vor einem Jahr kostete eine Aktie noch über zwölf Franken.

Wie geht es jetzt weiter?

Der ehemalige UBS-Banker Axel Lehmann wird nun Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse. Dabei hält die Grossbank gemäss eigenen Angaben an der bisherigen Strategie fest. «Jetzt ist wichtig, dass Ruhe in die Bank kommt», sagt Rino Borini von der HWZ. Fehler dürfen auf der Führungsebene nun keine mehr passieren. An der Spitze sei Transparenz gefragt. «Die CS muss jetzt aufräumen und gegebenenfalls auch weitere Personen entlassen, nur so kann die Bank Vertrauen zurückgewinnen und wieder wachsen», so Borini.

Übernimmt jetzt die UBS die Credit Suisse?

Eine Übernahme halten die Experten für unwahrscheinlich. Es sei aber möglich, dass die Credit Suisse Teilbereiche verkauft. «Besonders das internationale Geschäft wie das Asset Management könnte die CS abstossen wollen und durch die UBS übernommen werden», sagt Rino Borini von der HWZ. Dem Bankplatz Schweiz dürfte die CS aber erhalten bleiben. Denn eine Übernahme wäre aus wettbewerblicher Sicht nachteilig für die Kundschaft, erklärt Manuel Ammann von der Universität St. Gallen.

Wer profitiert vom CS-Skandal?

«Von den Negativschlagzeilen der CS profitieren vor allem kleinere Banken», sagt Rino Borini von der HWZ. Dabei wechseln Privatkunden und Privatkundinnen immer häufiger zu digitalen Banken. Denn diese sind laut Borini schlanker aufgestellt und arbeiten effizienter. «Bei der CS herrschen noch immer Hierarchiestufen und die Abläufe sind noch nicht vollständig digitalisiert – das macht die Bank schwerfällig und teuer.»

Braucht es die Credit Suisse also gar nicht mehr?

Doch, sagt Manuel Ammann von der Universität St. Gallen: «Die Schweizer Volkswirtschaft und vor allem grosse, international tätige Schweizer Unternehmen benötigen leistungsfähige Grossbanken mit einer breiten Dienstleistungspalette.» Von einer rein digitalen Bankenwelt sei die Schweiz noch viele Jahre entfernt.

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