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Nach Wengen ist SchlussWird Janka jetzt Naturheilpraktiker?

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Kein seltenes Bild: Carlo Janka rümpft die Nase.
Eine schöne Karriere geht in Wengen zu Ende: Carlo Janka gibt bei einer Pressekonferenz seinen Rücktritt bekannt.
Die wichtigste Auszeichnung für einen Skifahrer: Carlo Janka gewinnt 2010 wie Lindsey Vonn die grosse Kugel für den Gesamtweltcup.

Vor dem Gebäude mit der braunen Wandtäfelung steht Carlo Jankas Zukunft. Später schläft sie auf dem Schoss von Mama im Kinosaal von Wengen, während Papa vorne auf der Bühne sitzt und mit seiner sonoren Stimme in die Mikrofone spricht.

Seine zwei letzten Rennen wird der Bündner hier im Berner Oberland bestreiten, das gibt der 35-Jährige an diesem Donnerstagnachmittag auf der Tribüne des ältlichen Lichtspielhauses bekannt. Seine schwangere Frau sitzt im Publikum, die Tochter ist eingenickt.

Am Samstag endet die Karriere eines der erfolgreichsten Skirennfahrers, den die Schweiz je hatte. Janka hat sich für seinen Abschied den Ort ausgesucht, der ihm stets am meisten bedeutet hat, «Wengen war mein wichtigster sportlicher Platz», so sagt das Janka, als er auf die Highlights seines Athletenlebens angesprochen wird. Weltmeister im Riesenslalom 2009? Olympiasieger 2010? Gesamtweltcupsieger im gleichen Jahr? Alles nicht so viel Wert wie die Auftritte und Siege im kleinen Touristendorf am Fusse von Eiger, Mönch und Jungfrau. Wo er schon früh in seiner Karriere den Höhepunkt erlebt mit dem Triumph in der Abfahrt 2010, der damals zu dieser Wundersaison passt.

Die Zwischenschläge des Herzens

Es ist ein allzu kurzes Hoch, das dieser so begnadete und gefühlvolle Skifahrer erlebt. Schon im Folgewinter wird sein Flug in den höchsten Sphären des Sport gebremst. Wegen Herzrhythmusstörungen muss er Rennen auslassen, unterzieht sich letztlich einer Operation, noch heute spürt er Zwischenschläge. Diese seien aber ebenso wenig ein Problem, wie es der Eingriff gewesen sei, sagte Janka einmal. Nur zehn Tage nach der Operation gewinnt er 2011 den Riesenslalom von Kranjska Gora. Es bleibt sein letzter Sieg in dieser Disziplin. Weil neue Riesenslalomski kommen, die Radien grösser werden, um Knieverletzungen zu verhindern. Dafür aber die Belastung für die Athleten bei jedem Tor länger dauert, was Janka in den Rücken schiesst.

Riesenslaloms bestritt er deshalb längst keine mehr, im letzten Winter liess er gar die Super-G weg und konzentrierte sich auf die Abfahrten. Immerhin die Weltnummer 13 in dieser Disziplin war er Ende Saison. «Aber nur noch in einer Disziplin starten zu können, war ich nicht gewohnt», sagt er im Kinosaal von Wengen. «Es wurde für mich immer schwieriger, weshalb der Entscheid über den Sommer und Herbst reifte. Zuletzt hatte ich nur noch ein Ziel: Am Lauberhorn an den Start zu gehen und zwei schöne Rennen zu erleben.»

Zuvor aber hat er alles gegeben, um doch noch einmal konkurrenzfähig zu sein, vielleicht noch einen Podestplatz zu holen, Olympia in Peking war sein Fernziel. Nun werden die Rennen in Wengen die einzigen für ihn in diesem Winter – und seine letzten überhaupt. Doch was ist, wenn er sich mit einem Top-7-Platz oder zwei Top-15-Rängen doch noch für die Spiele in China qualifiziert? «Selbst wenn ich die beiden Abfahrten gewinnen sollte und auch noch den Slalom am Sonntag, würde das nichts ändern an meinem Entscheid», witzelt Janka. «Das einzige Rennen, bei dem noch etwas möglich ist für mich, findet hier statt. Das merkte ich auch in Bormio.»

Es könnte fast schon kitschig werden

Bei den beiden Trainings, die er vor der Abfahrt in Italien kurz vor dem Jahreswechsel absolviert, fühlt er sich überhaupt nicht wohl auf der eisigen Pista Stelvio – erst noch bei schlechter Sicht. «Eigentlich habe ich mich noch nie wohlgefühlt bei solchen Bedingungen», sagt Janka. Ein Glück, scheint in Wengen die ganze Woche die Sonne. Wohl auch ein bisschen für ihn. Der Name des Hochs, das dafür sorgt: Carlos.

Die Karriere könnte also schon fast im Kitsch enden für Janka, der nicht nach Wengen gekommen ist, «um irgendein Chasperli-Theater zu vollführen». So sagt es Michael Bont, zehn Jahre lang sein Konditionstrainer. Sein Athlet wolle noch einmal zeigen, was in ihm steckt. Kein Ort eignet sich dazu besser. Das Lauberhorn mag für viele Schweizer Athleten ein Zauberberg sein. Für kaum einen aber so sehr wie für Janka. Er konnte hier jeweils auch brillieren, wenn es ihm sonst nicht sonderlich lief. Achtmal ist er auf dem Podest gestanden, fünfmal in der Kombination, dreimal in der Abfahrt. «In Wengen liegt für mich immer etwas drin», sagt Janka, «ich hoffe, dass das auch jetzt so ist.»

Die Sicht wird gut sein, es rüttelt nicht wie auf anderen Pisten, «denn dann hat er brutal Mühe», sagt Bont. «In den letzten Jahren konnte er nie zu 100 Prozent schmerzfrei fahren.» Das Problem: «Die Struktur rund um die Wirbelsäule ist zu wenig stark. Wir haben versucht, diese besser aufzubauen mit verschiedenen Methoden, mit viel Gewicht, wenig Gewicht. Die Schwierigkeit: Er hat eine Krümmung im Rücken.»

Doch Rang 13 im Abfahrtsweltcup 2021, die 28 Podestplätze, die er bis 2020 in schöner Regelmässigkeit herausfuhr, lassen ihn auch im letzten Sommer noch einmal schuften. Im Herbst sei Janka «physisch gar so bereit gewesen wie lange nicht», sagt Bont. «Er hat auch muskulär zugelegt. Gab es in den Einheiten aber Fehlbelastungen, dann reizte das den Rücken zu sehr. Dadurch kam er nicht auf den Trainingsumfang, den er bräuchte in seinem Alter.»

Jede Kraftübung auf Video

Jede einzelne Kraftübung hätten sie auf Video aufgenommen, um zu sehen, ob der Rücken gerade war oder nicht. Auch mit René van Engelen, Physiotherapeut im Abfahrtsteam, arbeitete Janka intensiv zusammen, gerade auch im Hinblick auf diese Saison. Doch letztlich musste er kapitulieren. Wehmut spüre er deswegen noch nicht, sagt Janka. «Einmal sehen, wie es dann am Samstag ausschaut.»

Konkrete berufliche Pläne hat er noch keine. Aber: «Ich durfte in meinem Leben viele Erfahrungen sammeln, was den Körper angeht, mit ihm musste ich mich intensiv beschäftigen», sagt Janka, der jahrelang zu Manual-Therapeut Rolf Fischer ging. «Daher könnte ich mir vorstellen, in Richtung Naturheilpraktiker zu gehen. Das könnte mich erfüllen.»

An diesem Donnerstag ist Janka auf dieser ungewohnten Bühne wie immer: gefasst, stoisch. Nur kurz glitzern seine Augen ein klein wenig im Licht der Scheinwerfer: als die Höhepunkte seiner Karriere als Film ablaufen. Und beim Blick ins Publikum. Zu Frau und Kind. Seiner Zukunft.

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