Neue Massnahme – Mit dem Zertifikat droht an Weihnachten Krach

Publiziert

Neue MassnahmeMit dem Zertifikat droht an Weihnachten Krach

Auch Gäste privater Treffen sollen ein Zertifikat vorweisen. An Weihnachten könnten bereits vorhandene Spannungen in Familien dadurch noch deutlicher auftreten, so eine Mediatorin.

Darum gehts

In Restaurants, Clubs und Fitnesszentren gehört das Covid-Zertifikat bereits zum Alltag. Geht es nach dem Bundesrat, soll 3G künftig auch bei privaten Treffen ab elf Personen in Innenbereichen zum Einsatz kommen (siehe Box).

Beamte und Beamtinnen prüfen jedoch nicht, ob Omi und Onkel ein Zertifikat haben. «Wir gehen nicht von Haus zu Haus und schauen, wie viele Leute da sind», sagte Gesundheitsminister Alain Berset (SP) an einer Medienkonferenz. Es gebe genügend Tests und Möglichkeiten, jeder müsse hier Verantwortung tragen.

Bei Leserinnen und Lesern kommt die geplante Massnahme schlecht an. «Was ich in meinem privaten Umfeld mache, geht erstens niemanden etwas an und zweitens lasse ich mir von niemandem vorschreiben, was ich zu Hause machen darf und was nicht», schreibt «Normalo90».

«Statt Liebhaber muss sich Grossmutter im Schrank verstecken»

«Jana M.» sagt, niemand habe zu entscheiden, wie viele Leute sie bei sich zu Hause einlade. «Auch werde ich auf keinen Fall Zertifikate von meiner Familie und Freunden verlangen.» «Sin-me» spottet: «Früher mussten sich nur Liebhaber im Schrank verstecken, jetzt die Grossmutter, wenn sie kein Zertifikat hat an der Weihnachtsfeier.»

Auch Infektiologe Huldrych Günthard äussert Bedenken zum Zertifikat. «Wenn ich meine Verwandten zu Weihnachten einlade und diesen tatsächlich ein Zertifikat abverlange, dürfte es vorbei sein mit einem friedlichen Fest», sagte er dem «Tages-Anzeiger».

«Konflikte können sich zuspitzen»

Fachpersonen befürchten, dass mit der neuen Massnahme der Krach unter dem Weihnachtsbaum programmiert ist. Jeweils in der Weihnachtszeit bahnten sich in Familien ohnehin schon viele Konflikte an, sagt Tania Espinoza Haller, Co-Präsidentin des Schweizerischen Vereins für Familienmediation. «Die Zertifikatspflicht für private Treffen könnte in Familien bereits vorhandene Spannungen noch deutlicher auftreten lassen.»

Verlange eine Gastgeberin oder ein Gastgeber ein Zertifikat, zwinge dies alle Beteiligten zu Gesprächen über das Thema Corona und Impfung, sagt Espinoza Haller. Alle müssten Stellung beziehen. Somit lägen die Differenzen klar auf dem Tisch. «Je nach Konstellation können sich Konflikte zuspitzen und zu einem Bruch zwischen Familienmitgliedern führen.»

Gäste ohne Zertifikat rauswerfen?

Die Mediatorin rät, die unterschiedlichen Positionen schon im Vorfeld zu besprechen. «Auf diese Weise drohen am Weihnachtsfest wegen des Zertifikats keine Streitereien.»

Sollen Gastgeberinnen und Gastgeber die Tante, die partout kein Zertifikat zeigen will, durchwinken oder sogar ausladen? Davon rät Espinoza ab. Besser sei, einen Kompromiss zu suchen. «Zum Beispiel könnte die Familie das Fest ins Freie verlagern oder in kleineren Gruppen feiern.»

In der Zertifikatspflicht für private Treffen sieht Espinoza eine grosse Herausforderung für Familien, aber auch eine Gelegenheit. «Diese Massnahme bietet die Chance, um den Umgang mit unterschiedlichen Meinungen zum Thema Corona aktiv zu lernen.» In der Pandemie komme niemand darum herum, sich für einen möglichst guten Umgang mit unterschiedlichen Positionen zu bemühen.

Kantone reagieren negativ

Hast du oder hat jemand, den du kennst, Mühe mit der Corona-Zeit?

Hier findest du Hilfe:

BAG-Infoline Coronavirus, Tel. 058 463 00 00

BAG-Infoline Covid-19-Impfung, Tel. 058 377 88 92

Dureschnufe.ch, Plattform für psychische Gesundheit rund um Corona

Safezone.ch, anonyme Onlineberatung bei Suchtfragen

Branchenhilfe.ch, Ratgeber für betroffene Wirtschaftszweige

Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147

Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143

My 20 Minuten

Deine Meinung

304 Kommentare