Brutaler Raubüberfall auf Familie – «Die Täter wussten sicher, dass es in dem Haus etwas zu holen gibt»

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Brutaler Raubüberfall auf Familie«Die Täter wussten sicher, dass es in dem Haus etwas zu holen gibt»

Nach dem brutalen Raubüberfall auf eine Familie in Oberengstringen erklärt ein Kriminologe, wie es zu einer solchen Tat kommen kann.

Drei maskierte Männer haben in Oberengstringen ZH eine Familie in ihrem Haus überfallen. Nachbarin Liliana Dragicevic fühlt sich seitdem unsicher.

20min

Im eigenen Haus gefesselt und ausgeraubt: Drei maskierte Männer haben am Montag in Oberengstringen ZH eine Familie brutal überfallen. Eine Person wurde dabei verletzt. Die Täter sind flüchtig. Dirk Baier, Leiter des Instituts für Delinquenz und Kriminalprävention der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), ordnet die Tat für 20 Minuten ein.

Herr Baier, was sagen Sie zum Vorfall?

Das ist ein höchst ungewöhnlicher Vorfall. Ein vergleichbarer Fall ist mir aktuell nicht bekannt. Gewöhnlich versuchen Einbrecher den Kontakt mit den Bewohnenden zu vermeiden, weshalb sie einbrechen, wenn diese ausser Haus sind. Dass die Einbrecher klingeln und die Bewohnenden fesseln, ist ein völlig untypisches Vorgehen. Es muss sich um Täter handeln, die einerseits eine geringe Hemmschwelle haben, eine solch durchaus als brutal zu bezeichnende Tat auszuführen. Andererseits muss das ganze Vorgehen auch gut geplant gewesen sein, ist also nicht spontan passiert. Alles in allem hat es damit den Anschein, dass es sich um eine Art professionelle Bande handelt.

Wurde das Haus der Familie gezielt ausgewählt?

Auf gut Glück wurde das Haus nicht ausgewählt. Die Täter wussten sicher, dass es in dem Haus etwas zu holen gibt und sie wussten auch, dass sich die Bewohner leicht überwältigen lassen und nicht mit Widerstand zu rechnen ist. Ich denke daher, dass sie im Vorfeld Informationen gesammelt haben.

Stellen Sie eine Zunahme solcher Fälle fest?

Zu solchen Fällen gibt es meines Wissens nach keine Statistiken. Wenn wir die Statistiken zu Wohnungseinbrüchen betrachten, können wir für die letzten zehn Jahre eine sehr positive Entwicklung feststellen, die Zahlen haben sich hier mehr als halbiert. Dennoch betrachte ich die Zukunft in diesem Deliktsbereich mit Sorge. Wir wissen, dass Wohnungseinbrüche auch von professionellen Banden aus dem Ausland verübt werden. In einigen Ländern hat die Pandemie grössere ökonomische Verwerfungen hinterlassen als in der Schweiz. Dies könnte zur Folge haben, dass mehr Menschen bereit sind, die Schweiz, aber auch andere wohlhabende westeuropäische Länder, mit dem Zweck des Einbruchs in Haushalte aufzusuchen.

«Eine professionelle Betreuung ist jetzt wichtig»

Laut dem forensischen Psychiater der Psychiatrie Baselland Andreas Frei kann ein Vorfall wie in Oberengstringen bei den Betroffenen eine posttraumatische Belastungsstörung provozieren. «Ein solch erschreckender Überfall kann Angst und Panik auslösen», sagt Frei. Diese Erscheinungen können sofort nach der Tat oder erst nach ein paar Tagen oder Wochen auftreten. «Wichtig ist jetzt, dass die Familie professionell betreut wird. Man darf die Leute aber nicht dazu drängen, über das Erlebte zu sprechen.» Für eine erfolgreiche Aufarbeitung müssten die Betroffenen selbst entscheiden dürfen, ob und wann sie darüber sprechen wollen.

Hast du oder hat jemand, den du kennst, ein Trauma erlitten?

Hier findest du Hilfe:

Pro Mente Sana, Tel. 0848 800 858

Angehörige.ch, Beratung und Anlaufstellen

Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147

Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143

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