Zertifikatspflicht am Arbeitsplatz – Firmen dürfen nicht-zertifizierten Angestellten den Lohn verweigern

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Zertifikatspflicht am ArbeitsplatzFirmen dürfen nicht-zertifizierten Angestellten den Lohn verweigern

Jetzt kann jede Firma eine Covid-Zertifikatspflicht einführen. Die Angestellten müssen sich fügen. Sonst drohen Lohnkürzungen bis zur fristlosen Entlassung.

Darum gehts

  • Für Zürcher Angestellte im Gesundheitswesen ist das Covid-Zertifikat Pflicht.

  • Schweizer Firmen können selbst entscheiden, ob sie das Zertifikat einführen wollen.

  • Vorerst ist das bis Januar 2022 möglich.

  • Es droht eine Spaltung unter den Angestellten.

Angestellte im Gesundheitswesen kommen ums Covid-Zertifikat vielerorts nicht mehr rum. Wer etwa in Zürich in einem Spital, Heim oder einer Spitex-Institution arbeitet, muss seit drei Wochen das Zertifikat zücken oder sich testen lassen, wie der Regierungsrat entschieden hat. In Genf beharren ein Spital und eine Spitex sogar zwingend auf der Impfung von Angestellten.

Das Zertifikat am Arbeitsplatz können aber auch Firmen in der Schweiz aus jeder anderen Branche verlangen. Seit Mitte September ist es Unternehmen gemäss Covid-19-Verordnung des Bundes erlaubt, ihr Schutzkonzept um das Zertifikat zu erweitern, vorerst bis Januar 2022.

Firmen dürfen dieses aber ausser im Zürcher Gesundheitswesen nicht vorbehaltlos einführen, wie der Arbeitsrechtler Nicolas Facincani zu 20 Minuten sagt. Sie müssen Angestellten kostenlose Tests anbieten. Ausserdem müssen sie die Arbeitnehmenden oder ihre Vertretung vor Einführung anhören und eine Frist von einigen Tagen geben, damit sie sich dazu äussern können.

Angestellte müssen sich der Zertifikatspflicht fügen

Die Angestellten müssen zwar um ihre Meinung gefragt werden. Ablehnen können sie das Zertifikat aber nicht, wenn die Firma darauf beharrt, selbst wenn sie alleine im Büro und ohne Kundenkontakt arbeiten. «Auch Anwaltskanzleien haben die Zertifikatspflicht schon eingeführt», sagt Facincani.

Wer dann kein Zertifikat hat und sich Tests verweigert, dem drohen Lohnstreichungen. «Dann ist man nicht mehr einsetzbar und ohne Arbeit gibt es keinen Lohn», sagt Facincani. Die Lohnzahlung könnte so lange ausbleiben, bis die betroffenen Angestellten das Zertifikat akzeptieren. Im Extremfall droht nach einer Abmahnung sogar die fristlose Kündigung.

Firmen könnten Angestellten mit Zertifikat mehr Freiheiten zurückgeben

Es droht auch eine Spaltung unter den Angestellten. So können Firmen etwa jene Mitarbeitenden mit Zertifikat oder negativem Testergebnis von der Maskenpflicht befreien. Möglich wäre auch, dass manche Vorgesetzte nur noch die Geimpften, Genesenen und Getesteten in die Kantine, Cafeteria oder in Sitzungsräume lassen.

Die Arbeitnehmervertreter von der Gewerkschaft Unia bestätigen, dass Firmen von ihren Angestellten ein Zertifikat einfordern dürfen. «Jeder Arbeitgeber braucht ein Schutzkonzept und die Zertifikatspflicht kann ein Teil davon sein», sagt ein Sprecher auf Anfrage. Zugangsbeschränkungen für Angestellte ohne Zertifikat fände er aber diskriminierend.

Die Gewerkschaft würde ihren Mitgliedern in so einem Fall und auch im Streit um Lohnzahlungen oder Entlassungen wegen des Zertifikats Rechtsbeistand leisten. Allerdings sei unklar, wie erfolgversprechend dies sei. «Es gibt noch keine Gerichtsentscheide dazu», sagt der Unia-Sprecher.

Rund 20 Studierende brechen wegen Zertifikat ihr Studium ab

Die Luzerner Hochschulen haben wie andere Hochschulen eine Zertifikatspflicht eingeführt. Nun gibt es erste Zahlen zu den Studienabbrüchen in Luzern. Demnach haben an der Hochschule Luzern von rund 8000 Studierenden bis Mitte Oktober «weniger als 20 Studierende» abgebrochen. An der PH Luzern haben sich von mehr als 2300 Studierenden bislang rund zehn Personen dazu entschieden, «die Fortsetzung des Studiums wegen der Zertifikatspflicht um ein Jahr zu verschieben».

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