Raus aus der Pandemie – Mit diesem 5-Punkte-Plan haben wir Corona bis Frühling 2022 überstanden

Publiziert

Raus aus der PandemieMit diesem 5-Punkte-Plan haben wir Corona bis Frühling 2022 überstanden

Wir würden die Pandemie demnächst überwinden, sagen Politikerinnen und Wissenschaftler. Selbst vor neuen Varianten müssten wir keine Angst haben.

Darum gehts

  • Lukas Engelberger, Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz, ist optimistisch, dass die Corona-Krise im Frühling überwunden ist.

  • Dem stimmen Wissenschaftlerinnen und Politiker zu.

  • Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es laut dem Immunologen Daniel Speiser eine fortschreitende Immunisierung, die Booster-Impfung und eine gewisse Akzeptanz gegenüber den geltenden Massnahmen.

Der oberste Gesundheitsdirektor der Schweiz ist optimistisch: Bis nächsten Frühling sollten wir die Corona-Krise überwinden, sagt Lukas Engelberger, Präsident der kantonalen Gesundheitsdirektoren, im Gespräch mit der «SonntagsZeitung». Dies sehen auch Vertreterinnen und Vertreter der Wissenschaft so.

Beispielsweise stellte Vize-Taskforce-Präsident Urs Karrer kürzlich einen baldigen Anstieg der Infektionszahlen in einen positiven Zusammenhang: «Die Delta-Variante ist so ansteckend, dass bis im kommenden Frühling alle in der Schweiz lebenden Personen mit dem Virus in Berührung kommen.» Was bedeuten würde, dass alle immun sind gegen Covid-19. Auch weitere befragte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beurteilen die Chancen als intakt, dass bis im Frühling die Menschen in der Schweiz immunisiert sind.

«Das Virus wird weiter zirkulieren»

Doch was braucht es, um die Pandemie zu überwinden? Daniel Speiser, Immunologe an der Universität Lausanne, sagt: «Das Virus wird noch über den kommenden Frühling hinaus zirkulieren.» Das zeige die Erfahrung mit bisherigen Coronaviren. «Nichts ist unmöglich. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Virus ganz verschwindet, ist sehr klein.»

Dennoch könne sich die Lage bis im kommenden Frühling weitgehend normalisieren. «Es wird vorwärts gehen. Wir kommen aus dieser Pandemie heraus, und zwar schneller als wir in der Vergangenheit aus Pandemien herausgekommen sind.» Die Voraussetzungen dafür seien folgende:

Immunität der Bevölkerung Sie ist das entscheidende Element. Aufgebaut werde die Immunität kontinuierlich durch Infektionen und Impfungen. «Beides schreitet voran», sagt Daniel Speiser. Man könne das Virus zirkulieren lassen, wo es relativ ungefährlich sei. Und muss aber dringend Personen schützen, die besonders gefährdet sind.« Bei Kindern hat man derzeit keine Wahl, da es für sie keinen Impfstoff gibt.» Um die Pandemie bis zum Frühling zu überwinden, bräuchte es eine Impfquote von etwa 80 Prozent, sagt Speiser. Derzeit ist die Schweiz bei 62,7 Prozent doppelt Geimpften und 65,8 Prozent einfach Geimpften (siehe Box).

Schweiz gleichauf mit Österreich

Impfquote

62,7 Prozent der Schweizer Bevölkerung ist vollständig geimpft, 65,8 Prozent sind mindestens einmal geimpft. Diese offizielle Impfquote bezieht sich auf die gesamte Bevölkerung inklusive Kinder, weshalb die Quote tiefer ist als die von SVP-Nationalrätin Martina Bircher genannte. Mit dieser offiziellen Impfquote befindet sich die Schweiz ungefähr gleichauf mit Österreich (62,6 Prozent vollständig geimpft), wo die Regierung am Wochenende einen Lockdown für Ungeimpfte angekündigt hat für den Fall, dass der Anteil Covid-Patientinnen und -Patienten in den Spitälern einen gewissen Wert überschreitet. Eine höhere Impfquote haben Deutschland (66,1 Prozent vollständig geimpft), Frankreich (67,7 Prozent) und Italien (71,7 Prozent). Die weltweite Quote der vollständig Geimpften beträgt 37 Prozent. (blu)

Die Booster-Impfung Für Risikopersonen sei es jetzt an der Zeit, dass sie eine dritte Impf-Dosis bekommen, sagt Speiser. «Es ist übrigens nicht gesagt, dass man danach ein Jahr später schon wieder eine Impfung braucht.» Jede weitere Impfung schütze stärker als die vorangegangene, weil sich die Impfdosen gewissermassen kumulierten. Auch Lukas Engelberger, der in Basel Gesundheitsdirektor ist, sagt: «Bei den Booster-Impfungen muss man den richtigen Moment erwischen. Besonders exponierte Personen, die vor einem Jahr geimpft wurden, brauchen jetzt wohl eine Auffrischung.»

Einschränkungen akzeptieren: Wenn sich jemand nicht impfen und auch nicht testen lassen will, dann sollte er die damit einhergehenden vorübergehenden Einschränkungen akzeptieren, im Sinne eines Kompromisses, sagt Daniel Speiser. «Eher nicht andere Leute aufwiegeln und Massenproteste befeuern.» Sondern im Gegenteil, er erwarte von denjenigen, die sich nicht impfen und testen lassen, eine gewisse Vorsicht und Zurückhaltung: Abstand halten, weniger unter die Leute gehen. «Wenn möglich Ausnahmebewilligungen beantragen, damit die Pandemieregeln nicht zu stark einschränken. Ohne Impfung muss man aber leider den Gürtel noch für eine gewisse Zeit enger schnallen.»

Ein Winter ohne Corona-Notstand: Bevor man die Corona-Krise für überwunden erklären könne, müsse man es zuerst einmal schaffen, die Situation über mehrere Monate hinweg «im Griff zu haben», sagt Lukas Engelberger. Sprich: Keine Sterbewelle mehr in Alters- und Pflegeheimen, keine weinende Pflegende mehr auf überfüllten Intensivstationen. «Wenn wir das diesen Winter schaffen, sind wir im Frühling ein grosses Stück weiter.»

Konstanz bei den Massnahmen: Lukas Engelberger plädiert dafür, die geltenden Massnahmen noch nicht ausser Kraft zu setzen, auch die Zertifikatspflicht nicht. «Stand heute würde ich von einer Aufhebung im November abraten.» Es brauche eine gewisse Konstanz bei den Massnahmen. Zudem seien diese verkraftbar, das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben funktioniere einigermassen.

Eine Unwägbarkeit wären weitere gefährliche Varianten des Corona-Virus. Doch laut Immunologe Daniel Speiser braucht uns das nicht zu beunruhigen: «Bezüglich neuen Virusvarianten muss man wenig Bedenken haben. Sie werden vermutlich keine neuen Impfstoffe nötig machen. Das heisst, dass der jetzige Aufbau der Immunität ein gutes Fundament bleiben wird für den Schutz vor Sars-Cov-2.»

«Wann, wenn nicht im Frühling?»

Politikerinnen und Politiker sind einverstanden

Auch Politikerinnen und Politiker sehen das Ziel, die Pandemie bis im Frühling 2022 zu überwinden als realistisch. SVP-Nationalrätin Martina Bircher sagt: «Wenn nicht im Frühling, wann dann?» Die Impfquote in der Schweiz tendiere jetzt gegen 75 Prozent, wenn man die Kinder nicht mitrechne. Hinzu kämen die zehn Prozent Genesenen. «Das ergibt eine Immunisierungsquote von 85 Prozent - was das Ziel war.» Sie glaube und zähle darauf, dass die Pandemie im Frühling beendet sei; dann, wenn auch das Covid-Gesetz auslaufe, sollte es an der Urne abgelehnt werden.

Derzeit seien wir zwar noch relativ weit vom Impfziel entfernt, sagt SP-Nationalrätin Flavia Wasserfallen. «Doch wir haben schon noch Potenzial, einige vom Impfen zu überzeugen.» Auch durch die zusätzliche Wahlmöglichkeit, wenn der konventionelle Covid-Impfstoff Novavax zugelassen werde, könnte sich die Impf-Nachfrage erhöhen. «Jedenfalls haben wir die Möglichkeit, die Pandemie hinter uns zu lassen, falls keine weiteren gefährlichen Mutationen mehr auftauchen.»

Wichtig sei, dass nicht wieder vor Winterbeginn durch zu frühe Aufhebung von Massnahmen und Nachlässigkeit der Erfolg der Immunisierungsstrategie aufs Spiel gesetzt werde, sagt Mitte-Nationalrat Lorenz Hess. «Es wäre der dümmste Zeitpunkt, auch für die Gastronomie, den Detailhandel und den Tourismus, wenn man auf den Winter hin die Massnahmen wieder verschärfen müsste, weil die Zahlen ansteigen.» Er sei «schwer der Meinung», dass es sich jetzt lohne, noch eine Weile durchzuhalten und diesen Kompromiss mitzutragen, sich entweder impfen oder testen zu lassen. Wenn das gelinge, dann sehe er positiv. «Wir sind kurz davor, den Gipfel zu erklimmen.» (blu)

My 20 Minuten

Als Mitglied wirst du Teil der 20-Minuten-Community und profitierst täglich von tollen Benefits und exklusiven Wettbewerben!

Deine Meinung

656 Kommentare