Verstoss gegen Dienstvorschrift - Polizist aus «Wir für euch»-Video droht Disziplinarverfahren

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Verstoss gegen DienstvorschriftPolizist aus «Wir für euch»-Video droht Disziplinarverfahren

Die massnahmenkritische Polizisten-Gruppierung «Wir für euch» wirbt in ihrem Video mit Uniformen. Das könne personalrechtliche Konsequenzen haben, sagt der höchste Schweizer Sicherheitsdirektor.

Mit diesem Video sorgt die Gruppierung «Wir für euch» für Aufregung.

Darum gehts

  • In ihrem Video wirbt die Gruppierung «Wir für euch» mit Polizei- und Armeeuniformen.

  • Bei Polizei und Armee heisst es, das verstosse gegen Dienstvorschriften.

  • Der oberste Schweizer Sicherheitsdirektor Fredy Fässler beobachtet «Wir für euch» mit Sorge: «Es geht nicht, dass Polizisten öffentlich zu zivilem Ungehorsam aufrufen.»

Nachdem die Polizei-Gruppierung «Wir für euch» (siehe Box) ein kurzes Video auf ihrer Website hochgeladen hat, gehen die Wogen hoch: «Das sind keine Kameraden», heisst es etwa bei der Polizeigewerkschaft VSPB.

Im Clip werben die Massnahmenkritiker auch mit Polizei- und Armeeuniformen: In einer Szene ist zu sehen, wie ein Junge zwei Männern die Hand reicht – der links mit Polizeiuniform und Pistole, der rechts im Tarnanzug.

«Das ist ein Verstoss gegen die Dienstvorschrift»

Das stösst der Armee sauer auf: «Wir möchten nicht, dass die Armeeuniform in Zusammenhang mit der Bewegung der Corona-Skeptiker gebracht wird», sagt Sprecherin Delphine Allemand. Klar ist zudem: «Die Uniform darf gemäss Dienstreglement mit wenigen Ausnahmen grundsätzlich nur im Dienst getragen werden.» Welche Sanktionen konkret drohen, könne man aber nur anhand des Videos nicht sagen, so Allemand.

Die verschiedenen Polizeikorps regeln die Vorgaben an die Mitarbeitenden in Uniform jeweils selbst. In St. Gallen etwa gilt: «Die Mitarbeitenden unterlassen alles, was dem Ruf der Polizei schaden könnte», so Kapo-Sprecher Florian Schneider. «Politisches Engagement in Uniform verstösst klar gegen diese Dienstvorschrift.» Auch andere Kantone wie Bern und Zürich kennen ähnliche Bestimmungen.

Bei einem Verstoss drohten disziplinarische oder arbeitsrechtliche Massnahmen, so Schneider. Darunter fallen unter anderem Lohnkürzungen, Versetzungen oder sogar eine Freistellung, wie aus dem St. Galler Personalrecht hervorgeht.

Das ist «Wir für euch»

Nach eigenen Angaben besteht die Gruppierung aus Polizistinnen und Polizisten aus der ganzen Schweiz. Wie viele Mitglieder sie hat, ist unbekannt. Im Sommer hatte «Wir für euch» einen Brief an den Verband der Schweizerischen Polizeibeamten (VSPB) geschrieben, in dem die Corona-Massnahmen kritisiert wurden. Im Oktober deckte das Onlinemagazin «Republik» die Namen zweier Mitglieder auf. Daraufhin stellte die Kantonspolizei Zürich zwei Polizisten frei. Dies mit der Begründung, dass sie öffentlich zu Strafanzeigen gegen Polizistinnen und Polizisten aufgerufen hätten. Auf das nun veröffentlichte «Teaser-Video» dürften noch weitere folgen, wie aus der Website der Gruppierung hervorgeht.

Oberster Polizeidirektor besorgt

Für Fredy Fässler, Präsident der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren, ist politisches Engagement in Uniform ein No-Go: «Wenn wir in unserem Kanton Kenntnis davon hätten, dass Polizistinnen und Polizisten Mitglied dieser Gruppe sind, würden wir sie ansprechen», so der St. Galler Sicherheitsdirektor. «Das könnte auch personalrechtliche Folgen haben.»

Fässler beobachtet die Entwicklung von «Wir für euch» mit Sorge: «Mittlerweile müssen wir davon ausgehen, dass tatsächlich Polizisten der Vereinigung angehören.» Er kritisiert unter anderem die Handlungsempfehlungen, die auf der Website abrufbar sind: «Es geht nicht, dass Polizisten öffentlich zu zivilem Ungehorsam aufrufen.»

Natürlich habe man auch als Mitglied der Polizei das Recht auf eine politische Meinung, so Fässler. Problematisch werde es dann, wenn das Engagement nicht mehr als Privatperson, sondern in der Rolle als Polizist oder Polizistin erfolge: «Die Polizei muss die geltende Rechtsordnung durchsetzen», sagt der oberste Schweizer Sicherheitsdirektor: «Ob die einzelnen Massnahmen gerechtfertigt sind, muss nicht sie, sondern die Justiz beurteilen.»

«Wir für euch» war am Donnerstag für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

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