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Umsetzung Burka-InitiativeDemonstrieren in Kuhmaske erlaubt, Schal zu kurzen Hosen nicht

Für bessere Tierhaltung demonstrieren mit einer Kuhmaske, das soll in der Schweiz trotz dem Ja zum Verhüllungsverbot erlaubt bleiben.

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Das Verhüllungsverbot – auch Burkaverbot genannt – selber umsetzen, das wollte Justizministerin Karin Keller-Sutter eigentlich nicht. Nach dem knappen Ja an der Urne zur Initiative des SVP-nahen Egerkinger Komitees im März sah sie die Kantone in der Verantwortung. Weil diese protestierten, machten sich schliesslich doch die Experten des Bundesamtes für Justiz an die Ausarbeitung eines Gesetzestextes. Am Mittwoch hat der Bundesrat deren Vorschlag beraten und in die Vernehmlassung gegeben.

So soll der Verstoss gegen das Verbot bestraft werden

Der Bundesrat will die Initiative mit einer Anpassung des Strafgesetzes umsetzen. Das hat bei der Ahndung zwei Folgen:

  • Erstens wird nicht eine fixe Busse festgelegt. Denn das Strafgesetz sieht für Übertretungen gegen bundesrechtliche Bestimmungen – wie das Verhüllungsverbot – Bussen bis zu 10’000 Franken vor. Marc Schinzel vom Bundesamt für Justiz sagt jedoch: «Die Sanktionen müssen verhältnismässig ausfallen.» Damit seien Bussen von 100 bis 200 Franken realistisch, wie sie auch andere Staaten für Verstösse gegen ihre Verhüllungsverbote kennen. Und sei jemand bei einer Polizeikontrolle einsichtig, könne man es durchaus bei einer Ermahnung belassen.

  • Zweitens sind keine Ordnungsbussen möglich. «Eine einfache Ahndung wäre zentral für ein Bagatelldelikt wie das Verhüllungsverbot», schreibt das Bundesamt für Justiz in seinem Bericht zum Gesetzesentwurf. Wegen des Strafgesetzes müssten nun aber Gerichte die jeweiligen Bussen festlegen.

Die Initiative verlangt weiter, dass auch bestraft wird, wer eine Person zur Verhüllung ihres Gesichts zwingt, wenn also zum Beispiel ein Mann seine Frau zum Tragen einer Burka oder eines Nikabs nötigt. Das ist gemäss dem Bund bereits heute strafbar, weshalb es keine Gesetzesanpassung brauche.

Hier soll das Verbot gelten

Niemand soll im öffentlichen Raum sein Gesicht verhüllen. Also auf der Strasse, im öffentlichen Verkehr, auf Spielplätzen, am Postschalter oder in Schulen. Aber auch in einigen privaten Räumen wie Läden oder Restaurants soll das Verbot gelten – weil hier Dienstleistungen angeboten werden, die von allen beansprucht werden können.

Und hier nicht

Nicht unter das Verbot fallen soll der private Raum, der nicht von jedermann beansprucht werden kann: die eigene Wohnung, aber auch die gemeinsame Waschküche in einem Mehrfamilienhaus. Am Arbeitsplatz würde das Verbot in Büros oder Sitzungszimmern ebenfalls nicht gelten. Schliesslich will der Bundesrat für den Flugverkehr eine Ausnahme machen, denn bei Schweizer Fluggesellschaften gilt auch im internationalen Luftraum Schweizer Recht.

Diese weiteren Ausnahmen sind vorgesehen

Im Initiativtext ist festgehalten, dass das Verhüllungsverbot in religiösen Einrichtungen wie einer Moschee nicht gelten soll. Auch aus gesundheitlichen Gründen (Schutzmaske), wegen der Sicherheit (Töffhelm), bei einheimischen Bräuchen (Fasnachtskostüm) oder kaltem Wetter (Schal) darf das Gesicht verhüllt werden. Das Bundesamt für Justiz präzisiert in seinem Bericht, wie diese Ausnahmen genau zu verstehen sind. Zum Beispiel ist für das Amt klar, dass Temperaturvorgaben für das wetterbedingte Verhüllen keinen Sinn machen, «da Menschen Temperatur unterschiedlich empfinden». Auch könne sich eine verhüllte Person nicht auf den Schutz vor Kälte berufen, wenn sie gleichzeitig kurze Hosen trage.

Schliesslich ergänzt der Bundesrat die Liste der Initiantinnen und Initianten um zwei Ausnahmen: Bei künstlerischen Auftritten oder zu Werbezwecken dürfe weiter verhüllt werden – also zum Beispiel wenn jemand «als Schokolade-Hase für eine Firma unterwegs ist». Und zur Ausübung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit – etwa dann, wenn jemand in «Kuhmaske für eine naturnahe Tierhaltung demonstriert».

So reagieren Befürworter und Gegnerinnen

Walter Wobmann, SVP-Nationalrat und Präsident des Egerkinger Komitees, begrüsst den Vorschlag des Bundesrates. Die Initiative werde wortgetreu umgesetzt. Ein Fragezeichen setzt er hinter die zusätzliche Ausnahme vom Verbot für die Ausübung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Bevor klar sei, ob man sich dagegen wehre, brauche es aber eine genaue Analyse.

Gegen die Umsetzung des Verhüllungsverbots kann nach der Beratung im Parlament das Referendum ergriffen werden. In Frage dafür kämen die Jungen Grünen. Sie hatten unmittelbar nach Annahme der Initiative angekündigt, Bussen gegen Burkaträgerinnen gerichtlich anzufechten – in der Hoffnung, dass spätestens der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das Verhüllungsverbot kippt. Co-Präsidentin Julia Küng will an diesem Plan festhalten, selber das Referendum zu ergreifen, sei im Moment keine Option.

Zu diesem Plan sagt Marc Schinzel vom Bundesamt für Justiz: «Wir gehen davon aus, dass die Regelung, wie sie der Bundesrat vorschlägt, auch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Bestand hat.» Auch weil die vorgesehenen Ausnahmen die Ausübung der Grundrechte sicherstellten.

Hinweis: In der ursprünglichen Version dieses Artikels stand, dass Bundesrätin Karin Keller-Sutter «keine Lust hatte» die Burka-Initiative umzusetzen. Ihr Departement hält fest, dass Regeln zur Nutzung des öffentlichen Raums in den Kompetenzbereich der Kantone gehören. Deshalb hätten diese ursprünglich auch die Initiative umsetzen sollen. (Mittwoch, 20. Oktober, 19.15 Uhr)