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Diskussion um Corona-Massnahmen«Tatort»-Schauspieler besucht Intensivstation – und ändert seine Meinung

Jan Josef Liefers in seinem Video zur Aktion #allesdichtmachen.

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«Alle Covid-Patienten hier auf Intensiv», schrieb Jan Josef Liefers kürzlich in einem Gastbeitrag für eine deutsche Zeitung, «waren schwer erkrankt, dem Tod näher als dem Leben. Alle jung, von 28 bis 48 Jahre alt. Alle ungeimpft.»

Der Schauspieler, 57, bekannt aus dem «Tatort», hatte eine Einladung der Anästhesistin Carola Holzner angenommen, doch mal für eine Schicht auf einer Intensivstation mitzuarbeiten. Und siehe da: Von dem ironischen Ton, mit dem Liefers sich vor ein paar Monaten in der viel kritisierten «Alles dichtmachen»-Kampagne noch über die Corona-Massnahmen lustig gemacht hatte, war nun erst mal nichts mehr zu spüren.

Hat die «Schocktherapie» seines «Praktikums» (Dauer: ein Tag) da also tatsächlich Wirkung gezeigt? Vielleicht ist das ja nun genau die Frage, die sein Fall am Ende zu beantworten hilft: ob nämlich Erfahrungen, und nicht nur Argumente, das beste Gegenmittel für festgefahrene Meinungen sind.

Echte Erfahrungen bewirken mehr als Argumente

«Die meisten Menschen umgeben sich mit Menschen aus ähnlichen Erfahrungswelten, ähnlichen Berufen oder ähnlicher sozialer Klasse», sagt die Sozialpsychologin Ilka Gleibs von der London School of Economics. Menschen falle es oft schwer, andere Sichtweisen auf ein Thema einzunehmen als die, die in ihrer Lebenswelt dominierten. In der Lebenswelt von Schauspielern, die in der Pandemie ohne Engagements dastehen, würden Corona-Massnahmen anders wahrgenommen. Anders etwa als in der Welt von Intensivmedizinerinnen wie Carola Holzner.

Dazu komme das Phänomen, so Gleibs, dass Menschen dazu neigten, Informationen auszublenden, die ihren Einstellungen widersprächen. «Wenn man die echte Erfahrung macht, funktioniert das Ausblenden nicht mehr», sagt Gleibs. Das gelte besonders dann, wenn die Erfahrungen Emotionen hervorruften.

Ilka Gleibs nennt auch das Bild des ertrunkenen syrischen Jungen Alan Kurdi als Beispiel. Die Konfrontation mit diesem Foto habe auf viele Menschen wahrscheinlich deswegen eine so grosse Wirkung gehabt, weil es starke Gefühle hervorruft, glaubt die Sozialpsychologin.

«Sie wollen tote Menschen sehen? Kommen Sie!»

Die gleiche Intention hatte auch jener deutsche Polizist, der vor zwei Jahren Gaffer, die an einem Unfallort filmten, aufforderte, sich die Leichen anzusehen: «Sie wollen tote Menschen sehen? Fotos machen? Kommen Sie!» Gleibs findet zwar, dass dies aus Respekt vor den Opfern nicht angebracht war und Zwang kein gutes Mittel ist. Klar aber ist: Erfahrungen lösen Gefühle aus, und Gefühle ermöglichen eben das, was soziale Blasen und menschliche Denkgewohnheiten erschweren: die Perspektive anderer zu übernehmen. Zu zweifeln.

Mit dem satirisch gemeinten Aphorismus «Verzweifeln Sie ruhig, aber zweifeln Sie nicht» hatte Jan Josef Liefers im April sein Video zur Aktion «Alles dichtmachen» beendet. Liefers und 49 andere Prominente kritisierten damals die Corona-Politik der Bundesregierung: zu viel Panikmache, zu viele Massnahmen. Und die Medien? Gleichgeschaltet. Solle ja niemand zweifeln.

Die Protestaktion löste heftige Gegenreaktionen aus. Prominente, Ärztinnen und Politiker widersprachen. Und die Anästhesistin Carola Holzner, im Internet auch bekannt als Doc Caro, rief die Prominenten dazu auf, sich selbst ein Bild zu machen. Scheint, als habe Jan Josef Liefers in seinem Praktikum gut hingeschaut.