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Wirbel wegen WhistleblowerFacebook weiss sehr genau, welchen Schaden es in der Gesellschaft anrichtet

Laut Mark Zuckerberg gab es keine Belege, dass Instagram Teenager negativ beeinflussen könnte. Das stimmte nicht – und Zuckerberg wusste es.

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«Auf Facebook gelten für alle die gleichen Regeln», das war jahrelang das Mantra, das Firmenchef Mark Zuckerberg wiederholte, wenn es darum ging zu erklären, welche Posts auf der Plattform erlaubt sind und welche nicht. Informationen eines Whistleblowers, der sich an das «Wall Street Journal» wandte, zeigen nun, dass die Wahrheit davon ziemlich weit entfernt ist. Demnach gibt es auf der Plattform Millionen Accounts, die die Hausregeln (etwa gegen Hassrede oder Nacktheit) brechen können, ohne dafür Konsequenzen wie Sperrung von Inhalten oder gar eine Löschung des Kontos fürchten zu müssen.

Prominentes Beispiel: Der Fussballer Neymar postete 2019 nach Vergewaltigungsvorwürfen gegen ihn auf Instagram einen Livestream, in dem der Name und Nacktbilder der Frau zu sehen waren, die ihn beschuldigt hatte: Nach Facebooks Regeln ein Fall von Rachepornographie, der bei Normalnutzern zur sofortigen dauerhaften Löschung eines Kontos führen würde. Neymars Rachevideo durfte dagegen 24 Stunden auf der Plattform bleiben, bis man sich in der Chefetage entschied, es zu löschen. Der Account des Fussballers blieb unangetastet.

Sonderbehandlung für Facebook-VIPs

Doch nicht nur Stars mit Millionenpublikum landeten dem Bericht zufolge auf dieser Weissen Liste der Unberührbaren, sondern auch andere Prominente, Sportler, Wissenschaftler und Politiker. Die Liste soll aus einem Facebook-Programm namens «Cross Check» entstanden sein, über das 2018 bereits die «BBC» berichtet hatte. Das Programm wurde eingeführt, um bei bestimmten Accounts vor der Löschung von möglicherweise unerlaubten Inhalten ein zweites Mal hinzuschauen.

Das kann sinnvoll sein, wenn es sich etwa um satirische Beiträge handelt. Facebook zufolge ging es auch darum, sensible Fälle doppelt zu prüfen, etwa wenn Aktivisten über Gewalt berichten oder Journalisten aus Kriegsgebieten posten. Es scheinen dann aber doch nicht nur Aktivisten und Journalisten auf der Cross-Check-Liste gelandet zu sein. Zuletzt sollen mehr als fünf Millionen Accounts darauf gestanden haben.

Weil es jedoch zu aufwendig geworden sei, beanstandete Posts doppelt zu prüfen, sei Facebook dazu übergegangen, seine Hausregeln bei vielen Accounts einfach gar nicht mehr durchzusetzen, schreibt das «Wall Street Journal». Dass ein solches Vorgehen massiven Schaden anrichten kann, sei Facebook dabei durchaus bewusst gewesen. Das Unternehmen erhob demnach sogar, wie oft Inhalte angesehen wurden, die eigentlich gelöscht hätten werden müssen: 16 Milliarden Mal allein 2020.

Wenn die gewonnenen Erkenntnisse für Facebook unangenehm sind, werden sie offenbar unter Verschluss gehalten.

Die Enthüllung ist Teil der vom «Wall Street Journal» so genannten «Facebook-Files», bei denen die Zeitung über eine Reihe geleakter Facebook-Dokumente berichtet. Facebook dementiert die Enthüllungen der Zeitung nicht explizit. Ein Sprecher kritisierte die Veröffentlichungen dennoch: Zu vielen Dokumenten fehle der Kontext, manche seien Jahre alt.

Die Dokumente zeigen: Das Unternehmen beschäftigt eine Vielzahl von Forschern, die die Plattform und deren Folgen für die Gesellschaft genau untersuchen. Doch wenn die durch sie gewonnenen Erkenntnisse für Facebook unangenehm sind, werden sie offenbar unter Verschluss gehalten.

Wut statt «Meaningful Interactions»

So zeigen interne Untersuchungen von Facebook-Forschern offenbar recht eindeutig, dass Instagram bei jungen Mädchen psychische Schäden anrichten kann. Etwa einem Drittel der Mädchen, die ohnehin mit ihren Körpern unzufrieden seien, gehe es schlechter, nachdem sie Zeit auf Instagram verbracht hätten, so die Forscher. Facebook-Chef Zuckerberg dagegen hatte öffentlich immer behauptet, dass es keine Belege gebe, dass Instagram negative Folgen für Teenager haben könnte.

Ein dritter Fall beschäftigt sich mit einer Änderung des Facebook-Algorithmus, den Zuckerberg 2018 ankündigte. Statt des Fokus auf Nachrichten sollten künftig sogenannte «Meaningful Social Interactions» im Newsfeed belohnt werden. Doch Untersuchungen von Facebook zeigten schnell, dass der Fokus auf Likes, Shares und Kommentare dazu führte, dass Inhalte, die Menschen wütend machten, mehr geteilt wurden.

Sogar Parteien hätten ihre Botschaften deshalb negativer formuliert, gegenüber Facebook aber die Sorge geäussert, damit der Gesellschaft langfristig zu schaden. Facebook-Chef Zuckerberg habe dennoch abgelehnt, die Änderung zurückzunehmen.